Predigt 18. Mai 2003
Keitumer Predigten Traugott Giesen 18.05.2003
Silberne Konfirmation
Psalm 23
Vor 25, 26 Jahren hier konfirmiert und wo auch wohnhaft, zurückgekommen
an den Ort des Segens, oder anderswo konfirmiert und jetzt hier wohnhaft
und auch der Auffrischung des Segens bedürftig - seid ihr versammelt,
Silberne Konfirmanden in St. Severin. Zu bedenken 39, 40, 41 Jahre Leben,
vieles schon bestanden, vieles schon gewonnen, erarbeitet, erkämpft
und befeiert, verabschiedet, verloren, gefunden. Viel Erfahrung mit dem Herz
aller Dinge, Gott genannt, habt ihr gemacht. Im Mannheimerischen heißen
die Vierzigjährigen: Die Gewürzten, ja ihr seid schon
mit allen Wassern gewaschen, mit Herzblut beweint, mit Tränen der Liebe
gesalbt. Wie könnt Ihr Euer Lebenswissen sagen, wie es zusammenfassen?
Schon richtig, dass Ihr zu Eurer Heimatkirche zurückkommt, um die 25
Jahre Erwachsenen-Leben zu bedenken, von hier seid ihr gestartet als Knirpse,
schlanke Mädchen - und habt jetzt die Hälfte eures Lebens bestanden.
Gut hier innezuhalten, dem Pochen der Seele zu lauschen. Vielleicht gibt
es ja einen Text, der die Power der Vierzig bei sich hat, dies Auf und Ab,
dies Kämpfen und Getragenwerden sein, in Worte fasst. Es muss ein Wort
sein, dass auch noch die nächsten 40 hält, und was man den eigenen
Kindern gern ins Stammbuch schriebe, als Bildschirmschoner ihnen
allgegenwärtig machte. Ihr habt so ein Schatzwort im Fundus eures
Gedächtnisses ... Psalm 23 . Mit 14 habt ihr ihn aufgesagt, mit 40
könnt ihr ihn beten, mit 14 habt ihr ihn auswendig gelernt, mit 40 ihn
vielfach durchlaufen. Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Lasst
es uns einmal sprechen: 710 alle zusammen
erstaunlich, wie die eigene
Stimme klingt, die alten Worte; damals waren sie Papier und jetzt eine
road map, ein Leitfaden, eine Matrix des Daseins. Lasst es uns
gemeinsam sagen
Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Das Schmecken
es
hat Biss
kein Folklore-Hirte, der Gott; Wie du ihn erfahren hast, Herr,
was Unbedingtes, mit dir hat eine Kraft zu tun, der gehört die Härte
des Lebens und die Süße des Glücks. Der Herr über Leben
und Tod, der Herr in Leben und Tod, ist absolut klar und präsent. Gott
ist dir sicherer als du dir selbst, kein besonders Lieber, aber einer der
beständig wirkt, der Betreiber des Lebens, der die Schwerkraft schwer
gemacht hat und dein Herz schlagen macht, und deine Lungen den Sauerstoff
saugen; und genau dich will er - nicht immer so, wie du es gerade machst,
aber er liebt dich und braucht dich. Du hast ihn gemerkt: diesen dunklen
Willen, der dich bewirkt, dich, wenn du nicht mehr magst, einschlafen lässt
und nach 8 Stunden wieder ins Leben zwingt, der dir Hirte ist, auch anweisend,
auch dich zur Schur treibt, - was musstest du nicht auch schon Federn lassen
und wie musstest du dich mühen! Aber es war diese
väterlich-mütterliche Macht da, die dich zum Machen antreibt. Sag,
bei allen Mühen und Knappem - hat's dir gemangelt an Bindekraft zum
Leben, an Hirtenschutz? Bei allen Schlägen bist du doch durchgekommen.
Er weidet mich auf einer grünen Aue. Du hast es erlebt. Du fandest dein
Auskommen, dein täglich Brot und mehr. Auch das weite Feld guter Arbeit
hast du doch dir erobert. Du hast Chancen bekommen und genutzt. Du hast neue
Claims gesteckt bekommen, hast deine Talente nicht vergraben, hast eher noch
andere angeleitet, ihre Begabungen zu nutzen. Er weidet dich auf einer
grünen Aue, du hast es erlebt. Oder hast du es gerade etwas knapp? Bist
du in einer harten Phase? Bleib auf dem Markt, biete dich an, probiere: Du
hast noch nicht an allen Türen geklopft, zeig dich, mach dich
nützlich. Sie sollen doch an dir, mit dir verdienen, sei doch stolz,
dass du ein Näschen hast, wo du Nutzen bringen kannst.
Und führet dich zum frischen Wasser! Das ist: Dir wird bestätigt:
Gut, dass du da bist. Gut, dass du du bist. Das frische Wasser deines
Selbstbewußtseins ist, dass du liebst und gelebt wirst - ein weites
Feld: 25 Jahre Liebe und all die Versuche, manchmal Durststrecken, keiner
liebt mich, - dann: auf einmal steht es neben dir. Und du hast eine große
Liebe erfahren und eine zuviel, und willst mit einem Menschen alt werden.
Und hast du den gefunden oder noch nicht? Dann halt auch nicht an einer
Verlegenheit fest.
Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um
seines Namens willen: Dieses Erquicken wie nach langer Wanderung das klare
Quellwasser, dies Aufatmen, dies Spüren, jetzt bin ich bei den richtigen
Menschen, etwa. Spür hin, was deine Seele erquickt, und das betreibe,
das füttere dir an, das trainiere, das übe - du sollst glücklich
werden. Gott ist damit beschäftigt, dich glücklich zu machen- in
den Bedingungen deiner Konstitution, achte auf dein relatives Glück,
täglich hast du Augenblicke der Erquickung, kleister sie nicht zu, bist
du ein gefragter Typ, dann stell öfter deine Mobilbox an. Du, die Menschen
haben mehr von dir, wenn du erquickt erscheinst.
Er führet dich auf rechter Straße. Heute nur Dank für viel
Bewahrung, hart am Abgrund aufgehalten, dem Wahnsinn ausgewichen, der schnellen
Mark widerstanden, bei der und der Verrücktheit doch noch die Kurve
gekriegt, und eine Umarmung im Schrecken, zurechtgeholfen war dir. Beinah
vom Kurs ab, doch noch besonnen, der Schuld noch entgangen, von einem schwierigen
Kompagnon losgekommen, gerade noch mit blauem Auge davon: rechte Straße,
rechte Entscheidung, rechte Verträge, der Verlockung in die Katastrophe
widerstanden aus Eingebung, oder wieder zurückgefunden in geordnete
Verhältnisse; Gott sei Dank. Die Verantwortung für diesen Menschen
zurückgegeben zu haben - Gott sei Dank für Entscheidungen, für
die man sich nicht schämen muss, und Gott sei Dank für Vergebung,
neuen Anfang, neuen Aufbruch auf neuer Straße.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Ja, da war,
ist, war, auch finsteres Tal - Sturz und Verrat, Erkrankung und Verzweiflung,
Scham und finsteres Alleinsein, aber ich will kein Unglück fürchten.
Denn Gott, Du Sonne und Schild, die Kraft zu allem Guten der Schutz in allem
Schweren, bist bei mir. So tief ich fiel, ich viel in Dich, wunderbare
violettdunkle, aber leuchtende Schutzschicht, Du hast mich gehalten, Du hast
mich eine Handbreit über der Leere gehalten, Du Engel des Lebendigen,
bist bei mir. Ich weiß. Tief innen ist ein Glutkern von Ichgewißheit,
weil ich Gott, Dir gehöre, kann mich nichts vernichten, auch nicht im
finsteren Tal. Du ja, Du Licht, Du sprichst mich an. Das hält mich zusammen,
was immer auch an mir reißt. Das hast du erlebt, dieses Dennoch: Dennoch
gehalten. Dennoch über den Wassern der Angst die Planke Trost - aus
Freundschaft, aus Erbarmen, aus Natur, aus Körperfreude, aus Zartem.
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.Wie Gott dir
Gemeinschaft bereitet hat, - die Tische deines Lebens sind eine eigene
Geschichte: der Esstisch deiner Kindheit und noch immer das erstaunliche
Wohlfühlen bei den Eltern, wenn auch nur für kurze Zeit, das
Lieblingsessen von früher, auch die Kneipe von einst, die Freunde von
einst, Wiederfinden von Heimat für Stunden, und der Tisch deiner Familie,
du schon eigene Familie, du Vater Mutter? geehrt, gewürdigt, Kindern
die Welt zu erklären, sie zu geleiten, ihnen Gut und Böse zu verklaren,
- und der Tisch am Arbeitsplatz, der Tisch im Urlaub, - er bereitet dir einen
Tisch im Angesicht deiner Feinde, deiner feindlichen Gedanken, deiner gegen
dich gerichteten Ansichten und Verurteilungen, auch im Angesicht deiner Rivalen
und Konkurrenten: Du geliebt, gebraucht, du wunderbar. Trotz der Feindlickeiten,
aus dir selber und von anderen.
Du salbest mein Haupt mit Öl. Das alte Bild von der
Königskrönung: Du gesalbt zur Tochter Gottes, zum Sohn Gottes,
du bestärkt, Kind Gottes zu sein: Das schützt dich vor
blauäugigem Doofsein, vor gedankenlosem Verbrauchen, für
Schädigendes bist du dir einfach zu schade. Und du siehst im Andern
auch was Heiliges, du kannst nicht fies sein, bitte denk an deine Herkunft.
Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Dieses Bild
ist herrlich! Gott, der große Gönner und Liebhaber des Lebens,
ist in dein Gelingen verliebt, schenket dir voll ein an Freuden und Aufgaben,
an Freundschaft und Pflichten, wem viel anvertraut ist, von dem wird auch
viel erwartet (Lukas 12,48).
Und jetzt die Schlußgewissheit, der Segen über Dich, ein großes
Versprechen: Gutes und Barmherzigkeit werden mir, dir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar. Gutes folgt dir. Gutes
wird dir fruchten. Die nächsten Vierzig werden leichter. "Mit wachsender
Klugheit verringern sich die Enttäuschungen" (Elfriede Hablé).
Du wirst zurückblicken in Freude, du wirst einmal Ernte einbringen,
vielleicht gelingende Kinder, blühende Enkel, - aber die kann man nicht
machen, die wachsen uns zu, wenn es bestimmt ist. Und Du wirst bleiben, im
Hause des Herrn immerdar: Also versuch viel, mach dein Glück und anderen
auch, riskier die Fremde. Du bleibst immer innen von Gott, wirst immer bei
ihm Zuhause haben, und fährst du durch die Höll, du bleibst doch
Gottes Gesell. Vor dir immer Gnade, also: festes Herz, weiter Horizont: rüm
hart, klaar Kimming. Amen.
Schlussgebet