Traugott Giesen Kolumne 05.07.1997 aus Hamburger Morgenpost
Tiere sind ein Glück
Aus einem Brief von Frau A. aus O.: "Ich habe auch das Tierheim besucht.
Dort saß und sitzt u. a. ein Schäferhundmischling namens "Sly"
ein, von seinem vorigen Besitzer abgemagert und ungepflegt abgegeben. Trotzdem
trauerte der ca. 8-jährige "Sly" diesem Menschen, der sein Zuhause war,
nach. Ich würde mir für diesen inzwischen wieder lebensfrohen braven
Kerl, der seine Aufgabe als treuer Behüter von Haus und Familie
erfüllt, ein gutes Zuhause wünschen. Ich weiß, es gibt einen
Platz für ihn, bitte helfen sie mit, ihn zu finden".
Dank einmal allen, die mit Tieren artgerecht umgehen und uns anstiften, Tiere
als unsere Mitgeschöpfe zu achten und zu ehren. "Ich glaube", sagte
Martin Luther, "daß auch die Hündlein und Belferlein in den Himmel
kommen, und daß jede Kreatur wahrhaftig eine Seele habe". Und Morgenstern
sagte: "Ganze Weltalter voll Liebe werden notwendig sein, um den Tieren ihre
Dienste und Verdienste an uns Menschen zu vergelten".
Vom Ursprung her hat Gott Mensch und Säugetier an einem Tag, in einem
Schöpfungsabschnitt geschaffen und uns an den gleichen Tisch der Gaben
Gottes gewiesen. Nicht durch Gottes Gebot ist Töten und Schlachten in
die Welt gekommen, zunächst sollte der Mensch sich nähren von den
Früchten des Feldes. Doch der Auftrag: "Macht euch die Erde untertan"
wurde als Freibrief mißverstanden, der Natur sich rücksichtslos
zu bedienen, was die Tiere dann zu Rohstoff oder "Biomasse" herabgestufte.
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Einsamer Rufer blieb im Christentum der Heilige Franziskus, der den Fischen
predigte und Albert Schweitzer, der Urwaldarzt und spätere
Friedensnobelpreisträger, der uns die Tiere ehren lehrte, denn "du bist
Leben, das Leben will, inmitten von Leben, das Leben will."
Doch wir sind noch weit von diesem Respekt entfernt. Gedankenlosigkeit und
Profitgier sind uns nah: Die ausgesetzten Haustiere und die Höllenfahrten
der subventionierten Schlachtviehtransporte in den Nahen Osten, der BSE-Wahn
und geschundene Rennpferde, sind Schande für uns alle. - Dank an die
leidenschaftlichen Mitmenschen, die die Öffentlichkeit aufrütteln.
Nach langem Ringen ist jetzt die Frischzellentherapie verboten und bei der
Kälbermast ist ab jetzt die Haltung in Einzelboxen untersagt.
Wunderbar helfen uns Tiere zu leben. Wir ernähren uns von ihnen und
sie schleppen unsere Lasten, sie waren das erste Lebendige, das uns anvertraut
war. Und die Gespräche zwischen Herrchen bzw. Frauchen und Hund: wie
sie uns zum Durchhalten raten; wie sie von Träumen geschüttelt
scheinen und seufzen vor Behagen; wie sie einfach sind wie sie sind - so
hocherfreut, wenn man zurückkommt und so wachsam knurrend gegen den
gemeinsam Nichterwünschten. "Wer warst du, ehe du Hund oder diese Katze
wurdest?" ist die Frage. Sie bergen ein Geheimnis: In der Bibel heißt
es dazu: Gott ist das Lebendige in allem Fleisch.