Traugott Giesen Kolumne 07.12.2002
aus "Die Welt" Ausgabe Hamburg
Eine Weihnachtsfeier sollte sein
Feiert, ladet ein, gebt euch ein Fest. Doch,
wir haben Grund, miteinander fröhlich zu sein. Nach einem Jahr
Zusammenarbeit sollten wir uns ein paar Stunden Zeit füreinander nehmen.
Keine Gelage, keine Wochenendbetriebsausflüge mit Liebelei-Stress und
Hahnenkämpfen, kein Tanz auf Tischen. Nach großen
Umsatzzuwächsen waren ein Tausender mal eben drin und eine Riesenfete
dran man ließ sich ja nicht lumpen. Und auf Kosten der Firma
mal sich vergessen, das hob einst das Klima und gehörte dazu. Heute
backen wir durch die Bank kleinere Brötchen, stellen in Rechnung, was
sonst umsonst war, knapsen an der Straßenillumination und sparen uns
die Weihnachtsfeier.
Dabei soll die Belegschaft gar nicht zusammenlegen.
Es ist nur eben keine Feier von oben angesetzt und noch immer in der Schwebe.
Es kommt doch nur auf die Lust an, miteinander zu sein. Einmal in Ruhe einen
Abend zu sitzen, es kann ja auch im selbstgeschmückten Aufenthaltsraum
sein und man tafelt bei dem, was jeder mitbringt. Dann kann es immer noch
sein, dass der Chef, die Chefin, der Arbeitgeber sagt: Wenn ihr so gerne
wollt, dann sucht was Schönes, das Geldliche kommt schon zurecht. Oder
man geht davon aus, die Zeche zu teilen, was immer noch dem Chef Platz
lässt für ein Geschenk.
Auf die Lust kommt es an, miteinander nach
Dienstschluss, vielleicht mit Partnern, einmal im Jahr einige Stunden zu
haben. Und diese Lust sie kann nicht verordnet werden.
Nur gehegt kann sie werden. Es war doch ein
Wunder, dass man sich ein ganzes Jahr vertragen hat und immer wieder weitermachen
konnte nach den kritischen Worten und dem scharfen Ton und den
Versäumnissen, die auch unterliefen. Es war viel Hand in Hand, Lachen
auch und gemeinsames Ausbaden, es gab Fairness und Einspringen und Fünfe
gerade sein lassen. Es war ein Jahr gemeinsame Arbeit, die jeden ernährte.
Dafür sich beieinander bedanken und nicht
scheel gucken auf etwaige Vorteile des Chefs er arbeitet doch mehr
als er braucht, sogar für Drecksarbeit ist er sich nicht zu schade.
Ja, er hat Spaß an seiner Arbeit, aber du an deiner doch auch. Deine
Arbeit ist auch wichtig, oder fühlst du dich zurückgesetzt? Dass
unsere Arbeit noch gebraucht wird, so dass der Chef sie so bezahlte, inklusive
(halbem?) Weihnachtsgeld, das ist etwas, das ist einen Dank wert und einen
gemeinsamen Abend. Im Betrieb hat man dienstlich zusammengehört. Darauf
einmal anstoßen, sich einen Abend fein machen und den Kollegen, die
Kollegin mal als Mitmenschen wahrnehmen. Ihn hochleben lassen und mit ihm
einige Stunden zubringen, sich für ihn interessieren, ihn sich
persönlich angehen lassen wir sollten eine Weihnachtsfeier schaffen,
wir sind es uns schuldig.