Predigt 20. Juni 2004
Keitumer Predigten Traugott Giesen 20.06.2004
Vom Senfkorn
Markus 4,26-32 Vom Wachsen der Saat
Und Jesus sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen
ins Feld einsät und schläft und aufsteht, Nacht und Tag;
und der Same geht auf und wächst - er weiß nicht wie. Denn von
selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach
den vollen Weizen in der Ähre. Wenn sie aber die Frucht gebracht hat,
so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da. Ja, das Reich
Gottes ist einem Senfkorn gleich. Wenn das gesät wird aufs Land, so
ist's das kleinste unter allen Samenkörnern auf Erden; Aber wenn es
gesät ist, so geht es auf und wird größer als alle Kräuter
und treibt große Zweige, sodass die Vögel unter dem Himmel unter
seinem Schatten wohnen können.
Wir haben schon das Gefühl, dass sich viel ändern muß in
unserm Land und global. Der Ruf nach einem Ruck, einer Verwandlung wird lauter.
Den Politikern, die wir kennen, trauen wir keine Wendung zum Guten zu. Europa
scheint ein Egoistenclub zu werden, der sich vor den Armen der Welt einmauern
will. Immer mehr Alte stehen immer weniger Jungen gegenüber und haben
Angst, machen Angst. Da kommt recht das Evangelium vom Reich Gottes, wir
haben es schon 2000 Jahre, immer wieder nahmen sich Menschen daraus das Dynamit
für Revolution und Umwälzung. Nutzen wir es, und zwar als die sanfte
starke Energie des Jesus. Er sah sich beteiligt am Werden des Reiches Gottes.
Seht doch, wie sie genesen, seht doch, wie sie auferstehen zu neuem Leben.
Jesus sah das Reich mitten unter uns im Anbruch (Lukas 17,10). Ihm
nach das Kommen des Reiches noch einmal leise lernen, das lasst uns
wünschen. Mit dem Reich Gottes, sagt Jesus verhält es sich wie
mit einer Saat, die gesät ist, und die nun von selber wächst. Es
ist ein Klang darin von Ruhe und Gelingen, ein Werden ist im Gange, da ist
alles Machen nur zerstörend. Das Korn wächst nicht schneller,
wenn man es zupft. Läuft sich also alles zurecht?
Von selbst bringt die Erde Frucht. Von selbst - das Reich Gottes ist ja
gesät-, wächst es, geht auf und wird größer. Die
Gelassenheit des Bauern legt uns Jesus nahe. Er wartet ruhig ab, wenn er
das Seine getan hat. Es wird. Was wird? Das langsame Wachsen Gottes in unserm
Leben wird.
Ich finde dich in allen Dingen, denen ich gut und wie ein Bruder bin.
Als Same sonnst du dich in den Geringen und in den Großen gibst du
groß dich hin. Das ist das wunderbare Spiel der Kräfte, dass sie
so dienend durch die Dinge gehen : in Wurzeln wachsend, schwindend in die
Schäfte und in den Wipfeln wie ein Auferstehn (Rilke, Hinweis
Drewermann). Die göttlichen Kräfte, die durch die Dinge gehen sind
das Wunderbare - die Wachstumskraft im Senfkörnchen ist eine Gottes-Energie.
Wie lernten wir die Wachstumsenergie kennen, als wir die Erbsen quellen sahen
oder die Kastanien, oder das Kindchen im Bauch betasten durften. Aber auch
die Liebe in unseren Herzen ist Gottesenergie - lass sie ruhig wachsen, lerne
Menschen schätzen, auch der möglichen Schwiegertochter, dem
möglichen Schwiegersohn, dem neuen Nachbar, dem neuen Kollegen: gib
ihm Vorschuß an Vertrauen, denk daran, das Feld des Vertrauens ist
bereitet, er muß sich nicht deines Vertrauens erst würdig erweisen,
rede freundlich aus dem Schatz der Sympathie des Herrn. -
Beim Acker haben wir mit Pestiziden den Ertrag steigern gelernt. Mit Menschen
müssen wir aber naturbelassen umgehen. Gott hat seine Saat eingesät
- in die Völker und Familien, in die im Nächsten, dass wir Freunde
werden, also lasst uns freundhaft sein. Reich Gottes ist das ökumenische
Haus der Freundschaft, wir lassen einander gedeihen, fördern einander,
gehen fehlerfreundlich miteinander um, vergebebereit, großzügig.
Trauen wir diesem Trieb: wo Gott das Haus baut, da wird es vollendet. Und
du Mensch bist mit am Werk. Die Spannkraft Gottes hat er in sein Werk gelegt:
vom Kleinen zum Großen wird es automatae- ja, so heißt
es im griechischen Urtext, das steht da: von selbst:
Wie die Ernte auf den Fluren bald in herrlicher Pracht erscheint, so erscheint
mit der gleichen Sicherheit das Reich Gottes einmal vollendet. Ja, noch ist
die Königsherrschaft verborgen, aber wie der Bauer dem Werden und Wachsen
vertraut, so wir dem, was sich bei uns, mit uns, in uns entwickelt: Die
Herrschaft Gottes. Es gibt nur Theorien, wie das Reich Gottes kommt. Noch
bitten wir ja um sein Kommen. Ob Gott durch die Geschichte hindurch sein
Reich aufschichtet? Und die UNO Vorform des großen Friedensreiches
ist? Ob wir schon ins Reich Gottes sterben? Oder erst am Ende aller Tage
das Himmelreich völlig da sein wird? Lassen wir es offen, Tag und Stunde
weiß nur Gott sagt Jesus. Gott weiß, Punkt,das genügt.
Achten wir auf das Wachsen der Gottessaat bei uns. Ist nicht die Gottessaat
mein Glaube? Es heißt so faszinierend parallel: Wenn ihr Glauben
habt, groß wie ein Senfkorn, wird euch nichts unmöglich sein,
sprichst du zu dem Berg: "Rücke zur Seite, dann rückt er zur Seite"
(Matthäus 17,20). Also setz auf die Glaubens- und Friedenskraft in dir
- du wirst den Berg von Unfrieden bewegen, setz auf die Aussaat von Güte
in dir, und dein Geiz lässt langsam die Ohren hängen. Setz darauf,
dass in therapeutischen Gesprächen du langsam deine Wahrheit zu begreifen
vermagst. Suche den Abschied von Menschen, die dir schaden, Jesus sagt;
schüttle sogar den Staub noch von den Füßen.
Das soll jetzt nicht klingen nach: Aufstehen! Was vorwärts bringen,
raboti; tu was! Tut denn das Segelschiff was, wenn es im Wind liegt?
Tut die Biene was, wenn sie ihre Waben speichelt? Tut die Mutter was, wenn
sie ihr Kind stillt? Alles Wichtige geschieht doch! Auch unser Tun ist doch
aus der Bewegung des Glaubens - wir sind doch Gottes Wurf.
Was dagegen wir alles zerstören durch unsern
Könnensdrang (B. Strauss), durch unser Machen und Zwingen,
auch durch das Missionieren in der Vergangenheit. Wir haben Christen aus
Tansania zu Besuch. Wir bitten euch um Vergebung für die gewalttätigen
Auswirkungen Europäischer Mission. Bischof Tutu hat das so gesagt:
Wir besaßen das Land und ihr die Bibeln. Jetzt besitzt ihr
Weißen das Land wir die Bibeln.-
Das Wichtige geschieht leise - wie Lesen und Schreiben lernen. Das Wachsen
schützen wäre gut. Zuhören schützt das Wachsen. Dass
wir uns bei einander aussprechen können, ist das Hilfreiche, nicht die
Ratschläge. Aber manch einer ist zu ungeduldig, fühl sich
zuständig, den anderen auf besseren Weg zu leiten. Dabei, im Schutzraum
des Gespräches, wo man hört, was man denkt, indem man es sagt,
wächst die eigene Einsicht. Wir sollen es nicht für den anderen
besser wissen, meinen, es reift doch der Glaube in ihm, es denkt in ihm nach
in erhellendem Gespräch.
Jesus pflanzt uns den Glauben ein, an das Werden des Reiches Gottes. Und
hätten wir nur Glauben groß wie ein Senfkorn, wir fänden
nach Hause in unser Zugottgehören. Bitte, glauben wir an unser
Zugehören, welches wir nicht machen müssen, nur es leben, wäre
gut: Du, Kind Gottes, nicht in der Fremde hier, sondern schon in Freundesland.
Amen.