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Keitumer Predigten   Traugott Giesen   28.10.2001

Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist...

Markus 12, 13-17 und Matthäus 17, 24-27

Und Schriftgelehrten und Gesandte des Königs wollten Jesus in seinen Worten fangen. Und sprachen zu ihm: Meister, wir wissen, dass du wahrhaftig bist und fragst nach niemand; denn du achtest nicht das Ansehen der Menschen, sondern du lehrst den Weg Gottes recht. Ist's recht, dass man dem Kaiser Steuern zahlt, oder nicht? Sollen wir sie zahlen oder nicht? Er aber merkte ihre Heuchelei und sprach zu ihnen: Was versucht ihr mich? Bringt mir einen Silbergroschen, dass ich ihn sehe! Und sie brachten einen. Da sprach er: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie sprachen zu ihm: Des Kaisers. Da sprach Jesus zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! Und sie wunderten sich über ihn. Und zogen ab.

Dürfen wir, sollen wir Steuern zahlen, vorher einlullendes Lob: Du Guter, du Weiser. Jetzt soll sich Jesus selber einen Strick drehen - er kann nur falsch antworten, entweder-oder. Sagt er: Nein, keine Steuern an den Kaiser, der sich für Gott ausgibt. Dann müssen ihn des Königs Herodes Leute sofort verhaften als politischen Aufrührer. Oder aber er sagt: "Zahlt dem Kaiser". Dann hält er zum verhassten Zwingherrn, zu den Besatzern, die Schriftgelehrten hätten endlich das schlagende Argument, Jesus halte zu den Feinden. Die Schriftgelehrten legen Jesus ein "Entweder-Oder" vor, das Jesus zur Falle werden muß; und narkotisieren ihn noch mit Schmeicheleien, wollen ihn aufs Glatteis führen, besonders radikal sich zu äußern.

Jesus ist gewarnt. Er weiß, sie wollen ihn zum Verstummen bringen. Sie wollen den Gott nicht denken, den er verkündet; sie meinen, Jesus nähme Gott die Ehre und den Schriftgelehrten nähme er ihre Vermittlerautorität. Es steht soviel auf dem Spiel, ob Gott der Gott der Liebe ist oder der Gott des Gesetzes: "Auge um Auge". Heute können wir erst recht begreifen, was mit Jesus auf dem Spiel steht, ob die Fundamentalisten aller Religionen Gott wahrer erkennen oder die, die zur Versöhnung rufen.

Jesus geht auf das "Entweder-Oder" nicht ein, er lässt diese Brechstangenfrage einfach liegen. Er stellt sich quer zu dieser so scheinheilig servierten Mahlzeit: "Gebt mir eine Münze". Und sie halten ihm mehr oder weniger alle eine Münze hin, mit des Kaisers Kopf drauf. Schon damit geben sie sich zu erkennen als eifrige Benutzer der kaiserlichen Münzen, - sie bezahlen selbstverständlich mit dem Geld der Staatsmacht, und lassen sich gern damit ihre Arbeit entgelten. Sie erkennen schon damit des Kaisers Münzrecht an und damit doch auch sein Recht auf Steuern - keine Frage. Wenn sie dennoch fragen, ob man Steuern zahlen solle, ist das doch scheinheilig. Die Güter des Staates nutzen, aber dem Staat die Gebühren verweigern, - gut, dass wir keine große Lust dazu haben ist halt so, aber daraus eine Prinzipienfrage zu machen, hat keinen Sinn: Wessen Geld benutzt ihr denn, was zeigt die Münze? "Wessen Bild und Aufschrift?", ein Angesprochener muß die Umschrift vorlesen: "Kaiser Tiberius, der anbetungswürdige Sohn des erhabenen Gottes." Ziemlich kleinlaut wird die Auskunft geklungen haben.

Wenn die Münze das Bild des Kaisers zeigt, ist es wahrscheinlich korrekt, ihm ein Stück von der Münze zu geben. Aber viel wichtiger: wessen Antlitz zeigt dein Gesicht? Wer bildet sich auf deinem Gesicht ab? Zu wessen Bild bist du geschaffen? Jesus lockt sie weg vom Glatteis, ihn zu beschuldigen. Jesus holt sie in ein Gespräch über ihr eigenes Wesen, spricht sie in ihrer Seele an: Ein Kaiser kann sein Profil in Metall gießen lassen - Münzen sind doch Blech. Aber Gott gießt von seinem Wesen in dein Ich. Ihr streitet, wem die Münze gehört, der wahre Streit, der Streit der sich lohnt, ist doch, wem ihr gehört. Was regt ihr euch auf über den finanziellen Tribut an den Staat - das ist doch nur Geld, Blech, Arbeit, - Ihr aber mit eurem Geld gehört doch Gott. Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, aber Gott was Gottes ist. Gebt es mit links und vergesst, kümmert euch doch um das Wichtige: Eure Beziehung zu Gott.

Der Staat, der Kaiser sind reale Größen, da kommt niemand dran vorbei. Aber kümmert euch nicht zuviel und nicht zu wenig drum. Gebt, was recht ist und tut Eures. Das Geld, der Staat, die Politik, die Familie, auch die Kirche wird nicht in den Himmel gehoben, aber auch nicht verachtet. Ihr steht vor Gott, ihr seid seine Kinder, seine Mitarbeiter, aus diesem Treueverhältnis wägt den einzelnen Realitäten die Beachtung zu, die sie vor Gott haben. Gebt den Realitäten die Aufmerksamkeit, die ihnen von Gott her zusteht. Und das gewichtet nach eurem besten Wissen und Gewissen.

Also Geld zeigt die menschlichen Hoheitssymbole: Adler, Unterschrift der Bundesbank, aber dein Gesicht ist ein Abdruck der Güte Gottes. Du bist von weither gewollt, du bist Gottes Gesprächs- und Gefühlsgefährte. Mach mit Gott aus, was Nötiges und Erfreuliches du bewirkst und dir gönnst. Dass du Geld verwahrst, ist noch kein gutes Argument. Die höhere Zahl ist noch kein Gut. Du musst doch, darfst doch vor Gott Rechenschaft geben, was du mit deinen Begabungengen gemacht hast, was ja seine, Gottes Gaben sind. Hast du dein Lieben ausgegeben, dein Sorgen, dein Singen, dein Planen, dein Helfen, deinen Schönheitssinn, deine Gaben zu erziehen, zu gärtnern, zu heilen, zu beraten, hast du deinen Auftrag, dich zu freuen und Freude zu machen erfüllt, jeden Tag neu?

Gebt Gott was Gott ist, unter anderem indem ihr dem Staat gebt, was der Staat braucht, um Gutes zu tun. Natürlich nicht mehr, schmeißt ihm das Geld nicht nach, das ihr selbst verantwortlich anlegen könnt. Du Kind Gottes, erst mal eins: Geld vermehren ist überhaupt kein Argument. Das ist mir klar geworden. Ihr sollt nicht dem Geld dienen. Geld gehört zu den Ordnungen der Menschheit, gut sie zu beachten, aber weder ihnen dienen noch sie verachten. Die Gebote, die Regeln der Fairneß - gut sie zu wahren, aber nicht ihr Knecht werden, nicht auf ihnen rumtreten.

Also die richtige Freiheit, die Güter der Erde zu gebrauchen und das Leben zu bestellen - die richtige Freiheit gewinnen wir aus dem Wissen, dass wir Gott gehören.

Eine fast witzige Geschichte als Beispiel für diese Freiheit aus dem Gottgehören erzählt Matthäus im 17. Kapitel: Als sie nun nach Kapernaum kamen, traten zu Petrus, die den Tempelgroschen einnehmen, und sprachen: Pflegt euer Meister nicht den Tempeldrachme zu geben? Er sprach: Ja. Und als er heimkam, kam ihm Jesus zuvor und fragte: Was meinst du, Simon? Von wem nehmen die Könige auf Erden Zoll oder Steuern: von ihren Kindern oder von den Fremden? Als er antwortete: Von den Fremden, sprach Jesus zu ihm: So sind die Kinder frei. Damit wir ihnen aber keinen Anstoß geben, geh hin an den See und wirf die Angel aus, und den ersten Fisch, der heraufkommt, den nimm; und wenn du sein Maul aufmachst, wirst du ein Zweidrachmenmünze finden; die nimm und gib's ihnen für mich und dich.

Die Wanderkomune Jesu, ohne festen Wohnsitz, zahlte sie Tempelsteuer, zahlte sie Kirchensteuer? Simon erschrickt fast, als das Finanzamt von früher vorbeikommt uns fragt: habt ihr bezahlt, zahlt euer Meister? - Ja. Na klar. Und Jesus nimmt das auf in herrlicher Freiheit: Zahlen Kinder denn im Elternhaus? Söhne, Töchter Gottes sind doch in der Kirche Zuhause, da brauchen sie doch keinen Eintritt zahlen. Es gibt überhaupt kein Recht, für Gebet, Predigt, seelisches Geleit Gebühren zu nehmen. Der Zugang zu Gott ist jenseits aller finanziellen Forderungen. Aber irgendwie muß ja Tempel und Kirche bezahlt werden, nicht die Verbindung zu Gott, aber sein Bodenpersonal, - nimms irgenwo her und vergiß. Kümmer dich um Deins. Denk nicht so hoch von Staat und Kirche, denk nicht schlecht von Staat und Kirche, mach das mit links. Du aber kümmere dich um Deine Verwandtschaft mit Gott und den Menschen. Das ist doch gemeint mit dem Riesenwort des Jesus: Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes, so wird euch alles andere zufallen. Kümmert euch, dass ihr als Kinder Gottes die Welt seht, und die Welt wird euch Heimat. Kümmert euch um Frieden ringsum, und ihr werdet Frieden erlangen. Seht Gott mit euch beschäftigt, dann kannst du es lassen, deinen Ruf zu polieren, brauchst dich nicht mit Mauern aus Geld schützen, brauchst dich nicht rächen.-

Wohl Vorsicht lass walten: Klug wie die Schlangen ohne falsch wie die Tauben, aber nicht rächen. Besorge den Tag, aber vertrau dich des Nachts dem Schutz Gottes an. Sorg vor, aber setz deine Hoffnung ganz auf die Gnade. Verachte nicht, vergotte nicht die Gesellschaft. Tritt nicht die Verabredungen, die Höflichkeit, die Erwartung der andern mit Füßen, aber geh auch nicht in ihnen auf. Will nicht provozieren, aber lass dich auch nicht bandagieren, lass dich nicht abhalten von dem was dir wichtig und grundlegend ist. Du Kind Gottes, tu, was du vor Gott dich zu verantworten getraust. Und getrau dich zu erkennen, deine Anteile am Streit, deine Mitversagen an öffentlicher Ungerechtigkeit, achte die Autoritäten, ehre Vater und Mutter, die Kinder, halte Verträge, aber erst recht sieh dich mit Gott verbunden. Ja, pflege deinen Körper, aber erst recht deine Seele, pass auf deine Sachen auf, aber erst recht auf dein Ich, es ist Spiegel Gottes, du bist zum Zwiegespräch mit Gott gemacht.

Wichtig, dass du Gott gibst was sein ist, dass also du dich ihm gibst, du dich als ihm zugehörig siehst, - darum tust du was du musst, tust was du willst. Und hab du vor dir keine Angst. Als Kind Gottes tust du aus dir heraus das Richtige, hör auf dich, gib den Forderungen Beachtung, aber deine Liebe gehört Gott und dem, der dir von Gott zu lieben gegeben ist. Amen.

Schlussgebet


 




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