Traugott Giesen: So um vierzig rum wird man
erwachsen - zur Silbernen Konfirmation
So um die 38, 40 hat einen das Leben schon gut
rangenommen. Und man hat selbst dem Leben manches zugemutet und auch ihm
schon Gutes getan. Ab 40 liegt das Ziel im Tal. Als Sportler gehört
man längst zu den Senioren, in der Ehe hat man, wenn sie gehalten hat,
viel gelernt. Überhaupt zum Thema Liebe ist klar geworden: Zufriedenheit
ist schon viel, einigermaßen immer wieder zum Frieden finden ist stark,
auch um Vergebung bitten und vergeben können, mußten wir erst
trainieren.
Als Babys wurden wir (hoffentlich) von Mutterliebe
verwöhnt. Da hat sich das Glücksgefühl aus Mutters Bauch
fortgesetzt, daß man zu einem Ganzen gehört, das einen umgibt
und liebhat. Natürlich ist das ein Bild für den guten Zusammenhang
in Gott, und wir werden die Vollkommenheit erst in einer anderen Welt erleben.
Bis dahin bleibt die kindliche Sehnsucht, bei einem Menschen unterschlüpfen
zu können, der stark und gut ist zu einem und der immer zu einem hält
und einen nie enttäuscht. Aber wir mußten lernen, daß wir
selber auch enttäuschen und eben nicht immer so gut sind wie wir es
eigentlich sein wollen und daß die Menschen, die wir lieben, gerade
auch dadurch, daß wir sie lieben und sie uns, wir uns auch manchmal
wehtun. Gerade weil wir uns lieben, verletzen wir uns aber auch sehr aneinander,
darum heißt ja Erwachsensein Abschied genommen haben von diesem
Verwöhntwerdenwollen. Wir mußten lernen, daß wir als Erwachsene
uns nur lieben auf irdische und unvollkommene Weise, begrenzt eben. Aber
daß wir auch immer wieder Kraft bekommen für ein hartnäckiges
Streben nach Glück. Das ist die andere Lektion des Erwachsenwerdens,
es sind Kräfte in uns, die haben was von der Schöpferkraft Gottes:
wir wollen was aufbauen, was zustandebringen, wir wollen zurechtkommen mit
dem Leben und wollen keine Plage sein.
Darum ist es eine wunderbare Erfindung, daß
Kirche silberne Konfirmation feiert und alle so um 38 und 40 einlädt
mitzufeiern. Und es ist ein großes Fest, den Segen der Konfirmation
sich noch einmal zu bestärken und erneuern zu lassen. Nochmal zu erinnern,
wie wir damals als Jugendliche aufbrachen, ganz langsam und vorsichtig
fingen wir an, eigene Menschen zu werden mit eigenem Gewissen und auch
eigener Schuldfähigkeit.
Der berühmte Seelenforscher C. G. Jung
hat gesagt, man muß sowieso erst 40 werden, um Gott wieder zu finden.
Vorher lag ja die Zeit des Kämpfens und Zwingens, die Zeit des Machens
und Probierens auf eigene Faust, man wollte seine eigenen Kräfte messen
und war sehr stolz auf die eigenen Fähigkeiten. Aber so um 40 erkennt
man die Bedingtheit aller Erfolge, erkennt, wieviel Glück dazugehört,
einigermaßen klarzukommen und wieviel Begabungen uns geholfen haben,
etwas zustande zu bringen. So um die 40 hat man schon gesehen, daß
der Tod immer eine Handbreit nah ist. Haben schon so oft ein Gott sei Dank
über dem Steuer gesagt, wenn es mal wieder haarscharf gerade noch
paßte und haben schon genug geklagt und geweint, weil manches so sehr
weh tat.
Jedenfalls ist eine silberne Konfirmation ein
großes Fest, man sieht sich wieder. Manche haben sich seit 25 Jahren
nicht mehr gesehen. Man erzählt, man redet und läßt sich
nochmal einsegnen und betet nochmal zusammen, daß das Leben gut bleibt
und wird und bleibt.
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