Traugott Giesen Kolumne 18.09.1999 aus Hamburger Morgenpost
Wie finde ich meinen Wert?
Hast du wenig Selbstvertrauen, siehst dich oft zurückgesetzt,
verletzt, uninteressant? Ach Mensch. Dein Meinen über dich verdirbt
soviel, aber kann sich ändern.
Stell dir die Lebensfreude vor: Du sitzt mal draußen auf einer
Bank, und ein Hund schnuppert an deiner lässig hängenden Hand,
und du würdest nicht schroff zurückziehen sondern empfändest
die Schnauze der Kreatur in deiner Hand als angenehm, ein kameradschaftliches
Gefühl würde in dir aufgehen. Dann wüßtest du: Ganze
Schätze guter Gedanken und schöner Gefühle hast du.
Wie du deinen Wert findest � die Frage bohrt in dir. Du hast schon
viel versucht, von außen dich anzureichern � durch schöne Salben
und schicke Kleidung, hast dir Schmuck angelegt oder ein schmückendes
Auto zugelegt � aber dein Wertvollsein stellt sich nicht ein. Auch hast
du einige Freunde, bist sogar einem Menschen der/die Nächste � kannst
dich einfühlen, hältst dich für menschenfreundlich; und
doch siehst du dich klein.
Dann kann dein Mangel davon kommen, daß zu viele Rücksichten
dich niederbeugen und dir das Wünschen ausgetrieben hat. Aber dann
kann Heilung anfangen. Denn du hast jetzt deine Aufgabe und kannst kräftig
was ändern. Du nimmst dich endlich mal ernst, machst ernst mit deinen
Wünschen, erst mal mit deinem Merken. Du läßt dein Begehren
wachsen, daß etwas anders werden muß. Und dann tu du den ersten
wunderbaren Schritt, betritt das Neuland deiner selbst. Du findest deinen
Wert in dir. Den Glutkern Ich, den fühlst du. Du gehörst hierhin,
in diesen Augenblick, an diesen Ort und spürst ein Staunen, Du zu
sein.
Du willst mit keinem andern tauschen. Ja, vielleicht die Haarfarbe
oder die Sorte Nagelbett � aber du bist einzig. Du kommst einigermaßen
mit dir klar, du weißt was dir gut tut.
Und was hast du schon bestanden, bis hierher zu kommen. So viel Enttäuschung
und Glücken doch auch, du kannst viel. Du kannst nützen und nimmst
die Arbeitskraft anderer in Gebrauch. Du kannst dich des Lebens bedienen
und willst doch auch, daß das Leben was von dir hat. Also denk gut
von dir. Du bist wer.
Manchmal steigerst du deine Selbstachtung, indem du verächtlich
denkst von anderen � mach das, aber mehr nebenbei. Wenn du lernst, mit
einem Hauch Liebe dich und andere zu beachten, dann hast du mehr davon.
Du gibst Menschen Wert, du spielst ihnen Chancen zu, du redest gut für
sie � das setzt Mehrwert in die Welt; da kannst du stolz sein. Und man
kann einen Schlag außer als Schmerz auch als Kränkung empfinden,
wodurch er unerträglich wächst; aber man kann ihn auch sportlich
aufnehmen. Was dir was bedeutet, entscheidest du. So wichtig bist du. �
Jetzt verabschiede das Grübeln ein Weilchen.