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Traugott Giesen Kolumne 25.07.1998 aus Hamburger Morgenpost

Unternimm was, Unternehmer

Dazu ist er doch berufen, der Unternehmer, dafür ist sie da, die Unternehmerin: Die Maßnahmen ergreifen, daß etwas funktioniert, was vielen nützt; die dann auch Ware oder Leistung gerne abnehmen zu einem Preis, der höher ist als die Kosten.
Kompliment und Dank denen, die merken, was gebraucht wird, die Ideen in die Tat umsetzen und Mitmenschen zu konzentrierter Arbeit bringen, eben weil sie die Begabung haben, die Fähigkeiten anderer zu bündeln und wirksam zu machen. Sie müssen auch anderer Leute Geld locker machen können � fürs Endprodukt, durch fitte Werbung und Vertrieb. Und sie müssen auch Geld leihen können, also glaubwürdig versprechen, daß andere Gewinn machen, wenn die ihnen Geld geben, um anfangen zu können.
"Unternehmer � verzweifelt gesucht" hieß eben eine Schlagzeile: Allein in den nächsten eineinhalb Jahren brauchen 120.000 mittelständische Betriebe mit 1,6 Millionen Beschäftigten einen neuen Chef. An jedem einzelnen Arbeitstag müßten danach 270 neue Leute ans Ruder kommen. Doch sagt das "Kölner Institut der deutschen Wirtschaft" voraus, daß ein Viertel der Firmen wohl erfolglos suchen werden und damit seien 400.000 Arbeitsplätze gefährdet.
Sicher sind Söhne, Töchter von unternehmenden Eltern nicht selbstverständlich Fortsetzer. Goethes Sohn hat kein einziges Gedicht geschrieben. � Auch wissen Kinder ja die Kehrseiten der elterlichen Berufe am Besten: Völlig für das Geschäft aufgehen, immer erreichbar sein, dauernd die Probleme anderer Menschen bedenken, bis in die Träume Verbesserungen austüfteln, immer abwägen im Grunde zwischen zwei riskanten Lösungen und immer die Unannehmlichkeiten doch selbst ausbaden. Wenn man da nicht einen Gefährten hat, der mitzieht und der versteht, was ihm/ihr im Kopf rumgeht, wenn man nicht nein sagen gelernt hat und sich zwingt zum Abschalten, dann wird man gefressen von der Firma. Dann ist man kein Unternehmer sondern ein Unternommener, ist kein Selbständiger, sondern einer, der selbst ständig arbeitet.
Unternehmer müssen mehr Künstler sei, auch fleißig, aber mehr visionär, mehr zaubernd, mehr mit sechstem Sinn, wo Chancen liegen, und wer zu wem paßt. Sie müssen fromm sein, in dem Sinne, daß sie wissen, sie sind getragen, geliebt, gebraucht von Gott. Sie können beim Guttun auch schuldig werden und zwar nicht zu knapp. Sie sagen leichten Herzens, daß sie sich irrten. Sie lassen sich gern ergänzen. Das ist geradezu ihre Kunst: Sie suchen gute Leute und besorgen ihnen gute Bedingungen, gern zu schaffen. Sie haben einen Trick von Gott abgeguckt: der macht nämlich, daß die Dinge sich selber machen. Und der teilt mit seinen Mitarbeitern, der hortet nicht sondern investiert in neue Sorten.
 


 




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