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Kolumne 03. April 2004 - Kolumne: Hol die tief vergrabenen Glaubensreste ans Licht

Traugott Giesen Kolumne 03.04.2004 aus "Die Welt" Ausgabe Hamburg

Die tief vergrabenen Glaubensreste ans Licht holen

Auf einmal steht es neben dir - du, bist im Einklang mit der Welt. Deine Organe schweigen, du bist im Lot, du kannst was, du musst; du spürst, dass du gern du bist. Du wirfst deine Freude wie Vögel an den Himmel. Du bist dankbar, wem auch immer.

Du verwunderst dich, wie das Leben so läuft; Schreckensmeldungen eingeschlossen, gehst du trotzdem einen guten Weg. Es ist bei dir doch viel Bewahrung, du verstehst es nicht, aber du kommst durch, es fügt sich für dich. Du tust das Deine hinzu, bist vernünftig genug, nicht zu herausfordernd aufzutreten. Deine Chancen nutzt du, aber über den Tisch ziehst du keinen, du säst keinen Streit, nimmst jedoch deinen Anteil. Und weißt, es ist Gnade, klar zu kommen.

Du bist fleißig, hast Begabungen, bist auch fähig, deine Kraft umzusetzen in Erkennen und Tun. Aber du stellst nicht alles, was du hast, ins Schaufenster, man gönnt dir deinen Erfolg, weil du andere dran beteiligst. Du hast ein Talent zur Menschenfreundlichkeit. Du kannst genießen, dass man dich genießt. Du fühlst dich selten ausgenutzt. Du weißt, das alles seinen Preis hat und seine Kehrseite, du überforderst das Leben nicht, du schaffst und mühst dich, scheust dich nicht, dich zu bücken. Du kannst dienen und auch dich bedienen lassen. Du kannst geben und nehmen und vielleicht sogar beim Geben nehmen und beim Nehmen geben - wie die Bienen, die berauben und befruchten zugleich.

Und du siehst das Kommen und Gehen, bestaunst die Lebensbögen von Geburt über die Hochzeiten hin zum Altwerden und Sterben. Du siehst die Generationen eingebunden in eine glückende Geschichte, du stehst andächtig vor dem Kind, das an der Brust seiner Mutter gestillt wird, du siehst die Gesichter der Liebenden und die zerfurchten Antlitze der Bettler. Und eine Ehrfurcht erfasst dich, welch ein großes Privileg das Dasein doch ist und jeder Mensch eine Heiligkeit bei sich hat, die ihn leben lässt. Du merkst und staunst, wie wir alle verbissen uns mühen, doch durchzukommen durch die Engen und Bedrängnisse, und wie wir einen zähen Kampf gegen den Tod führen. Eine Art Lebenswollust ist uns mitgegeben, die lange immer wieder aufrichtet.

Du kommst auch mit deinem Versagen langsam klar. Schlimmer machen wir es ja durch das Vertuschen aus Scham. Aber du hast einen Menschen, der zu dir hält. Und wer sich groß verfehlt, hat auch große Quellen der Reinigung in sich, hat Morgenstern gesagt. Auch die dunkelste Nacht ist Anfang eines Tages.

Unbeschreiblich, wie viel Frömmigkeit doch in uns steckt? Wir sind normal religiös, einfach weil wir Menschen sind. Darum haben wir Gewissen und Sehnsucht, weit über uns hinaus. Wir lieben und trauern um Verlorenes, wir hoffen auf Frieden, der höher ist als unsere Vernunft. Wir danken einem Weltganzen für Rettung, befehlen unsere Kinder, Enkel, Geliebte der höheren Macht an, wenn sie von uns weggehen. Wir klagen bitte doch nicht ins Leere. Du denkst das doch auch: Gott weiß, das genügt. Du hast Religion bei dir, nicht nur für die Not.


 




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