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Traugott Giesen Kolumne 14.09.2002 aus "Die Welt" Ausgabe Hamburg

Die Kraft des Innehaltens

Es passiert viel mehr Gutes als Schlechtes. Es klappt viel mehr als missrät. Und ein gutes Wort kann aufbauen, du kannst fast schon wieder lachen, wenn du nur die Proportionen findest. Da machte die Dame den Schaffner fertig: "Schon eine halbe Stunde Verspätung, drei mal blieben wir auf offener Strecke stehen, so eine Unverschämtheit, ihr werbt doch mit Verlässlichkeit. Aber der Anschlusszug ist längst weg, so ein Sauladen!" "Gute Frau", hob da der Kontrolleur an, "Sie haben doch auch noch den Krieg miterlebt, wie da überhaupt keine Züge mehr fuhren und es keinen gab für Beschwerden. Und wie dankbar war man, wenn man irgendwann weiterkam. Und da regen Sie sich auf wegen einer halben Stunde." Da war die Frau gewonnen und gab ihm lachend Recht.

Es nervt einen eben manches. Ist man guter Stimmung, steckt man die Störung locker weg. Wenn man aber schon geladen ist, dann kann sich eine Katastrophe auftun. Du trägst in der Sitzung gerade vor und ein Handy dudelt los, du verlierst den Faden. Oder du mailst und es geht ins Leere. Oder dein Auto steht morgens platt da. Oder Du hast den Geburtstag der Erbtante vergessen. Schnell tun sich Verwundungen auf, du siehst dich aufs Korn genommen von Verschworenen, du willst hinschmeißen oder losheulen, siehst dies Geschehen als Endstation, als Sache, die alle Dämme deiner Selbstbeherrschung brechen lässt.

Dann gibt es nur eins: Halt an dich, leg dir die Hand auf den Bauch, atme tief ein und atme tief aus: Und sag es dir vor: "Von guten Mächten wunderbar geborgen." Und noch mal einatmen und ausatmen und in die Leere dir sagen: "Von guten Mächten wunderbar geborgen." Nur diese Sekunden der Stille gewähre dir - da kann parallel laufen, was will; du bist einen Augenblick im Glück, bist in den Frieden geglitten und kommst wieder. Und stellst dich dem Problem.

Und siehe, es kann fürchterlich scheinen, es kann schmerzlich sich anfühlen, es kann beschämend wirken, aber du bist der Autor deiner Beurteilung. Du wertest. Du hast immer noch eine Wahl. Was du aus der Bescherung machst, ist deins. Und du machst auch aus dem Missglückten noch was, du redest es zurecht, du rettest mit einem Witz dich und andere über die Schwelle, oder eben du machst den Mist komplett.

Darum, weil alles weiter geht und Folge ist und Folgen hat, darum ist nie alles verloren, ist es immer auch Anfang von Weiterem. Darum sieh zu, dass du nicht gutes Geld dem schlechten hinterherwirfst; auf deine Frechheit nicht noch Anderthalbe setzt. Gesteh sofort, biete Wiedergutmachung an, begrenze Schaden. Geh persönlich hin; sag, dass es dir leid tut. Und manches muss getragen werden. Es ist halt so. Dann geh an dein Schicksal, verwirkliche das Aufgetragene; es hat eine Würde, zäh ums Durchkommen zu kämpfen. Und es kommen wieder andere Tage.


 




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