Traugott Giesen Kolumne 30.03.2002
aus "Die Welt" Ausgabe Hamburg
Ostern - Trompeten des Lichts
Bunte Eier, üppige Sträuße,
leckeres Essen, schöne Kleider, großer Spaziergang, freie Tage
mit viel los - so schimmert uns Ostern. Aber unter der Oberfläche geht
es um Leben und Tod. Ausgerufen ist der Schöpfung zweiter Teil. "Wär
er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen", singt ein berühmtes
Kirchenlied, auch in dem Gottesdienst in Ihrer Nähe, Ostersonntag, wohl
zehn Uhr.
Bis vor Jesu Tod war der Tod der sichere Schluss
des Lebens. Es gab zwar in verschiedenen Religionen schon Ahnungen von
Totenreichen und Schattenexistenzen, bei den Ägyptern auch den Traum
vom Aufstieg der goldenen Sonnenbarke. Aber im Ganzen galt: Lieber ein Hund
auf Erden, als ein König im Hades. "Bei den Toten lobt man dich nicht,
Gott. So kommt nur Erde zu Erde und Asche zu Asche, bis zu Jesus."
Jesus ist der erste Mensch, der als auferstanden
gilt. Er begründete eine Gemeinschaft der Lebenden und der Verstorbenen
in einem Himmel, der bis auf die Erde reicht. "Das Reich Gottes", sagte er
zu seinen Jüngern, "ist mitten unter euch im Anbruch." Damit ist ein
Bleiben in der Liebe versprochen. Ohne verpflichtet zu sein auf dogmatisch
zwingende Vorstellungen, bleiben wir in ewigem Gespräch gehalten. Was
und wen Gott ins Leben rief, das ist unsterblich, der Lebensruf an uns wird
niemals enden. Luther sagte es so: "Mit wem Gott einmal sprach, der ist gewiss
unsterblich."
Seit Jesus ist der Tod nicht mehr die Wand,
vor die das Leben kracht und verlöscht. Er ist Tunnel in die Freude,
ein Heilschlaf hinüber, wir werden verwandelt und vollendet. Jesu Sterben
war ein "Sich der Liebe in die Arme werfen". Er lebte in einer so engen
Beziehung, dass er als Erster wusste (mit Worten des Paulus): "Nichts kann
uns scheiden von der Liebe Gottes, weder Tod noch Leben, weder Engel,
Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges,
weder Hohes noch Tiefes, noch irgendeine andere Kreatur." Das wirft ein Licht
über alles Enden hier. Alle Enden münden wie alle Bäche und
Flüsse im Ozean des Guten Ganzen. Und auch der Tod ist nur Kreatur,
aus und in Gottes Hand.
Zweitausend Jahre Christentum haben Jesu
Auferweckung "entsensationellt". In unserer schwach religiös gefärbten
Allgemeinbildung ist nur ein verdünntes Wissen geblieben, dass wir im
Guten aufgehoben sein werden. Aber eine Zuversicht trägt uns mehr als
wir davon überzeugt sind. Irgendwie weiß es in uns: Leben ist
keine Strafe, sondern Anlauf; Lieben hier ist Vorfreude, Tod befreit unsern
Geist. Nicht Schattenland kommt auf uns zu, sondern Kraft und Herrlichkeit,
intensivstes Lebendigsein.
Darum lasst uns mit unserer kleinen Freudekraft
feiern. Unsere Verfeindungsenergie soll schrumpfen, unsere Befreundungslust
soll wachsen. Stehen wir doch auf, machen ein Fest los, klein oder groß,
ein Fest der Liebe und des Lachens. "Der Tod ist verschlungen in den Sieg"
- das Wort, bläst die Schwachheit weg und Trompeten des Lichts erwecken
uns auf. Fröhlich Ostern uns allen!