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Traugott Giesen Kolumne 24.11.2001 aus "Die Welt" Ausgabe Hamburg

Wo sind unsere Toten?

"Kommt nicht so oft zum Grab, wir sind nicht hier", soll meine Großmutter gesagt haben. Beruhigend zu wissen, dass sie für sich mehr erwarteten als Moder und Staub. Auch wollten sie keinen Ahnenkult, was ihre Kinder freisprach und ihre Enkel dazu.

Und doch ist ein Grab ein Segen. Ich kann an den Ort treten, wo deren Irdisches zur Erde kam und wieder zur Erde wurde. Kein Mensch würde Luthers oder Goethes Grab einebnen, da soll es mir doch Ehre sein, die Gräber meiner allernächsten Herkunft zu erhalten. Wenn ich am Grabe von Nächsten stehe, gehen mir Gedanken des Friedens durchs Gemüt. Es überströmt mich eine Getrostheit, die ist nicht von dieser Welt. An Gräbern auch mir Unbekannter bin ich mit den Gegangenen in einer Reihe. Ich merke dann eine Güte, die mich und sie umfängt.

Wohin sie gegangen sind, darüber denke ich oft nach. In ein Haus von Licht oder nach Anderland, wo Fried und Freude lacht. Die Gegend ist hier nicht lokalisierbar, entsprechend sagte Paul Klee: "Diesseits bin ich gar nicht fassbar." Die uns starben, starben höchstens uns, aber nicht dem Leben. Sie wurden nur versetzt - vielleicht ist die Erdenzeit die Schule fürs Ewige, wohin wir dann entlassen und heimgeholt werden.

Sie sind im Sterben nach vorn katapultiert, sind in der Zukunft. Darum wohl sind wir Hinterbliebene, weil sie schon am Ziel sind, während wir noch auf der Strecke sind. Es ist ein Hecheln und Kämpfen um aller Menschen Leben vom Mutterleib an. "Wenn es köstlich gewesen ist, ist es Mühe und Arbeit gewesen, denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon", so Psalm 90. Wir werden in den irdischen Tagen nicht gesättigt in unserem Hunger nach Liebe und Gutsein. Alle sterben wir unabgefunden in unserer Sehnsucht. Schon dies Ausgestrecktsein, dies "alle Lust will Ewigkeit" hat das Versprechen auf Erfüllung in sich, wie ja Durst ohne die Existenz von Wasser schlicht unmöglich wäre.

Unsere Sehnsucht nach Gott spricht dafür, dass Gott ist. Unser Wünschen, dass unsere Toten in ewige Liebe gehüllt sind, spricht dafür, dass sie im Frieden sind. Wenn wir mit Gottes Augen sehen, werden wir uns erkennen, wie wir schon von immer her gemeint waren - heil, wie wir uns für Sternstunden auf Erden schon glückten.

Unsere Toten sind in unsern Genen, unserm Gedenken. In den Worten, der Musik, in allem Wissen sind auch die, die vor uns den Sachen die Namen gaben, die Töne setzen und das Wissen aus den Tiefen förderten. Aber die Toten sind vor allem uns voraus.

Es kann ein Mensch viele von seinen Gliedern verlieren, deswegen bleibt er doch und kann sagen: Ich bin. Es kann der Mensch seinen Leib verlieren, "den Reisesack des Lebens" (R. Musil) - und doch wird er gerufen und findet sich vor Gott; der sagt: "Du bist mein". Und das macht uns gewiss unsterblich. Also weiß deine Toten in guten Händen und du, mach dein Glück, lebe, liebe, lache gut, teil Deins mit Freuden.


 




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