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Traugott Giesen Kolumne 17.06.2000 aus "Die Welt" Ausgabe Hamburg

Trauer um die Polizisten � sie starben, damit wir leben

Ein Menschenleben auslöschen, ist eigentlich unmöglich. Es beraubt diesen Mitmenschen seines Lachens, Liebens, seines Leidens, nimmt ihm alle Zeit, wachsen zu können. Morden vergreift sich an fremdem Leben. Nicht mal das eigene Leben ist, recht betrachtet, eigener Besitz, sondern ist anvertraut und zugemutet dieser Person; die Person ist, weil durch sie hindurchtönt (lat: personare) das, der Ewiggültige.
Dem Ewigen ist dieser Mensch einmalig wunderbar.
Seine Eltern haben ihn ins Dasein getragen, haben um ihn gesorgt, ihn erzogen. Und der Mensch hat gelernt, hat einen Beruf übernommen, den wir alle brauchen. Und er hat selbst geliebt, ist geliebt worden, mit Inbrunst und Hingabe, war die Mitte seiner Familie, seiner Freunde, war guter Nachbar, war geliebter Mann oder geliebte Frau � und darf nicht mehr leben. Darf nicht mehr alt werden, weil einer ihn ermordete.
Die Drei waren im Dienst, richteten Gemeinschaftsdienliches aus. Sie mussten annehmen, es auch im Namen dessen zu tun, der eben noch ein Bürger unter anderen schien, auch Steuern zahlte, auch Polizisten brauchte. Und dann riss er sie von uns. Und sich dazu.
Alle, die das hören, halten den Atem an, sind verzweifelt � wie sollen die Angehörigen weiter? Und wie verrückt sind wir denn, weit weggerückt vom normalen Mitmenschsein, wenn dies monströse Verbrechen bei uns, neben uns passiert?
Und kann das jedem passieren, so von Sinnen zu kommen? Kann einen auf einmal das Verlangen überfallen, Monstrum zu werden? Hat keiner geahnt, welches Dynamit, welcher Kampfstoff in ihm sich gehäuft hat? Können in uns böse Wünsche sich dermassen klumpen, dass wir alles Gewesene vernichten und andere noch mit in den Untergang ziehen?
Kann aus jedem von uns durch einige Klicks im Gehirn so viel Unheil entstehen? Wenn wir uns mit störrischer Verweigerung schützen und mit Überheblichkeit bewaffnen, ist schon Alarm fällig. Und wann lädt Gewährenlassen ein zu Brutalität?
Die Polizei hilft, dass wir uns zu einem sozialen Mindestmass durchringen, wenn nicht aus Einsicht, dann aus Angst vor Strafe. Wer sich für eine eigene Privatarmee erklärt und niedermäht den, der ihn nicht fördert � vor dem müssen die andern sich in Sicherheit bringen. Polizisten, Polizistinnen sind Beschützer. Wir werden uns nicht gerade bedanken, wenn sie uns dabei erwischen, wie wir unsere Bosheit in kleinen Regelwidrigkeiten abfliessen lassen. Aber wir werden sie doch anerkennen und ab heute neu Respekt ihnen bekunden für den Kampf um gelingende Gesellschaft. Da stehen sie in vorderster Front, da, wo Gewalttätige entwaffnet werden und viel Morden und Rauben verhütet wird.
Sie hätten gern noch gelebt, sie wären gerne alt geworden. Sie sind umgebracht worden im Dienst für unsere Sicherheit. Sie starben, damit wir sicher leben.
 


 




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