L e b e n s m u t
 
Herzlich willkommen auf der Homepage von Traugott Giesen, ehem. Pastor in Keitum auf Sylt!

Aktuelles

Predigten
Kolumnen
Bibelenergie
Tägliche Losung
Gastpredigten
 

Archiv

Nachhören
Archiv Predigten
Archiv Kolumnen
Themenverzeichnis
Weitere Texte
Bibelstellen
Aufgelesenes
 

Informationen

Bücher
Links
 

Kontakt
Emailkontakt
Webmaster
Gästebuch
Impressum

Besucher seit
12.03.2001
0001093
Predigt 23. Oktober 1994

Keitumer Predigten Traugott Giesen 23.10.1994

Schicksal oder Zufall, - ein Blatt im Wind? - Lauf, Forrest, lauf!

Hier unterm Schiffsbalken mit diesem herrlichen Machtwort wurdet Ihr eingesegnet. 50,51 Jahre habt ihr damit gelebt: �Gott ist alle Energie und alle Liebe�.

Ihr seid geprägt von dieser Gewissheit. Auch wenn ihr selten zur Kirche kamt, habt ihr doch mit ihrem Schatz gelebt. Wie Hinnak- den traf der Pastor auf dem Feld. Tag Hinnak- warst lang nicht zur Kirche. Aber ich bete auch hier draußen. Ja was betest du denn: Ach Gott, du kennst ja deinen Hinnak.-

Schwestern und Br�der, das f�r mich aufregendste �denn� steht im Brief des Paulus an die Philipper im 2. Kapitel: Schaffet, da� ihr selig werdet mit Furcht und Zittern, denn Gott ist es, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen nach seinem Wohlgefallen.

Selig werden, gl�cklich werden mit weitem Horizont, schaff das, m�h dich, schufte, denk nach, k�mpf um deine Person mit Furcht und Zittern, also bis zur letzten Konsequenz. Alles steht auf dem Spiel, sogar ewiges Leben. Schaffe, schufte, k�mpfe um deinen Seelenfrieden, denn, also weil Gott in dir Wollen und Vollbringen bewirkt. Also weil alles Schaffen Schicksal ist nach Gottes Plan und Gefallen. Weil alles Schicksal ist, darum schufte, als w�re alles nur in deiner Hand.

Man h�lt es im Kopf nicht aus, aber wahrscheinlich h�lt es uns aus und ist das Geheimnis unseres Lebens. Nicht M�he oder Schicksal, nicht Vernunft oder Gnade, sondern M�he und Gl�ck:

Weil alles bestimmt ist, k�mpf mit h�chster Vernunft. Weil alles Gnade ist, m�h dich.

Forrest Gump - ein zauberhafter Film. Forrest Gump - das ist das Schicksal eines Menschen, eines Jungen, der mit Kinderl�hmung losgeht, das Leben angeht und eine Freundin findet, die, als die Jungen hinter ihm herhetzen, schreit: Lauf, Forrest, lauf! Und er l�uft, l�uft mit seinen Schienen, bis die Schienen zersplittern und er schneller ist als die Jungen.

Ein zauberhafter Film. Und in diesem Film fragt Forrest Gump: Ist alles Schicksal? Oder sind wir Bl�tter im Wind? Und er sagt: Vielleicht sind wir beides.

Bete, als h�lfe kein Arbeiten, und arbeite, als h�lfe kein Beten. Es ist ein Thema, was wir nicht zu Ende bringen. Schicksal, Bestimmung, Geschichte, die geschichtet wird oder Zufall, Berechnung, Arbeit, Flei�? Schicksal also Gottes Erfindung, die unser Suchen und Machen und Finden mit einschlie�t, z.B. unser Elternsein?

Ist es Schicksal, da� wir Eltern sind? Oder umgekehrt: Ist es Schicksal, Kind gewesen zu sein bei diesen Eltern? Ist das Schicksal gewesen? Ja! Und trotzdem: dieses Schicksal haben doch wir Eltern mit bewirkt, haben es mit getan. Mindestens dadurch, da� wir uns ein Kind w�nschten, da� wir es nicht verhindert haben, ist es doch mit gekommen. Also Gottes Schicksalskraft benutzt unser Machen, unser Tun mit.

Kinder, ja, mindestens latent m��ten sie doch gewollt sein, irgendwie, selten gezielt. Wir glauben sie als Gottes Kinder. Das ist das starke Symbol der Taufe: Gottes Kinder, und wir sind die - soll ich sagen Leihm�tter, Leihv�ter? Das Wort ist verdorben, aber ihr wi�t, was gemeint ist. Nicht wir vollbringen es, sondern wir werden vollbracht als die, die erziehen. Wir werden schwanger, wir machen nicht schwanger. Wir werden Vater und Mutter, bringen auf die Welt. Schicksal ist das eine und unser Tun dazu das andere. Und blinde Natur f�gt sich ineinander.

Ein anderes Beispiel: Die Bundestagswahl vom letzten Sonntag, Schicksal und Menschenwille. Wir w�hlten oder gingen nicht zur Wahl und w�hlten so auch. Doch dies Ergebnis, kam es zustande, weil es so sein sollte, oder weil es so sein soll, wie es kommt? W�hlten wir in dem Sinne: wir packten nur Gottes Willen aus? Produzierten wir Gottes Willen? Wollte Gott dies Ergebnis, und darum w�hlten wir so?

Oder ist Geschichte genau dieses wunderbare Machwerk aus Gottes Willen und unserer menschlichen Freiheit, ein Netz des Willens Gottes, wo auch unsere Menschenwillen die F�den sind, mit denen Gott kn�pft inclusiv unserer Freiheit? Dein Leben, mein Leben, dein Beruf, deine Bindungen, deine k�rperliche Konstitution, dein Gem�t - Schicksal? Wieviel Schicksal? Viel mehr Schicksal als doch Erziehung. Auch Erziehung als Schicksal, die Mutter als Schicksal.

Sterben wir, du und ich, wenn es bestimmt ist? Es ist bestimmt in Gottes Rat, da� jeder Mensch sein Leben hat und mu� scheiden. Wir glauben doch, da� Gott Tag und Stunde wei�. Glauben wir es? Es r�hrt an die tiefsten Wurzeln unseres Glaubens. Im Lied "Ich steh an deiner Krippe hier", gibt es einen Vers, der hei�t: Eh ich noch nicht geboren war, da warst du mir geboren und gabst dich mir zu eigen gar, eh ich dich hab erkoren.- Also Gott wei� von mir, ehe ich bin. Und wenn Gott von mir wei�, bevor ich in die Chromosomen gef�llt werde, dann wei� er doch auch, bevor ich sterbe, da� ich komme. Nur, warum h�re ich denn auf zu rauchen, wo ich doch so gerne geraucht habe? Benutzt jetzt Gott mein endlich Klugwerden, um seinen Willen zu erf�llen? Kann Gott ohne mein Klugwerden seinen Willen nicht erf�llen? Es r�hrt an die tiefen Schichten unseres Lebens. Ich wei� nur eins: Gott wei�. Und was wir wahrnehmen vom Willen Gottes... Garl Gustav Jung hat einmal gesagt: Wir wissen weniger von Gott als eine Ameise vom Britischen Museum. Das soll nicht zum Lachen sein. Es ist nicht wichtig, da� unser Glauben, unser Machen, unser Leisten uns tr�gt, sondern da� wir getragen werden. Da� Gott an uns glaubt, das ist die St�rke unseres Glaubens. Wir brauchen keinen starken Glauben, wir brauchen einen starken Gott, einen Gott, von dem wir glauben, da� er noch mit unserem Schwachsinn fertig wird und mit unserer S�nde.

Also: Mein Verzicht aufs Rauchen und meine Fahrt�chtigkeit sind Bestandteil des Willens Gottes. Dennoch garantiert gesundes Leben nicht Altwerden und sorgf�ltiges Autofahren nicht, da� ich ohne Unfall bleibe. Schicksal, mein M�hen, meine Sorgen inklusive!!

Aber da� ich Kain werde oder Abel, in Indien geboren werde oder auf Sylt, Mann oder Frau, schwarz oder wei�, soviel ist bestimmt. Alles was ist, ist bestimmt. Doch was wird, ist eine Mischung aus Gottes Willen und Menschenwillen.

Meins ist: schaffet, da� ihr's gut macht.
Gott bewirkt Vollbringen.

Ich finde darin den wunderbaren Trost, Freispruch und Trost zugleich. Freispruch, weil Gott uns Luft l��t zu schaffen. Und in dem Wort �Wir sind die Kinder Gottes, die Erben seiner Verhei�ung, wir sind die Teilhaber an seinem Sch�pferdasein� macht er uns zu den Inhabern dieser Welt, zu denen, die die Welt nutzen d�rfen. Das �Macht sie euch untertan� das klingt so herrisch; besser: "Nehmt sie doch in Gebrauch". Nehmt die Erde in Gebrauch und nutzt den Acker und die Felder und das Wasser und die Natur, nutzt sie. Das ist der Freispruch. Und gleichzeitig ein gro�er Trost, weil ich letztlich Gottes Medium bin. Denn Gott ist es, der in euch ausrichtet Wollen und Vollbringen. Also sind wir Gottes Werkzeuge, Medien. Darum bin ich letztlich nicht allein schuld an dem, was ich falsch mache. Gott nimmt mich auf seine Kappe. Das steckt da drin.

Gott schafft, darum schufte und tue. Da kommt sogar Luther zu dem Satz: Tue so viel Gutes wie m�glich und s�ndige tapfer drauflos dabei. Mit dem S�ndigen kommt Gott klar, wenn wir unser Quantum Gutes tun. Vulg�r gesagt: Nicht die flei�igen Teufel sind Gottes Problem, sondern die faulen Engel. Will sagen: Gott baut aus unseren Aktivit�ten und aus der wunderbaren blinden Natur seine Geschichte. Und das bringt Freispruch und Trost und auch ein St�ck Demut bei uns. Ich kann nichts f�r meine Begabungen, und ich sollte auch aus meinen Begabungen nicht zuviel Beifall und Einkommen und Privilegien f�r mich ziehen. Klar, schaffen k�nnen ist herrlich und wunderbar und wichtig, aber ich bin nur zust�ndig im Rahmen dieser Begabung, im Rahmen meines Wissens, was mir anvertraut wird. Und das ist auch Last und M�he und Strapaze.

Vielleicht ist es richtig, da� wir so glauben: Jedem ist es sein Schicksal, im Rahmen seiner Begabungen und seines Wissens zu leben und mit seinem Gem�t auszukommen. Denn es ist Schicksal, mein Gem�t.

Der dich erh�lt, wie es dir selber gef�llt. Da� Gott uns so erh�lt, wie wir es selber letztlich gerne haben, das ist ein Trumpf, von dem Gott hofft, da� wir ihn letztlich abliefern.

Zwischendurch werden wir krank, zwischendurch vergessen wir, da� Gott uns liebt. Aber "denen, die Gott lieben, m�ssen alle Dinge zum Besten dienen", ein Wort des Paulus. Und das klingt wie eine eherne Bestimmung: Alles Geschehen dient dir und bedient dich, der du Gott liebst. Nicht weil du Gott liebst, sondern weil du Gott glaubst, wirst du vom Leben bedient. Krankheit bleibt nat�rlich Einschr�nkung, bleibt M�hsal. Und es gibt Einschr�nkungen, die sind so nah am Sterben, sind Vorgriff, sind �bung f�rs Sterben. Und es gibt keine verpflichtenden Muster: so oder so mu�t du deine Krankheit denken, ob Schicksal oder Zufall. Ich kann aber nur f�r mich sagen: Ich w�re lieber in Gottes Hand als in Hand blinder Viren. Ich will vielmehr die Viren als Geschick, als mir geschickt annehmen. Und trotzdem will ich nicht glauben, da� Gott mir Viren schickt. Das ist genau das Dilemma, in dem unser Glaube lebt: Ich will nicht denken, da� eine hohe Stelle Besch�digungen schickt, schon gar nicht Strafen. Will aber glauben, da� Gesundheit Geschenk ist. Wenn ich glaube, da� Gesundheit Geschenk ist, ist der Schenker doch auch zust�ndig f�r Mangel an Gesundheit. Aber es mu� kein Widerspruch sein, nur f�r unsere Logik, die immer nur ja/nein, ja/nein, entweder/oder wei�, ist es ein Widerspruch.

Gott ist das Lebendige am Leben. Gott ist der, der vom B�sen erl�st. Gott ist die Liebe, die neu macht, sch�n macht. Gott ist der, der hilft, dich anzunehmen. Wir bleiben immer die Geliebten seiner Liebe, auch wenn uns sein Lieben eben jetzt nicht erreichen kann. Durch unser Hassen und �ngsten entziehen wir uns dem Frieden Gottes. Durch Jagen und Hetzen �berfahren wir den behutsamen Freudegeber Gott. Durch Furcht vor Altwerden und Kleinwerden - nicht mehr Verf�genk�nnen, das ist unsere schlimmste Furcht - machen wir den Tod zu einer gottfernen Zone. Nur weil wir uns so sportlich und aktiv und attraktiv und erfolgreich wollen, halten wir Leid und Schmerz f�r gottverlassene W�ste.

Aber es gibt doch Zeugen eines anderen Lebens, die bezeugen, wie sie auf dem Grund des Leidens Gott getroffen haben. Wie sie geflucht und Gott gestrichen hatten aus ihrem Leben, aber tiefer sinkend in Schweigen und Verlassenheit, sehen sie sich in fester Hand geborgen. Und ein Glutkern Gewi�heit innen leuchtet ihnen; sie erfahren den Gang des Jesus von Karfreitag bis Ostern noch einmal; sie singen ihr �Auferstanden aus Ruinen�. Und im Forrest Gump - Film, da rettet Forrest einen Leutnant aus dem Flammenmeer. Ohne Beine verflucht dieser Leutnant den Retter im Hospital und Gott und alle. Er wu�te nichts anderes als K�mpfen und Held werden, und nun mu� er ohne Beine weiterleben. Und Jahre sp�ter treibt der Shrimps-Kutter von Forrest im Taifun, und der Leutnant ohne Beine oben im Mast kommandiert das Schiff und bringt dieses Schiff durch den Taifun, und alle anderen wurden im sicheren Hafen durch den Sturm zerst�rt. Nur Forrest und der Leutnant haben �berlebt, werden Million�re und legen ihr Geld an in einer Obst-Firma "Apple-Computer" - er hat das gar nicht so richtig mitgekriegt. Sp�ter, der Leutnant auf neuen F��en, klopft mit seinem Stock an seine neuen Fu�st�tzen: "Titan, Titan - Raumfahrt" und dankt Forrest und Gott f�r die Rettung von damals, will sagen, im Karfreitag wissen wir nicht Ostern, aber wegen dieses Modellmenschen Jesus wissen wir, da� Ostern, die Auferstehung naht, mitten durch den Karfreitag hindurch. Und diese Zeugen einer anderen Lebensart, die m��ten wir uns mehr aufsp�ren und mehr bewahren.

Die Bibel ist voller Rettungsgeschichten und ist doch nur ein beleuchteter Ausschnitt des gro�en Lebens. Deine, meine Rettungsgeschichten geh�ren mit dazu. Und die leuchtenden Antlitze derer, die uns starben, die uns ein Signal noch gaben, da� alles K�mpfen von ihnen abgefallen ist, und die im Haus von Licht sind, die geh�ren doch auch mit zu den Rettungsgeschichten.

Ich m�chte an Bestimmung glauben in unser aller Leben. Eine Berufung hat jeder Mensch, er mu� sie nur h�ren. Und solange er sie nicht h�rt, solange er nicht h�rt, was sein Auftrag ist, ist es seine Bestimmung, sie zu suchen. Und wir sind bestimmt, unsere Begabungen ins Leben auszugeben, bis wir von Gott zur�ckgenommen werden. Das hei�t nicht, da� wir hier nur abspulen, was l�ngst bestimmt ist; wir stellen nicht nach, was ein ewiges Drehbuch l�ngst beschlossen hat. Mit dem uns einger�umten Spielraum an Freiheit und Lust und Schuld schreiben wir an unserem Drehbuch mit und damit an dem Drehbuch der Welt und damit auch an Gottes eigenem Drehbuch. Paulus sagt das einmal so: Wir sind Gottes Bauleute und Gottes Bau in einem (1. Ko 3,9).

Als Eltern zeugen wir Gottes Kinder, als B�rger w�hlen wir Gottes Regierung, als Polizisten h�ten wir den Raum der Freiheit, der uns von Gott einger�umt ist, als Krankenschwester sind wir die Balsamkr�fte den Geschundenen, geben Gottes Liebe Hand und Fu�, als Kaufleute vermitteln wir n�tige, n�tzliche, sch�ne Dinge, als Pastoren lassen wir uns finden vom kl�renden tr�stenden Wort.

In allem gilt: Schaffet, da� ihr selig werdet mit M�hen, denn Gott richtet das Vollbringen in euch aus. Betet, aber fahrt fort, ans Ufer zu rudern, damit ihr ankommt. Pflanzen begie�en ist unsere Sache, Gottes Sache ist das Gedeihen - Gott ist das Gedeihen (1 Ko 3, 7).

Amen


 




Service

Startseite
Druckvorschau

Presse-Feed EKD

© 1996-2024 Evangelische Kirche in Deutschland
Weitere News...  

 
Online 1