L e b e n s m u t
 
Herzlich willkommen auf der Homepage von Traugott Giesen, ehem. Pastor in Keitum auf Sylt!

Aktuelles

Predigten
Kolumnen
Bibelenergie
Tägliche Losung
Gastpredigten
 

Archiv

Nachhören
Archiv Predigten
Archiv Kolumnen
Themenverzeichnis
Weitere Texte
Bibelstellen
Aufgelesenes
 

Informationen

Bücher
Links
 

Kontakt
Emailkontakt
Webmaster
Gästebuch
Impressum

Besucher seit
12.03.2001
0964550
Predigt 22. August 2004

Keitumer Predigten Traugott Giesen 22.08.2004

Kains Brudermord

1. Mose 4,1-16

Und Adam erkannte sein Weib, und sie ward schwanger und gebar den Kain und sie jauchzte: ich habe einen Mann gewonnen mit Hilfe Gottes. Danach gebar sie Abel, seinen Bruder. Und Abel wurde ein Schäfer, Kain aber wurde ein Ackermann. Es begab sich aber nach etlicher Zeit, dass Kain dem HERRN Opfer brachte von den Früchten des Feldes. Und auch Abel brachte von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fett. Und der HERR sah gnädig an Abel und sein Opfer, aber Kain und sein Opfer sah er nicht gnädig an. Da ergrimmte Kain sehr und senkte finster seinen Blick. Da sprach der HERR zu Kain: Warum ergrimmst du? Und warum senkst du deinen Blick? Ist's nicht also? Wenn du fromm bist, so kannst du frei den Blick erheben. Bist du aber nicht fromm, so lauert die Sünde vor der Tür, und nach dir hat sie Verlangen; du aber herrsche über sie. Und Kain sprach zu seinem Bruder: Lass uns aufs Feld gehen! Und es begab sich, als sie auf dem Felde waren, erhob sich Kain wider seinen Bruder Abel und schlug ihn tot. Da sprach der HERR zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Er sprach: Ich weiß nicht; soll ich meines Bruders Hüter sein? Er aber sprach: Was hast du getan? Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde. Und nun: Verflucht seist du auf der Erde, die ihr Maul hat aufgetan und deines Bruders Blut von deinen Händen empfangen. Wenn du den Acker bebauen wirst, soll er dir hinfort seinen Ertrag nicht geben. Unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden. Kain aber sprach zu dem HERRN: Meine Strafe ist zu schwer, als dass ich sie tragen könnte. Siehe, du treibst mich heute vom Acker, und ich muss mich vor deinem Angesicht verbergen und muss unstet und flüchtig sein auf Erden. So wird mir's gehen, dass mich totschlägt, wer mich findet. Aber der HERR sprach zu ihm: Nein, sondern wer Kain totschlägt, das soll siebenfältig gerächt werden. Und der HERR machte ein Zeichen an Kain, dass ihn niemand erschlüge, der ihn fände.So ging Kain hinweg von dem Angesicht des HERRN und wohnte im Lande Nod, jenseits von Eden, gegen Osten.

In der dritten Konfirmandenstunde reichten wir so tief in den Brunnen der Vergangenheit, wir rührten an die Säulen des menschlichen Denkgebäudes. Eigentlich wollten wir nur mal die Liturgie durchgehen, damit der frische Jahrgang bald Heimatgefühle im Gottesdienst hat- wir stießen aufs Glaubensbekenntnis. Jeder sollte die Zeile suchen, die ihn anrührt. Ein Junge sagte sofort: „Er wird kommen zu richten, die Lebendigen und die Toten.“ -Nach welchem Maßstab wird das sein? Warum sind die einen böse, und die anderen anscheinend bessere Menschen? Wer hat Hitler so böse gemacht? Und daß alles Böse was in der deutschen Geschichte nach oben trieb und ihn mästete, ist ja auch der Andern Schuld.. Ich erzählte, dass zur Zeit von Hitlers Kindheit der blonde Mensch Idealbild war, Hitler nun aber wirklich nicht blond war, und in ihm keimte die Angst, dass sein Vater, sein ihm unbekannter Erzeuger, ein Mann jüdischer Herkunft sein könnte. Das entschuldigt nichts an Hitlers mörderischer Ausrottung, aber der dunkle Kern seiner innersten Abneigung lag in seiner biographischen Angst. Ebenso hat die Anordnung der Vernichtung der Millionen am Geist Kranken- einen biographischen Kernschatten: Er war mit Tanten großgeworden , für deren Behinderung er sich schämte, und deren Existenz verbarg und verneinte er vor seinen Freunden. - Wäre Hitler in einem Haus großgeworden, wo man liebevoll mit Behinderung umzugehen wusste- wäre seine Menschenverachtung nicht so entflammt.-

Und nahezu alle Sexualstraftäter sind als Kinder selbst missbraucht worden. Ist das so: Keiner ist freiwillig böse, bös wird man gemacht? Wir behaupten den freien Willen? Aber wenn uns ein Geschwister ärgert? Frei, nicht zurückzuschlagen, sind wir nur begrenzt. Der enge Rahmen für Freiheit und Verzicht ist uns doch mitgegeben - Und wer ist letztlich zuständig , für Erbgut und Erziehung, für Umwelt und Vorbild und Grips im Kopf und Grausamkeit, wer zuständig für die Keile, die in die Menschheit getrieben sind ?- Das alles klang an, in leichterer Sprache, mit den Konfirmanden in einer Stunde- „Laßt uns mal die Geschichte lesen von Kain und Abel“, sagte ich zu den Konfirmanden, und griff die bereitliegenden Bibeln. Aber da war die Stunde um. Und jetzt sind wir hier –

Die uralte Geschichte des ersten Mordes der Menschheit –sie weiß was von unsern Zerrissenheiten und den Keilen zwischen uns. Die Geschichte beginnt mit Jauchzen: Die Mutter alles Lebendigen- so der Name Eva, feiert die Geburt ihres ersten Kindes: „Ich habe einen Mann gewonnen mit Hilfe des Herrn:“- Abgründe in der Menschenseele sind hier aufgerissen: : Zuerst: Adam erkannte sein Weib- erkennen -das wohl innigste Wort für „miteinander schlafen“- wir würden heute gleichberechtigt sagen, sie erkannten einander- sie nahmen sich im Tiefsten wahr- ist das gemeint? Ohne einander weiß man nicht, wer man ist. Doch die Frau feiert die Geburt, dankt Gott, sieht ihn als Helfer, als Beschaffer des Kindes. Danach gebar sie Abel,.- Von Dank da nicht mehr extra die Rede. –

Der erste Keil in der Menschheit: Mann- Frau- vielleicht wirklich ein Gebärneid der Männer, die Frau als der Schöpfungspartner Gottes, sie erlebt ihre Beteiligung an der neuen Schöpfung jedenfalls deutlicher -und schmerzlicher. „Ich habe einen Mann gewonnen“, jauchzt Eva- das riecht nach rivalität von Vater und sohnum die Mutter. „Gewonnen mit Hilfe des Herrn“- Sie erlebt sich als Schöpferin, Gott als ihren Helfer. Der Mann zwar körperlich stärker, kann Nähe erzwingen, aber hat eigentlich nur Entfremdung davon.

Der zweite Keil: Geschwisterrivalität- In den Augen der Mutter Bevorzugung und damit einhergehend: Hintanstellung der Anderen.- Erstgeborene und Nächste, Mädchen oder Junge. Der Jüngste gegen den Rest. Viele Varianten des Keiles Geschwisterfeindschaft. Und der dritte Keil: Abel wurde Schäfer, Kain ein Ackersmann- verschieden leben sie, verschieden ernähren sie sich, die Viehzüchter wandern mit ihren Herden, wo diese zu fressen haben und Wasser- da zelten sie. Der Bauer bleibt auf seiner Scholle, behauptet, es sei sein Land, weil er es bearbeitet hat. Ohne die Gewißheit, Zugriff zu haben auf die erst in Monaten reife Erne, wie sollte er seine Kraft einsetzen. Er braucht die Sicherheit der Immobilie, dagegen des Nomaden Besitz, das Vieh, ist mobil.. Die Nomaden ziehen über die Felder der Bauern, lassen Dung da, aber halten sich nicht an die Erntezeiten; die Bauern zäunen die Wasserstellen ein, erbitterte Fehden sind die Folge.

Der dritte Keil der Menschheit: die wirtschaftliche Konkurrenz. Doch diese Keile erklären nicht die Tiefe des Risses, der sich auftut, wenn Bruder dem Bruder ans Leben geht. Wenn die aus dem selben Leib gekrochen sind, so zerfallen, dann ist ein Keil höherer Mächte zwischen sie gefahren. Sie sind mit dem Ewigen , dem Heiligen nicht im Reinen. wir sind auch Teil der Menschheit, deren Geschichte jenseits von Eden geschieht - da ist man nicht mehr mit Gott im Garten; der ist verloren gegangen- bzw steht als vages Hoffnungsbild vor uns. Noch gilt die Mühsal, die Brut hochzukriegen, und die Mühe einigermaßen Frieden zu haben im Haus und die Mühe , „im Schweiße deines Angesichtes dein Brot zu essen bis du wieder zur Erde fährst“. Gott ist uns hinter einer Flammenwand verborgen aus Leisten und Sorgen. Gut, Dank zu opfern für gelungene Ernte; Es ist ein Fest wert, wieder Ernte für ein Jahr bergen zu können. Eigentlich steht uns nicht mehr zu als Die Bitte „Unser tägliches Brot gib uns heute“ – Wenn dann die Jahresernte gelang, ist selbstverständlich der Dank und die Dankgabe- Kirchensteuer als Erntedank- schon mal so gedacht??- nur in Klammern- Noch opfern die beiden Brüder zusammen , jeder von Seinem. „Und der Herr sah, gnädig an Abel und sein Opfer, aber Kain und sein Opfer sah er nicht gnädig an“- Da ist in einem Satz der Fels, der Keil, der die Menschheit entscheidend sprengt: Nicht nur, dass Kain etwa sein qualmendes Feuer deutet, als lehne Gott sein Opfer ab- nicht nur steht da, Kain argwöhnt: ja Abels Rauchsäule scheint dem Herrn zu gefallen- Nein , ganz blutend scharf steht da: „ Der Herr sah gnädig an Abel und sein Opfer, aber Kain und sein Opfer sah er nicht gnädig an.“ Wenn dieser Bibelssatz die Wahrheit wäre, dann triebe Gott den tiefsten Keil selber in die Menschheit: Nämlich die einen sieht er gnädig an ,liebevoll, freundschaftlich- die andern mit kalten Augen. Aber das ist doch die Maske des noch verborgenen Gottes, des nicht von Christus kenntlich gemachten Vater-Gottes.

Tatsächlich: Im Alten Testament steht mehr von unserer Herkunft, im Neuen von unserer zukunft. Im Alten Testament ist Gott erst geahnt, und da hat er noch gewalttätige, zornige Seiten- und der Mensch ist rivalisch: Josef und seine Brüder, Mose und der Pharao, David und Saul; Elia und Isebel; Daniel und Beelsazar; das Alte Testament ist voller Gegensatzpaare. Aber Jesus, von dem Gott sagt: Das ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe“- ,,,eigenartig bei Jesus fällt mir keiner ein, dem zugute Jesus nicht gestorben wäre. Mit Jesu Augen sieht Gott alle gnädig an.- Das ist die Antwort nach welchem Maß das jüngste Gericht gehen wird - und schon jetzt: keine Herabsetzung kann sich mehr auf himmlische Wurzeln berufen.

Kein Volk, kein Mensch, keine Religion, keine Konfession darf sich mehr einschätzen als Auserwählte Gottes und als Besitzer der Wahrheit, während die andern noch in Unwissenheit befangen wären.

Aber in Jedem einzelnen läuft das Ganze mit, in jedem Menschen wiederholt sich die Schöpfungsgeschichte und zielt aufs Reich Gottes. Wir Kommen von Kain und gehen auf Jesus zu- so könnte es sein. Kain weiß, ahnt, sieht sich verachtet. Sieht sich ungeliebt, Er ergrimmt. Gott fährt dem Kain in die Gedanken: Will einen Keil treiben zwischen Kain und seine finsteren Pläne. Er hält Kain nicht für böse, spornt in ihm die Kräfte eines Gotteskämpfers an: „Du, das Böse will dich schnappen, du aber herrsche, beherrsche das Böse“. Kain, wie wir alle, erlebt in sich einen Sturm der Gefühle, er hört Warnung über Warnung. Aber er wird nicht Herr über den Sturm in seinem Inneren- Er will  geliebt werden- aber sein Bruder ist ihm im Wege- er lockt seinen Bruder aufs Feld, die Anziehungskraft einer ungeheuren Versuchung nimmt ihn in Sog, - Das Geliebte, das Bevorzugte ausrotten, dann ist man nicht mehr zweite Wahl. Er tötet ihn. Und beißt so Gott seinen Geliebten weg, Straft Gott für dessen Ungerechtigkeit. –

Seit Jesus wissen wir, dass Gott nicht so ist . Der Paulus verteidigt zwar noch diesen willkürlichen Gott- „Steht nicht einem Töpfer zu, schöne Formen und weniger schöne zu töpfern. Und diese – die „Gefäße seines Zornes“ zu verwerfen? Aber Gott lässt doch gelten alle gleichermaßen, lässt seine sonne scheinen über Böse und Gute, hilft doch, dass die Unterschiede erträglich sind vielleicht sogar bereichernd- die Unterschiede sind nicht als gezielte Begabungen zu deuten, sondern, nun ja, als Farben und Zwischentöne, und jeder Vorteil hat seinen Nachteil bei sich, jedes Schöne sein Schweres, wem viel anvertraut ist, dem wird viel zugemutet(Lukas 12,48)- wir sollen die Unterschiede als Chancen fürs Ganze lesen und nicht als Belohnungen, Bestrafungen eines willkürlichen Gottes. Und wir sollen eine gute Selbstliebe leben und keine schlechte, sollten wirklich uns ohrfeigen für die Sünde der geheimen Abneigung gegen das Mitgeschöpf, das sich seiner selbst freut. Und die Sünde wider den heiligen Geist ist, zu meinen, Gott könne sich gegen dich verschworen haben und die Welt halte überall gegen dich zusammen; und du machst sich dicht gegen heilendes Wort.

In dieser Geschichte steht: Gott sah Abel und sein Opfer gnädig an, Kain und seins nicht“ Das ist noch nicht garantiert die ganze Wahrheit, es ist die Wahrheit dieser Geschichte. Vielleicht die Bevorzugung Abels nur Kains Argwohn. Zum Glück gibt es Zeichen der Gnade auch für Kain in dieser Geschichte.Erstens: Gott redet mit ihm. 2. Ermutigt ihn zum Kampf fürs Gute. 3. „Was hast du getan?“-jedenfalls keine sofortige Vernichtung, eher ein mit Kain Knien beim blutenden Bruder. 4. Ja, eine Verfluchung: Aber Kain bohrt sich in Gott; Zu schwer als dass ich sie tragen könnte ist dein Strafen. „ Und Gott machte einen Schutz, ein Zeichen, dass niemand ihn erschlüge- Keine Todesstrafe dem Mörder- das Leben, auch das Leben des Mörders gehört Gott- damit auf den ersten Seiten der Bibel: Todesstrafe ist keine Möglichkeit. Und wie weiter:

Und Kain erbaute die erste Stadt. Und von ihm stammen die Musikanten und Schmiede- Nicht möglich für einen, den Gott ungnädig ansieht. Und Abel , er hätte gerne noch gelebt. Wie redet er mit Gott? Warum ließest du das Böse zu, dass es so stark ist? Und hast du mich mehr geliebt als Kain? Haben deine Lieblinge auf Erden es schwerer? Die Frage, wer ist letztlich zuständig- auch für das Böse? richtet sich letztlich an Gott. Er gibt dem Mörder sein Zeichen. Gott bleibt zuständig für alles, weil er alles erleidet und vollendet (? ) doch auch, Amen.


 




Service

Startseite
Druckvorschau

Presse-Feed EKD

© 1996-2024 Evangelische Kirche in Deutschland
Weitere News...  

 
Online 4