Predigt 22. Februar 2004
Keitumer Predigten Traugott Giesen
22.02.2004
Urbild Feuer. Der brennende Dornbusch in unsern Herzen
2. Mose 3
Wie erfunden für entschlossenes Abschütteln des Winterschlafes
steht bei den Syltern am 21. Februar das Biike-Brennen an. Und wir waren
dabei, gestern am riesigen Holzhaufen, auch wenn die Keitumer betrübt
den düsteren Holzstoß ungezündet lassen mussten wegen des
aufs Dorf zeigenden Ostwindes. Aber die andern acht Sylter Feuer brannten
ja: Heimattreue Reden wurden gehalten, teils auf friesisch; mit Hingabe gesungen
wurde: Üüs Sölring Lön, dü best üüs
helig, dü blefst üüs ain, dü best üüs Lek-
Unser Sylter Land, du bist uns heilig, du bleibst unser eigen, du bist
unser Glück! Schon recht, wenn auch viele Zugereiste ihre
Herzens-Heimat hier gefunden haben.
Der Ursprung der Biike - von Bake, Feuerzeichen - liegt im Dunkel.
Ursprüngliche Dankbarkeit von uns über das Frühlingserwachen
ist der Grund, die Vorfreude auf das Ende der Eiseskälte wird gefeiert,
oben auf dem Holzberg schwebt eine Puppe, der Winter, der unter Hallo
ausgetrieben wird. Auch wird berichtet, dass die Seeleute am Petritag, dem
22. Februar, aufbrachen zur neuen Fangsaison. So strahlen die großen
Feuer Aufbruch und Ende, Abschied und Neubeginn aus. Aber das Feuer zum Thema
einer Predigt? Ja, weil Feuer zum Menschsein gehört.
Und der Rausch, der Riesenflamme zuzuschauen mit ihren Myriaden Leuchtfunken,
das Prasseln und Glühen, das Hochschlagen der Lohe ist doch noch bei
uns. Der ursprüngliche Schauder vor Feuersbrünsten gehört
zu den Urbildern in uns, ebenso das Wissen von der heilsam gezähmten
Flamme. Lebendig züngeln die Fackeln in der Nacht, das Emporlodern
reißt die Augen mit in die Höhen vor dunklem Himmel. Das Knacken
und Knallen, das Knistern und Flackern , das langsame Herabbrennen bis zur
Weißglut und die ausstrahlende Wärme bieten ein Schauspiel, an
dem man lange sich nicht sattsehen kann. Es ist ein tiefes Behagen dabei,
das Feuer zähmen zu können, zum Spielzeug fast, aber die Feuerwehr
steht in Bereitschaft und ein Versehen, eine plötzliche Winddrehung
kann Schrecken bringen.
Sehnsucht nach Feuer bestimmt uns. Prometheus stiehlt der griechischen Sage
nach den Göttern das Feuer, wird damit der erste Heilige der Menschheit,
er muss furchtbar büßen, aber hat uns Wärme gebracht,
verdauliches Fleisch und die Schmiedekunst für Schmuck und Waffen.
Auch in uns ist Feuer - und wehe wenn nicht. Feuer und Flamme
fürs Leben sein, eben nicht nur hier sein auf Sparflamme, sondern
lichterloh- kein Feuer macht uns mehr an als die Liebe, von der es in der
Bibel heißt, sie ist eine feurige Flamme des HERRN. Der
Heilige Geist setzt uns in Flammen, Kälte und Dunkel entfliehen, Mut
vertreibt die Angst. Es gehe uns ein Licht auf mit und ohne Biike.
Die wohltuende Seite des Feuers ist Licht; die finstere, zerstörerische
Seite des Feuers ist verheerendes Zerstören, die Blitze, das Phosphor
vom Himmel, Hiroshima, Verdursten in Wüsten, Höllenfeuer, wohl
seine Kraft nehmend aus dem brennenden Gewissen.
Das Feuer durfte nicht ausgehen, jeder hatte das Recht, seinen Span am Feuer
anzuzünden. ein Rest davon: die Bitte um Feuer bei Rauchern. Die Hindus
begrüßen das abends ins Zimmer getragene Licht. Die Flamme, die
bei Olympia durch den Brennspiegel vom Himmel geholt wird, damit man sie
durch die Länder hinträgt zum jeweiligen Spielort; dann brennt
es während der Spiele, dann wird es feierlich zum Ende gelöscht.
Das Verbrennen der Leichname am Fluß, das über Feuer Schreiten
derer in Trance. Das Kerzenlicht bei uns, ich hatte auch beim Vordenken eine
an - das Wehen der Flamme über dem dunklen Gastropfen und dem schwarzem
Stiel - ein so lebendiges, bebendes Wesen fast gezähmt, - auf der andern
Seite das jetzt in Turbinen und Atommeilern als Elekrtrizität gebannte
Feuer, hilfreich und erschrecklich.
Hört von dem innerasiatischen Volk der Katsinzen ein Feuergebet: Du,
Feuer, unsere Mutter mit den dreißig Zähnen, Du sorgst für
unsere Tage, Du beschützt uns bei Nacht. Du hilfst uns, den schwarzen
Stahl zu schmieden, den Hunger der Hungrigen zu stillen und die Durchfrorenen
zu wärmen. Ich komme, deinen ausgetrockneten Mund zu erfrischen. Du
spielst im Dämmerlicht, und lässt dein Haar flattern wie eine junge
Frau, Du reitest eine dreijährige rote Stute, Du bist Teilnehmerin der
Plejaden und Gesellschafterin des einen Gottes.
Das passt zu den starken Bildern, die das Feuer in der Bibel ausstrahlt.
Ja, die Flammen des Heiligen Geistes, die uns anfeuern zu einem gottvollen
und geschwisterlichen Denken, beschreiben mir auf schönste Weise das
Leuchtfeuer Heiliger Geist an Pfingsten: Die großen Taten Gottes verstehen,
obwohl jeder in seiner Sprache seine Erfahrung sagt.
Die andere Geschichte vom Feuer, in dem Gott auftaucht, steht im 2.Buch Mose,
3. Kapitel :
Mose wird berufen zum Retter Israels aus dem Knechthaus des Pharaos. Sie
hatten in Ägypten geschuftet an den Pyramiden, und Mose erhält
den Auftrag, das Volk in das Gelobte Land zu führen. Es ging darum,
wer Herr ist: Der ägyptische König oder Gott und ob der Bote Gottes
an seine Berufung glaubt.
Hier 2. Mose 3:
Mose aber hütete die Schafe Jetros, seines Schwiegervaters, des Priesters
in Midian, und trieb die Schafe über die Steppe hinaus und kam an den
Berg Gottes, den Horeb. Und der Engel des HERRN erschien ihm in einer feurigen
Flamme aus dem Dornbusch. Und er sah, dass der Busch im Feuer brannte und
doch nicht verzehrt wurde. Da sprach er: Ich will hingehen und die wundersame
Erscheinung besehen, warum der Busch nicht verbrennt. Als aber der HERR sah,
dass er hinging, um zu sehen, rief Gott ihn aus dem Busch und sprach: Mose,
Mose! Er antwortete: Hier bin ich. Gott sprach: Tritt nicht herzu, zieh deine
Schuhe von deinen Füßen; denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges
Land! Und er sprach weiter: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams,
der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Und Mose verhüllte sein Angesicht;
denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen. Und der HERR sprach: Ich habe
das Elend meines Volks in Ägypten gesehen .... so geh nun hin, ich will
dich zum Pharao senden, damit du mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten
führst.
Mose sprach zu Gott: Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehe und führe
die Israeliten aus Ägypten? Er sprach: Ich will mit dir sein.... Und
das soll dir das Zeichen sein, dass ich dich gesandt habe: Wenn du mein Volk
aus Ägypten geführt hast, werdet ihr Gott opfern auf diesem Berge.
Mose sprach zu Gott: Siehe, wenn ich zu den Israeliten komme und spreche
zu ihnen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt!, und sie mir
sagen werden: Wie ist sein Name?, was soll ich ihnen sagen? Gott sprach zu
Mose: Ich werde für euch da sein, als der, der ich für euch da
sein werde. Und sprach: So sollst du zu den Israeliten sagen: »Ich werde
für euch da sein«, der hat mich zu euch gesandt.
Zunächst war Moses nur ein Schafhirte, doch er erfährt Gott in
einem sprechenden Feuerbrand - kein mißdeutetes Naturereignis, ein
flirrender Busch gegen die tief stehende Sonne oder sowas. Sondern der Gott,
der alles ist, bedient sich eines Dornbusches, um dem Schafsknecht ein riesiges
Gottesbewußtsein aufzustecken. Wie ein Dornbusch brennt und nicht vergeht,
so will ich, höre ich Gott sagen, ich, Betreiber aller Sonnen will in
dir Kerzlein Mensch aufleuchten. Der brennende Busch als das Brennen der
Gottesenergie, in dir Menschlein. Mit wem Gott redet, der zerfällt
nicht zu Staub, sondern ist unsterblich.(nach Luther).
Der Dornbusch, fruchtloses Gesträuch, im Nu runter gebrannt, aber weil
Gott ihn als Lautsprecher benutzt, ist er hochgehalten, wird energievoll
durch den, der aus ihm spricht. Der Mensch von krummem Holz was hält
ihn aufrecht? Was besorgt ihm den aufrechten Gang? Nicht nur Mose scheint
sich zu klein für den großen Auftrag. Wenn wir nicht Gesandte
wären, wie könnten wir das Leben bestehen, Gottes Kinder erziehen,
wie verantworten die großen Maschinen, die gewaltigen Auspressungen
der Natur, das Anrühren des menschlichen Keimmaterials, - muss nicht
uns allen der Lebensschatz zu groß scheinen, die Berufung zum Menschsein
zu riesig?
Das Leben kann uns leicht abfackeln, die Glut der Ereignisse, die Hitze der
Gefühle. Die Flammen der Forderungen können uns schnell verdorren
und zerscheitern lassen, pulverisiert könnte man werden von der Ohnmacht,
wenn nicht der Herr uns retten würde, uns auf seinen Leuchter stellen
würde, uns leuchten machte mit dem Feuer seiner Liebe.
Gott redet durchs Dornbusch-Feuer, aber das Feuer verlischt nicht. Gott redet
durch Mose, ohne ihn zur Sprechpuppe zu machen, und so redet Gott in uns,
ohne dass wir damit verbraucht werden. Wie Gott den brennenden Busch zu mehr
macht, so werden wir mehr, wenn Gott von uns Besitz ergreift, wir werden
nicht ausgebrannt, sondern leuchtend. Wir sind krummes Holz, aber ein Feuer
leuchtet aus uns, das von Gott stammt.
Also Gott sieht Mose an, wie er sehen will - vielleicht ist das die einzige
Gewissheit, die wir bekommen. Gott sieht dich, sieht dich an, gibt dir Ansehen
bei ihm. Von dir gesehen, gehen wir nicht verloren. In deinem Licht sind
wir belichtet. Von dir gesehen, bin ich wer. Psalm 36,10: In deinem Licht
sehen wir das Licht. Dein Ja zu mir, macht mir mein Ja zu mir.
Die Schuhe ausziehen - das Symbol des Barfußgehens, des sich Kleinmachens,
sich Auslieferns, Offenbarungseid, unbewehrte Füße, leere Hände,
- doch auf Gottes Boden stehend, wirst Du bestehen. Aber da sind Zweifel:
der Auftrag zu groß, wer bin ich zu Pharao zu gehen? Wer bin ich, Gottes
Wort auszurichten? Wer bin ich, das Messer des Operateurs zu handhaben, wer
ich, den Bus voll Menschen zu fahren, wer ich, Kinder zu wollen? Mose, du
gehst nicht in deinem Namen. Deiner Menschenfurcht zum Trotze, du gehst in
meinem Namen!
Aber wie das aushalten, wie als Gottes Mund ohne zu vergehen, wie brennender
Dornbusch sein ohne zu verbrennen? Anruf Angst, Auftrag, Zweifel - und nichts
bekommt Mose in die Hand. Die Späteren haben das nicht ausgehalten,
gaben ihm einen Stock in die Hand, der sich zur Schlange verwandelte, gaben
ihm eine Zauberhand, die wahlweise aussätzig aussah und alabastern.
Aber Gott gibt ihm nur die eine Verheißung: Und das soll dir das Zeichen
sein, dass ich dich gesandt habe: Wenn du mein Volk aus Ägypten
geführt hast, werdet ihr Gott opfern auf diesem Berge. Das Zeichen ist
vorne. Nichts in der Tasche, sondern du auf dem Weg, und die Mühen
fügen sich zum Weg. Du wirst es sehen. Du wirst danken. Sich darauf
einlassen: Stell dich hin als Pastor, du wirst danken, werde Vater Mutter,
du wirst mir noch danken. Geh an deine Arbeit, du wirst mir noch danken.
Das Auf-den-Weg-geschickt-sein, jeden Morgen neu, das macht die Kraft, brennender
Dornbusch, nicht aus eigener Kraft, sondern aus der Energie, die Gott ist.
Wie ist dein Name? Ja, Gott der Väter, Mütter- aber was ist dein
Name: Ich bin bei dir. Das ist mein Name. Ich bin bei euch: Als
ein Feuer, das nie verlischt, das erleuchtet, wärmt, umschmelzt, Schwerter
zu Pflugscharen; steinerne zu fleischernen Herzen.
Christus: Ich bin gekommen, ein Feuer anzuzünden auf Erden, was wollte
ich lieber, es brennete schon (Lukas 12,49) Es ist das Feuer der Liebe, dieser
Schmelzprozess, der die Widerstände langsam verflüssigt, und sie
können neue Form annehmen. Menschen können einig werden,
himmlischerweise auch Einswerden, hier zeitweise. Wir dürfen uns wissen
als Kinder des Lichtes: erleuchtet, befeuert, durchlässig für
Güte, ansteckend, im andern das verborgene Licht wissend, und es anfachend.
Es speist uns das Licht von unerschöpftem Lichte. Amen