Predigt 1. Juni 2003
Keitumer Predigten Traugott Giesen 01.06.2003
Ihr seid Gesegnete, also lebt als Gesegnete
Der Segen des Herrn sei über euch. Wir segnen euch im Namen des Herrn.
(Psalm 129,8)
Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei.
Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.
Und schuf ihn als Frau und Mann. Und Gott segnete sie und sprach: "Seid
fruchtbar, und mehret euch und füllet die Erde und ordnet sie euch zu".
Und Gott sah an , was er gemacht hatte, und siehe es war sehr gut, sehr gut
für weiteres (1. Mose 1, 26-28,31) - für die Geschichte des Segens.
Gott sprach zu Abraham: Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein.
Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten
über dich. 4. Mose 6,24
Und Jesus legte den Kindern die Hände auf und segnete sie. Markus 10,16
"Ihr sollt ein Segen sein" - die Losung des Kirchentages. Nicht: Macht euch
zu Gesegneten. Sondern: Ihr seid Gesegnete, also lebt als Gesegnete. Eindeutig
dies eine besondere Begabung, Tönung, Bestimmung, eine Dynamik, ein
Bekräftigen: Du bist nicht nur da, bist nicht nur vorhanden, sondern
du bist gesegnet, also zu einem gottvollen, heiligeistvollen Leben bestimmt.
In dir ist etwas von der Heiligkeit des Allmächtigen dargestellt, in
dir pulsiert die Schöpfungsfreude des Anfängers und Vollenders
von Allem. In dir ist ein Bild aus Gottes "Ich" fotografiert, jetzt entwickle
es mit deinem Leben.
Du hast teil an dem besonderen Schöpfungs-Auftrag: Seid fruchtbar
und mehret euch und füllet die Erde und ordnet sie euch zu. Segen
sind auch Kinder, Enkel, Generationen - welch eine Schöpferkraft Gottes
auf dich gerichtet ist, kannst du erahnen an deiner Herkunft: Deine Eltern
mussten genau diese Menschen sein, um dich als genau dich zur Welt zu kriegen,
und dazu mussten deine Großeltern genau die sein, und deine
Urgroßeltern genau die, die sie gewesen sind, und so weiter, 20
Generationen zurück - mehr als eine Million Menschen mussten genau die
gewesen sein, die sie waren, damit du du werden konntest.- Welch ungeheure
zielgerichtete Segenskraft, Willenskraft des Schöpfers, auf dich
konzentriert! Du bist gesegnet, schon indem du gewollt bist als Du.
Die Kraft, die aus dem Nichtsein hervorruft, lässt dich teilhaben am
Lebensstrom, auch durch Elternsein. Aber das ist nur eine Sorte von
Vervollständigen und Füllen und Mehren.- (Auch fruchtbar zu sein
an Geist und Friedenswillen ist uns bestimmt. Den Garten bebauen und bewahren
ist uns aufgegeben, dieser Auftrag ist voll Segen. Segen ist die Treibekraft,
mit der Gott die Dinge veranlagt, dass sie sich selbst betreiben. Gott
lässt seine Sache machen, das ist ja sein höchstes Künstlertum,
dass er uns Irdische segnet mit Willen, das Leben und seinen Qualität
zu mehren.)
Darum hast du ja auch Prangelust, Schaffenslust, Wissenlust, Baulust,
Gestaltungslust, Nährlust, Gerechtigkeitssinn, Kunstsinn, Liebessinn,
und Mut, dich deiner Freiheit zu bemächtigen, und Gewinnlust. Alle diese
Segenskräfte können über die Ufer treten und Schaden tun.
Wiedergutmachekraft ist wie die Heilkraft der Haut auch ein Segen.
Du bist Teil eines gesegneten Ganzen. Du bist mit Beziehungskraft zu diesem
Ganzen ausgestattet. Wie alle Dinge mit Schwerkraft ausgestattet sind, so
alle Seelen mit Zusammengehörlust, auch über den Tod hinaus. Darum
gehst du nicht verloren dem Ganzen, auch durchs Sterben nicht, und auch dir
gingen die dir starben nicht verloren, sie sind nur ein Stockwerk weitergegangen
im Haus Gottes. Wir bleiben unter dem einen Dach aus Segen.
Gegen dein Gesegnetsein spricht nicht die Mühe, nicht die Schmerzen.
Ja, es ist viel Leiden in der Welt. Unsere Körper sind zerbrechlich,
unser Geist kein leicht verrückt werden, Liebe kann versiegen, Freundschaft
versagen, Not kann einschlagen über Nacht. Noch ist unter jedem Dach
ein Ach. Und dennoch und damit bist du gesegnet, wenn auch als ein Hinkender
wie Jakob, den der Segner auf die Hüfte schlug, dass zeitlebens er
schlurfte. Alle Gunst hat ihre Kehrseite; wer hat, von dem wird viel verlangt
(Lukas 12,48). Wir haben Schattenseiten, müssen so manches Nein hinnehmen.
Doch die Neins sind ins große Ja eingefasst. Wir werden von Leben zu
Leben getragen.
Und es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden (1.Joh
3,2). Jeder ist auch ein Geheimnis, dem wir nur nahe kommen in der Liebe.
Nächst dem Sabbat und der Sonne, sagt der weise Rabbi, ist die
Liebesumarmung ein Segen, sie besorgt uns sprühendes Erkennen, wie der
andere von Gott gemeint sei. Liebend erkennen wir den andern als gesegnet
und lassen einander den Gottes-Funken lodern.
Also, Du hast teil am Segen, - du lebst von ihm, du sollst ihn mehren.
Lebenskraft entspringt auch den Geboten, mit ihnen weißt du, was sich
gehört, wenn man Gott gehört. Doch, sporne deine Lust, das Schlechte
und Schädliche zu erkennen. Schule deinen Wirklichkeitssinn an den Geboten.
Dann weißt du, ob das, was man so organisiert, tatsächlich die
Möglichkeit hat, in die Realität friedensstiftend einzugreifen.
Aus Zweifel am Segen muss mancher durch extreme Leistungen seinen Weg auf
Erfolg zwingen. Furchtbar, wie viele an ihrem Unstern kleben, weil sie ihren
Segen vergeuden oder vergraben, verleugnen oder vermasseln. Menschen können
sich auch durch Geldverdienen ruinieren,
Ein Wort des Jesus heißt: Alles, was ihr wollt, das euch die
Menschen tun, das tut ihnen auch. (Matthäus-Ev 7, 12). Dies Wort
fasst die Gebote zusammen und macht ihre Segenskraft wirksam: Völlig
anderes ist gemeint als: "Was du nicht willst, das man dir tu, das füg
auch keinem andern zu." - Das ist schon viel, aber lehrt zu vermeiden, bringt
nichts ins Rollen. Was Du willst, das tu. löst weitreichende
Bewegung aus. Du läßt Segen springen. Du pflanzt Freundschaft,
Gerechtigkeit, du lenkst den Wütenden von seinem Opfer ab, du nimmst
den anderen von seiner besten Seite - wie er werden könnte. Du redest
mit dir Unbekannten, besorgst ihnen ihren Auftritt, dass sie sich als Gesegnete
wieder merken können.
Kinder erziehen - ist die Welt neu denken im Licht der Kinder, sie als Segen
und als Gesegnete wissen. Wenn sie klein sind, segnen sie uns durch ihren
Schlaf. Kinder schlafen sehen zu dürfen, das rührt an den Grund
der Welt, er ist eine der größten vertrauensbildende Maßnahmen
des Lebens überhaupt. Wenn Kinder groß sind, müssen wir sie
gehen lassen, mit Segen. Also mit dem Siegel: Ihr habt eigenen Anteil am
GutenGanzen, eure eigene Würde und Auftrag und euer eigenes Gemüt.
Sie schon jeden Morgen zum Schulweg entlassen mit einer Segensgeste - Gott
geht mit euch, eure Engel gehen mit euch. Sie im Schutz der Liebe wissen,
auch wenn sie den Blicken der Mutter entzogen sind. Das Kreuzzeichen auf
die Stirn - gib es, auch wenn verhohlen, es ist ein Mantel, der über
sie gebreitet ist,- gut für dich, zu wissen, Eltern haben den Auftrag,
ihre Kinder zu segnen.
Wie dramatisch wichtig ihr Einverständnis ist, spüren wir, wenn
wir ohne den Segen der Eltern auskommen müssen. Irgendwann müssen
wir ihn einholen, auch nachholen. Erlösend zu wissen: Meinen Segen
hast du. Das ist mehr als Mach, was du willst: Segen ist
innige Wunschkraft, die stärkt und hebt. Meinen Segen hast du - das
kann auch Geldsegen sein, gesammelte Kaufkraft, ein Grundstück oder
eine Bürgschaft, jedenfalls Fürsorge, Mithilfe; jedenfalls
Fürbitte bei Gott.
Und auch Eltern brauchen Segen, also Dank und die Ehre. Sie haben sich dich
Kind nicht ausgesucht. Sie haben dich bekommen, sind bestimmt worden zu Eltern.
Sollten wir jemals unsern Eltern vorgeworfen haben, wir hätten gern
andere Eltern gehabt, dann mach jetzt Frieden. Gib ihnen den Segen, auch
wenn Sie schon bei Gott sind, vergib ihnen, danke ihnen, segne sie.
Segen ist die Kraft, die nicht unbedingt schont, aber die auf dem Weg hält
zum Guten. Segen mehrt das Gute, mindert das Schlechte. Aller Kampf um Steigerung
des Lebens ist mit Schmerz verbunden, Schmerz kann auch schützen und
stärken. Lass dir zum Segen gereichen, was dir geschieht; lass dich
nicht zuwuchern von Existenzängsten. Wir jammern vor vollen
Trögen, sagte eine alte Ditmarscherin, die viel Hunger im
Gedächtnis hat. Auch müssen wir den Segen von Gemeinschaft wieder
schätzen lernen, unsere Verachtung von Politik lassen. Auch das
Gesellschaftsgewebe ist ein Segen, pflegen wir es.
Wisse dich als gesegneter Mensch, mach dich nicht runter, mach dich nicht
klein. Steh zu dir, mag dich, du kannst dich zwar nicht selber segnen, aber
du bist gesegnet. Hüte diesen Schatz und zieh dir jeden Tag daraus eine
Portion Kraft. Das Zusammensein mit anderen kann deinen Segensschatz mehren
- du kannst dich auch verausgaben und entleert vorkommen, dann ist höchste
Zeit, die zerstreuten Sinne wieder zu sammeln. Das Graubrot des Segens empfange
in Gottesdienst und Weg am Meer, in Umarmung, - gib und nimm körperliche
Nähe-Liebe: Brot der Armen; auch der Armen, wir können nicht zuviel
lieben. Darin verkörpert sich am nahesten die Kraft, die uns hält;
der Wille, der uns fördert, der sein Angesicht leuchten lässt
über uns. Unmittelbar fühlen wir: Ich, du gut. Jedes Liebhaben
hebt so viel Verachten, Verfluchen, Vernachlässigtwordensein auf. Jedes
Lieben ist ein Segen, es macht dir Gott zugewandt. Du ein Segen, wisse das.
Schlussgebet