Keitumer Predigten Traugott
Giesen 24.12.2002
Euch ist heute der Heiland geboren Lukas
2, 1-20
In keiner anderen Religion steht ein Kind im
Mittelpunkt. Die Geburt dieses Kindes ist die Rettung. Gott entschied sich,
die Rolle eines Menschen anzunehmen. Im Bild gesprochen: Gott teilt sich
in zwei Gestalten auf, Vater und Sohn. Und beteiligt sich am Erdenleben,
zieht Fleisch und Blut an, wird ein Kind, in Windeln gewickelt, erlebt und
genießt und erträgt das Menschsein am eigenen Leib, eingeschlossen
der Versuchung zum Bösen, und sagt, dass Liebe der Sinn des Lebens ist
und setzt das mit Taten in Kraft. Er muß auch in Leiden und Tod,
dafür steht schon am Anfang die Geburt im Stall: Gott zeigt damit, das
Leben, die Liebe muß leiden, und Sterben muß bestanden werden.
Auch das ist Jesu Lernstoff: Wer sein Quantum Leid vermeiden will und es
andern aufbürdet, der beschädigt andere und sich. Und wer den Tod
nicht annimmt als Umsteigen in eine andere Existenz innerhalb Gottes, der
muß sich ängsten immerdar.
Warum gerade Christi Geburt so leuchtend, so
festlich gefeiert wird, - es kommt davon, dass Gott selbst Kind wird. Das
reißt die Himmel auf, das zieht das Blei vom Leben weg. Der Erfinder
der Welt wird ein Stück Welt, Gott unterwirft sich der Wirklichkeit,
die er wachsen lässt, er wird Mensch. Darum ist das Gezeugt- und
Geborenwerden dieses Kindes so wichtig. Es besiegelt die Wichtigkeit,
Gültigkeit, Nötigkeit jedes Menschen, der Heiligenschein über
dem Kind in der Krippe leuchtet fortan jedem Menschlein, jeder Kreatur.
Seit Christi Geburt geht der Menschheit auf:
welch völliges Wunder die Geburt ist, soviel Anfang ist nie, wo neun
Monate vorher nichts war, kommt jetzt zur Welt ein neues Wesen, geschöpft
aus Gottes großem Pool der Möglichkeiten. Jedes Neugeborene ist
doch Gott auf frischer Tat, da sieht man der Allmacht ins Angesicht. Jedes
Kind ein Hauch Gottes auf Erden. Doch, das ist so: Seit Gott ein Mensch geworden
ist in Bethlehem sind alle Menschen geadelt, sind zu Kindern Gottes erhoben,
jeder Mensch ist nur wenig niedriger denn Gott, mit Ruhm und Ehre hast
du ihn gekrönt (Psalm 8,8).
Darum kann man gar nicht genug aus Christi Geburt
machen. Es müssen Engel kommen, Heerscharen von Engeln, die uns
Begriffsstutzige erleuchten: Euch ist heute der Heiland geboren: Jesus, Joschua
- Gott rettet. Da muß ein Stern überm Haus stehen,
strahlend wie eine Sonne: Dass wir unsere üblichen Bewertungen aufbrechen
lassen. Da müssen Philosophen, Könige, Gurus in Gestalt der drei
Weisen aus dem Morgenland kommen, um uns mitzulocken. Richtig, dass wir
Weihnachten feiern, wie eigenwillig auch immer, feiern die Geburt des Menschen,
in dem Gott die Welt erklärt.
Mit Jesus tritt die Achtung des Menschen ins
Licht. Du sollst nicht töten galt schon vorher, aber seit
Jesus heißt es: statt dass du schlägst, halt auch deine
andere Wange hin; bittet dich einer um ein Hemd, gib ihm auch die Jacke.
(Matth.5,39f ). Mit Jesus tritt die Achtung der Frau in die Welt. Vorher
galt sie als Besitz, jetzt wird sie gleichwertig, Tochter Gottes. Mit Jesus
ist der Krieg kein Mittel mehr der Politik: Wer das Schwert nimmt,
wird durch das Schwert umkommen. Mit Jesus wird Vergebung eine nachhaltige
Strategie: Nicht nur sieben mal sollst du vergeben, sondern 70 mal
7 mal. Jesus erklärt das Richten und Bestrafen für eine immer
entbehrlichere Notlösung: Wer ohne Sünde ist, der, nur der,
werfe den ersten Stein. Jesus setzte gegen das herrische Gebaren die
Kultur des Dienens: Die Herren dieser Erde halten die Völker nieder,
so aber nicht bei euch. Wer erster unter euch sein will, der sei Diener
aller.-
Damit führt Jesus die Aufklärung herauf,
Jesus ist der Erfinder der Ebenbürtigkeit aller Menschen aus der
Gotteskindschaft, das wussten die weisen Griechen lange nicht, die alle ihre
Sklaven hatten. Jesus lebt die Liebe. Und nicht privat und im Schrebergarten,
sondern er tut die Zeichen, die auf den endzeitlichen Messias deuten: Er
heilt, gegen das Gesetz des Moses setzt er sein Ich aber sage euch,
er vergibt im Namen Gottes. Er zeigt, wie das Leben eigentlich gedacht ist
vom Schöpfer, ja, Gott lebt in ihm ein mustergültiges Leben.
Ob ein Gott hinter allem steht? Alles durchwirkt?
Wer an ihm zweifelt, der halte sich doch an Jesus. Ihm kann ich Gott nicht
abschlagen (D.Sölle), er hat ihn lieber Vater genannt. Er
lebte das Sorget nicht, zersorgt euch nicht! - sehet die Vögel,
seht die Blumen! Wir müssen ihn als glücklichen Menschen
uns vorstellen (D. Sölle), der ansteckt mit Freude und mit Lust zu leben,
frei, und mit dem dazu nötigen Mut.
Die Welt ist voll Lichter und Geheimnisse, aber
Du Mensch verdeckst sie mit deiner Hand, - es ist viel innere Dürre,
eine absurde Mischung von Schärfe im Einzelnen und
Gleichgültigkeit im Ganzen (R. Musil), auch ich habe Menschen
sich selbst überlassen, Unruhe ist bei uns, auch Bosheit,
Herzensgleichgültigkeit Geldsucht, Kälte Gewalttätigkeit,
Verhungernlassen - und wird doch Krieg?
Wir müssen das Leben wieder neu lernen.
Neu geboren sein soll das Christkind in uns. Wir sehen gerne Krippen. Habt
ihr eine Zuhause? Oder im Buch mit Bildern - erzählt die
Weihnachtsgeschichte Kindern und damit euch noch mal. Die Hirten kommen,
sie schauen in den Stall, da ist eben ein Kind geboren. Glückselig
erschöpft die Mutter, das Kindlein an der Brust, Vater Josef
ehrfürchtig auf Abstand und nah: Und die Hirten sagen: Maria,
Dein Kind ist Gott selbst." Dann ist hier nicht Jammertal, dann bricht doch
Friede an, dann werden wir noch barmherzig. Ja, langsam nimmt der Mensch
den Menschen wahr. Ich nehme es als Zeichen: Auch im Riesenrad, im Prater
zwei Gondeln für Rollstuhlfahrer. Jetzt gibt es eine Freundin von Barbie
mit Rollstuhl, auch er (schön gelb) zu breit für die Türen
in Puppenhaus - wie im richtigen Leben. Es gibt noch viel für uns zu
tun.
Wir haben hoffentlich mal in einem Krippenspiel
mitgemacht, einen Hirten, einen König, oder Engel oder Maria gespielt.
Da waren wir ganz bei der Sache, wir feierten die Geburt Christi, stellten
nicht nur die Vergangenheit nach. Auch Jetzt, lasst es uns gesagt sein: Euch
ist heute der Heiland geboren! Wir sind doch angesteckt von Jesus, wollen
seine geschwisterliche Welt mitbauen. Wir täten doch gern mehr Gutes,
wir freuen uns an unseren erwachsenen Kindern, wie sie Güte lernen,
wie sie Verantwortung leben. Und wir wachsen doch auch, innen, lernen, das
Unvermeidliche nicht abzuwälzen, sondern zu tragen. Wir freuen uns doch
an unserer Lust zu verschenken, müssen nicht mehr so sammeln und
festhalten,haben auch den Brot-für-die-Welt Schein zur Hand. - Wir
können genießen, Glück zu bereiten, wir können schon
besser Frieden schließen. Der Christus wächst doch in uns. Gegen
alle Verzagtheit setzt er uns Blüten der Freude auf. Doch. Bitte, glaub
dich als Gottes Kind und nimm zu an Mut, du selbst zu sein. Amen