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Keitumer Predigten   Traugott Giesen   04.02.2001
 

Wo der Glaube sein Leben führt

Der grosse Soziologe Emile Durkheim, Enkel eines orthodoxen Rabbiners, hat viel nachgedacht über die „Grundformen religiösen Lebens“. Er kam zu dem Schluss: Der ursprüngliche Sinn von Religion ist nicht etwa, die Menschen mit Gott in Verbindung zu bringen, sondern den Kontakt zwischen den Menschen herzustellen. In Gottesdiensten und religiösen Riten und mit heiligen Worten teilen wir Menschen unsere grösste Freude und unsere grösste Trauer miteinander. Dazu eine schöne Anekdote. Der Sohn fragt den Vater: „Wenn du nicht an Gott glaubst, warum gehst du dann regelmässig zur Kirche?“ Der Vater: „Christen gehen aus mancherlei Gründen zur Kirche. Mein Freund Emil zum Beispiel geht, um Zwiesprache mit Gott zu halten. Und ich gehe hin, um mit Emil zu reden.“
Jedenfalls, wenn der Gottesdienst zu Ende ist, fängt der Gottesdienst so richtig an. Denn Gott redet in den alltäglichen Dingen und Wesen. Und wir antworten mit unserm Benutzen oder Umgehen mit den Dingen und Wesen. Was sie und uns verändert, was wieder nächste Ansprache Gottes an uns bereitet, und wir antworten erneut mit unserm Tun und Lassen. „Aller spezieller Gottesdienst ist immer nur neue Bereitung und Heiligung zu diesem Umgang mit Gott an der Welt“ sagt Martin Buber.
Das Wesen des Glaubens ist, die Welt zu bewältigen. Und spezieller Gottesdienst soll helfen, mit dem Leben zurechtzukommen, so dass das Leben mit uns zurechtkommt.
Wahrer Glaube ist Kraftstoff, das Leben mit Elan zu umarmen und macht süchtig nach dem Tatsächlichen, denn darin wirkt das Geheimnis der Welt. Dagegen das matte Bestrahltwerden mit seichter Unterhaltung legt uns in leichte Narkose, hält uns ab vom Nötigen. Ja, wenn einen die Ansprüche zu zerreissen drohen, wenn man meint, mit den Beinen auf zwei Schollen zu stehen, die man zusammenhalten muss, dann kann man schon fliehen in Trance. Der Gottesdienst jetzt kann helfen, dass unter uns die Wirklichkeit nicht auseinander klafft. Wir können uns vergewissern: wir sind in einem Guten-Ganzen; wir sind von Gott richtig im Leben aufgestellt. Danach ordne noch wieder deine Sachen und deinen Kalender. Und du weisst ja: Gott achtet uns, wenn wir arbeiten, aber er liebt uns, wenn wir spielen“ (R. Tagore)
Doch bitte, glaub das, weiss das. Du bist richtig von Gott gemacht, das Leben richtig zu nehmen auch mit den Schatten. Darum ist Glaube so wichtig. Dein Glaube macht dich gut oder schlecht, macht Gott und Abgott, macht dir Himmel oder Hölle. Für was du dich, die andern, die Dinge hältst, das sind sie dir. Du bist dir, was du von dir glaubst, die andern und die Dinge sind dir, was und wie du sie einschätzt. Du, wer ist das? Was ist dein tiefstes Wesen? Glaubst du dich in Mutter Gott, Schöpfer, Schöpferin der Welt, dann glaubst du dich als Kind Gottes, hältst dich nicht für verfehlt oder über oder böse – sondern mit allen auch gegenläufigen Erfahrungen bist du Kind Gottes; mit einem unsichtbaren Heiligenschein, auch wenn andere den nicht sehen und abfällig mit dir umgehen. Du hast in dir eine Würde wie Bonhoeffer, lass dich nicht knicken.
Und für was du die andern hältst, du weisst sie auch mit Gott verbunden, du kannst sie nicht verdammen und weisst das. Und die Sachen, sie sind nicht einfach nur so ein Zeug. Sie alle sind Werkzeug, auch Geld – ein Segel in der Tasche (japanisch), ein Auto – es darf dir nicht zur Waffe werden, weil du mit Gott verbunden bist und die andern auf der Strasse auch.
Was wir von den Dingen halten, darin wirkt sich unser Glaube aus. Es gibt nichts ausserhalb deiner Beziehung zu Gott. Du, ich, wir müssen als an Gott Glaubende mit BSE zu Rande kommen. Es reicht nicht, als Verbraucher eben mal Rindfleisch zu streichen, als Landwirte, die eben die Schlachtprämie annehmen, neu anzufangen, als Politiker, auf Brüssel zu hören.
Sondern ich glaube an Gott, den Schöpfer, an Christus als Herrn, an den Heiligen Geist als Souffleur – wie verbrauche ich da? wie betreibe ich Landwirtschaft mit diesem Glauben? mache Politik aus diesem Glauben? Wie ist die Wirklichkeit BSE zu bestehen? Sie ist ein Defekt in Gottes Schöpfung. Seine geliebten Kühe, man muss nur ihre schönen Augen sehen und ihr heiliges Zudienstensein, ein Jammer wenn sie leben, um beseitigt zu werden statt zu ernähren. Aber wir wollen sie nicht essen. Aber andern schenken, was wir für schädlich halten, geht wohl auch nicht. Die Ställe quellen über. Was tun? Bauern werden als Mitarbeiter an der Schöpfung lernen, nur ins Leben zu rufen, was nach artgemässer Pflege wir auch zu verzehren wünschen. Mit Christus als Mutmacher für ganzheitliches Leben werden wir den Bauern den gerechten Preis bezahlen. Und werden sie nicht mehr zwingen, durch billiges Futter uns zu billigem Fleisch zu verhelfen. Und im Glauben an den heiligen Geist werden wir die Zusammenhänge besser verstehen wollen und bewusster uns ernähren. –
Das als Beispiel: Der Gegenstand des Glaubens, das Material des Glaubens ist die Welt, nicht Gott. Nur, als was ich die Welt glaube, das kommt davon, was ich von Gott oder von Jesus weiss. Etwa: „Der Acker Gottes ist die Welt“ (Matthäus 13, 38). Die Geschichte, worin das vorkommt geht so (13, 24 - 30):
Jesus legte ihnen ein Gleichnis vor und sprach: Das Himmelreich gleicht einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte.
Als aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut zwischen den Weizen und ging davon.
Als nun die Saat wuchs und Frucht brachte, da fand sich auch das Unkraut.
Da traten die Knechte zu dem Herrn und sprachen: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher hat er denn das Unkraut?
Er sprach zu ihnen: Das hat ein Feind getan. Da sprachen die Knechte: Willst du denn, dass wir hingehen und es ausjäten?
Er sprach: Nein! damit ihr nicht zugleich den Weizen mit ausrauft, wenn ihr das Unkraut ausjätet.
Lasst beides miteinander wachsen bis zur Ernte; und um die Erntezeit will ich zu den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, damit man es verbrenne; aber den Weizen sammelt mir in meine Scheune.
(13, 36 - 38): Und seine Jünger traten zu ihm und sprachen: Deute uns das Gleichnis vom Unkraut auf dem Acker.
Er antwortete und sprach zu ihnen: Der Menschensohn ist's, der den guten Samen sät.
Der Acker ist die Welt.
Die Geschichte des Jesus lässt einige Dinge anders sehen, als wir gewohnt sind; ich habe sie jetzt eingeführt, weil da aus Jesu Mund kommt: Die Welt ist der Acker Gottes. Aber noch anderes ist spannend. Woher soviel Böses in der Welt? Hat Gott das gemacht? Wie sollte Gott auf seinen eigenen Acker schlechten Samen säen? – nein, ein Feind. Nicht „der Feind“ – hat Gott einen Feind? Jedenfalls ist Gott so gross, dass er Widerspruch zulässt; uns nicht zur Freundschaft zwingt, uns auch nährt, wenn wir Kain oder Hitler heissen. Das zum Thema Feind.
Soll das Unkraut ausgerissen werden, sollen die Bösen ausgerottet werden? Nein sagt Jesus, lasst Unkraut und Weizen miteinander wachsen, sorgt ihr dafür, dass ihr Weizen seid und viel Frucht bringt, das hält das Unkraut klein. Also nicht das Böse beseitigen sondern das Gute mehren. – Auf die Rechtsradikalen, Ausländerfeindlichen, Behinderten-Leuteschinder gewendet: Haltet sie mit beispielhaftem Leben vom miesen Leben ab; wollt sie nicht ausrotten, sondern haltet sie klein durch starke Befreundung mit Ausländern, durch liebevolles, partnerschaftliches Zusammenleben mit behindert so tapfer Lebenden. Gute und Böse müssen zusammenbleiben, bis Gott sich ihrer annimmt. Wir dürfen nicht schon Jüngstes Gericht spielen. Genau wie in der Grossen Politik nicht die einen die guten und die andern die „Schurkenstaaten“ sind.
Also die Welt ist Gottes Acker. Und wir sehen uns bitte als fleissig Mitarbeitende, auch als gute Saat.
Ob wir an Gott glauben, hängt daran ob wir z.B. unsere Kinder als von Gott uns anvertraut glauben. Ob wir an den Schöpfer glauben, hängt daran, ob wir uns als Geschöpfe einschätzen und die übrige Kreatur als Mitgeschöpfe. Ob wir uns in einer gottdurchfluteten Welt sehen mit dem Schrecken in Indien und der Kälte in der Mongolei, und da bebt der Leib Gottes und sterben seine Kinder, und da erfriert ein Teil von Gott im Eis. An Gott glauben, heisst die Menschen und Dinge in Beziehung zu Gott sehen. Und dann geht der Morgenstern auf in unsern Herzen, und wir wissen was wir müssen. Und sind zur Freude berufen. Amen.
 

Schlußgebet


 




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