Keitumer Predigten Traugott Giesen
09.04.2000
Zur Konfirmation
Gott der Herr ist Sonne und Schild (Psalm 84, 12). Die Kraft zu allem
Guten, der Schutz in allem Schweren
Für euch Konfirmanden und eure Familien und die ganze Gemeinde
ist dies ein Festtag. Wir feiern euer Erwachsenwerden; vor allem: Dass
ihr es bis hierher geschafft habt mit viel Bewahrung, und wir Eltern euch
bis hierher geleiten und begleiten konnten. Wir feiern, dass ihr die erste
harte Steigung eures Lebensweges bewältigt habt. Und feiern das nicht
in einem Stadion, wo man die Leistungen beklatscht; und feiern das auch
nicht im Rathaus, wo man Gemeinsames aushandelt, auch nicht im Bankhaus,
wo man mit Geschick das Erworbene vermehrt. Sondern wir gehen zur Kirche,
weil wir danken und beten wollen für euch, Segen erbitten wollen für
euer schönes schweres, schönes Leben.
Kirche ist der Ort für die Kreuzungspunkte unseres Lebens. Hier
legen wir die Hände in den Schoss und lassen uns von heiligem Geschehen
tragen. Wir sind hier in Generationen versammelt. Auch die Verstorbenen,
die meist von hier zu Grabe kamen, sind mit einem Hauch ihres Wesens noch
hier � früher hatte man noch die Namensschilder der Familie an der
Bank, da sassen über die Jahrhunderte, die Familien auf ihren Plätzen
in St. Severin. Das ist heute anders, auch gut so. Wir bilden jeden Sonntag
eine neue Familie hier, auch heute. Wollen eine gemeinsame Energie aufnehmen,
eine starke Dosis Lebensmut eingestrahlt bekommen, die lange reichen soll.
Die Überschrift hier am Balken überm Altar taugt als Leuchtschrift
an unsern Stirnen. Ja, doch, dies als laufendes Band unter, neben allen
anderen Gedanken � das wäre rettend: Gott ist Sonne und Schild. Sonne
� also alle Energie; und Schild � also Schutz, Liebe.
Alle Energie hat ein gutes Zentrum. Alle Kraft ist Ableger von Gottes
Macht. Alle Power gehört letztlich Gott. Und hat ein Herz, einen Willen,
eine Sehnsucht. Gott ist alle Liebe. Der Lebensgrund ist väterlich-mütterlich.
In aller Freude, Freundschaft, aller Zuneigung und in allem Füreinander-
und Voneinander-begeistert-sein pulsiert Gott.
Gott ist nichts extra neben Energie und Liebe � wie sieht Gott aus?
wie ist er für sich allein? das geht uns nichts an � alle Macht und
alle Liebe ist Äusserung Gottes, alles Sein ist sein Atem, sein Wesen.
Darum haben wir immer mit Gott zu tun, ob wir glauben oder nicht. Muss
ein Fisch ans Wasser glauben? So wie der Fisch von Wasser umhüllt
ist, sind wir von Gott umhüllt � wir geschehen in diesem Energie-
und Liebefeld � Gott genannt.
Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über
mir � so wie ein Kind im Bauch der Mutter, und sie hält noch die Hand
drüber � so möcht ich gern vom Leben denken, mit all den Schmerzen.
Dass Kraft zu allem Guten möge bei euch sein. Ihr sollt nie allein
euch fühlen, immer ist die Kraft zu allem Guten bei euch. Und der
Schutz in allem Schweren. Wie auch Kraft zu allem Guten für andere,
Schutz in allem Schweren für Nächste. � Eure, unsere Kraft gehört
doch zum Energiehaushalt und Schutzmantel Gottes. Das hat doch auch zu
euch schon einer gesagt, als du geholfen hast, und dem andern zu einem
Ausweg verhalfest: du bist ein Engel � ein guter Mitarbeiter Gottes. Ja,
das sollst du werden, bleiben, werden.
Wir beten für euch um einen grossen Lebensbogen. Ihr habt schon
14 Jahre geschafft. Ihr habt unermesslich viel gelernt, das hat euch fit
gemacht fürs Erwachsenwerden. Aber das Lernen nimmt kein Ende hier
auf Erden. Auch wir Alten sind noch Anfänger � zum Beispiel im Computern,
da fragen wir euch ja. Manches kapiert ihr schnell.
Lebensbogen � welche Erfahrung habt ihr schon. Ihr habt laufen gelernt;
da habt ihr eine ungeheure Energie in euch gemerkt: Oft hingefallen, einmal
mehr aufgestanden, weitergemacht. Radfahren, Skaten � wie lange gemüht,
Schreiben, Rechnen gelernt. Ihr habt schon soviel gespeichert an Wissen,
auch an Menschlichkeit: Ihr habt viel Herz, ihr liebt, ihr fühlt mit;
ihr wisst, was weh tut, und könnt trösten.
Ihr wisst auch, wie Worte Gewicht haben. Sie sagen, was etwas bedeutet.
Worte helfen zu verstehen. Hört mal: Watte hatte dude da? � als Witz,
na ja. Dagegen: Schläft ein Lied in allen Dingen, die das träumen
fort und fort und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort.
� Bleibt neugierig, das Zauberwort zu finden für einander. Etwa: Gott
liebt dich und braucht dich, darum lebst du � dies Zauberwort wird bei
dir bleiben und dich stärken.
Worte, die heilen, Worte, die weh tun � habt manche schlimmen Sachen
auch gehört zwischen uns Eltern. Seid etwas gnädig mit uns. Wir
waren manchmal nicht gut. Aber immer haben wir euch als Wunder von Gott
verstanden, auch wenn ihr uns genervt habt � und wir meinten, euch drängen
zu müssen bis zum Überdruss. Aber unsere Liebe ist auch mal kraftlos.
Und wir haben von zu Haus auch manches mitbekommen was Vergebung braucht.
Und dennoch sind wir ja von Gott euch als Eltern bestimmt � also mit Fehlern
doch brauchbar. Und ihr werdet das auch sein. Euren Kindern � wenn es mal
so kommt.
Lebensbogen, ja heute dämmert�s uns Eltern, dass ihr auch mal
aus dem Haus geht und vielleicht selbst mal ein Haus baut, jedenfalls eine
eigene Lebensmitte werdet ihr haben. Und wir werden alt und schauen euch
von Weitem zu, wenn ihr das zulasst.
Ein Thema wird die Liebe sein: Dies Band des Zusammengehörens.
Wir wollen mit andern zusammengehören. Aber mit wem, mit wem ganz
nah, dass man mal ein Schicksal hat � ach noch lange hin. Lasst euch Zeit.
Befreundet euch oft, lernt gut, zu wählen was euch gut tut. Eigentlich
weiss man immer, was gut ist: das ist auch so ein Gottesgeschenk. Tief
innen weisst du, was gut ist. Das tu. Es ist einfach. Man muss nur nein
sagen, ganz früh. Ob in der Disco bei Alkohol, oder beim Mitfahren
im Auto, und dann will einer angeben: � Nein sagen. � Und, ihr Mädchen,
erzieht die Jungen. Nie stachelt die Jungen an, dass sie angeben mit Gewalt
oder Fiessein. Bitte, macht das nie.
Ach das Lieben � ihr ahnt schon, wie wichtig es ist, dass einer dich
gut findet. Liebhaben macht den andern gut und dich selbst auch. Aber die
Seele ernährt sich von Worten. Redet viel miteinander, wenn das Verstehen
da ist, geht alles andere von selbst gut. Umgekehrt meist nicht.
Liebe ist ein Thema, und Beruf: Ihr müsst andern nützen.
Im Rahmen eurer Begabungen müsst ihr andern nützen, damit sie
auch euch nützen. Es ist ein riesiges Nehmen und Geben dieses Leben;
es ist gut so, gut genug, dass wir es gut machen können, ein Stück
gerechter. Das fängt damit an, dass ich nicht Dreck mache, den andere
wegmachen sollen. Allein dies: ab heute will ich nicht mehr, dass sich
andere für mich bücken. Diesen Schritt zum Erwachsenwerden geht
heute bewusst.
Und noch viel mehr gehört zum Lebensbogen: Gesundheit, Geld, Vereine,
Staat und immer wieder Abschied und Neubeginn.
Abschied heute vom Kindsein � wir bleiben Kinder Gottes, aber mit den
Mitmenschen treten wir langsam auf Augenhöhe: übernehmen Verantwortung
für die Folgen unseres Tuns. Dabei, beim lebenslänglichen Erwachsenwerden
erbitten wir euch und uns Gottes Segen: Die Kraft zu allem Guten, den Schutz
in allem Schweren. Amen.
Schlußgebet