Traugott Giesen Kolumne 27.08.2005 aus "Die Welt" Ausgabe Hamburg

Katholiken - Protestanten: Gut, daß wir uns haben

Der Weltjugendtag war grandios. Sicher hat auch der Papst gezogen. Keine andere Figur symbolisiert mehr, was wir alle brauchen. Der Papst steht für Kirche, Kirche für Glaube, Liebe, Hoffnung. Welche Institution sollte zu einem Treffen rufen, und Hunderttausende machen sich auf den Weg. Nach Köln kam der Papst wie nach Hause, mehrmals sprach er von seinem geliebten Vaterland, das allein war schon für uns Deutsche mit knapper nationaler Bindekraft herzerwärmend.

Eine Sprecherin sagte einmal: "Weltkirchentag: Ja, es hätte ein ökumenischer Kirchentag im Großen werden können. Aber die Evangelischen waren nicht eingeladen, waren von der Teilnahme an der Eucharistie sogar klar ausgeladen." Der erste Satz der Predigt galt auch der Hostie, jenem Brot, welches durch priesterliches Tun sich in das Fleisch Jesu Christi verwandele. Auf daß es real präsent sei, anfaßbar, schluckbar der Herr. Die Evangelischen begnügen sich mit der realen Präsenz des Herrn im Hören auf sein Wort und im Teilen von Brot und Wein, wenn wir es essen zu seinem Gedächtnis.

Besonders befremdlich für Protestanten: Der Papst hat einen Sündenablaß versprochen für das Kommen nach Köln. Das Mittelalter ist noch nah, die Katholische Kirche hat die Aufklärung, die Luthers Erben mitbetreiben, noch vor sich. Ist es das, was Rom die Protestanten fast mit Mißachtung straft? In Roms Augen sind wir nicht Kirche, sind nur eine der christlichen Gemeinschaften. Als hätte Luther die Einheit zerbrochen - aber es war doch so, daß Rom die dringend nötige Reform der Kirche nicht mitmachte, sondern Luther und seine Mitstreiter in den Bann steckte und diesen noch immer nicht aufgehoben hat.

Gnädig gab Papst Benedikt in Köln für die anderen christlichen Konfessionen einen Empfang. Für die 25,8 Millionen Protestanten durften zehn Repräsentanten kommen, die Freikirchlichen durften zu zweien und die 1,5 Millionen orthodoxer Christen in Deutschland durften zu acht Vertretern kommen. Besonders herrisch ist wohl, daß Rom bestimmte, wer kommen durfte und keine der zwei Bischöfinnen war geladen. Schade, daß die protestantischen Herren Bischöfe Rom diese Verachtung durchgehen ließen, so stärkten sie den exklusiven Männerklerus. Der war dann beim festlichen Gottesdienst auch bitter zu spüren: Wie eine Mauer war der Papst umringt von Tausenden weiß gewandeten Bischöfen und Priestern.

Köln war ein großes Fest, die jungen Leute in ihrem Elan, die bunten Farben der Kleidung und der Fahnen, die fröhlichen Gesänge, ein spielerisches Gewoge soweit das Auge reicht. Allein die Gastfreundschaft und die Bereitschaft, Mühen auf sich zu nehmen für Gemeinschaft, bleiben unvergessen. Und der festliche Gottesdienst war gerahmt von den urprotestantischen Liedern: Lobe den Herren und nun danket alle Gott - ein Zeichen, daß wir auf dem Pilgerweg zusammengehören, trotz allem.

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