Traugott Giesen Kolumne 11.05.2002 aus "Die Welt" Ausgabe Hamburg

Hat der liebe Gott einen Hund?

Sicher hat Gott einen Hund. Aber warum nur einen? Alle Hunde sind doch seine. Und die Katzen auch. Und die Löwen und die Regenwürmer. Aber Du meinst, ob er einen Besonderen hat, einen Lieblingshund? Ja, der ihn gerade besonders braucht. Immer der besonders in Not ist, dem hält er gerade das Auto vom Hals, wenn es noch geht. Aber manche Hunde laufen ja so geradewegs unters Rad, da kommt jeder Engel zu spät. Dann weint sicher Frauchen und wenn ein Wesen weint, schmerz Gott das mit. Der hat ja ganz viele Nerven, alles ist an ihn angeschlossen. Von ihm bekommt alles Lebendige die Kraft. Und Gott merkt alles Leid und alle Freude. Besonders wenn die jungen Hunde sich so balgen, freut er sich mit. Dass die sich beißen können ohne sich wehzutun ist ein besonders schönes Geschenk an die Hunde.

Der liebe Gott soll den besten aller Hunde bei sich haben, könnte man meinen. Vielleicht einen, den er für sich behält, - keinen Menschenkameraden und Erdenhund, sondern einen Engelhund, einen Himmelshund. Dann müßten da natürlich auch Bäume sein, wo Gott ist. Ganz sicher sind da auch Bäume, die sind ja sowieso die schönste Erfindung, weil sie so friedlich sind und alle trösten. Aber Gott hat auch noch unerwachte Träume, vielleicht gibt es nah bei ihm zukünftige Hunde, die schon bei ihm probelaufen. Der Schöpfer von allem wohnt ja im Himmel, aber auf Erden hat er seine Werkstatt. Hier gibt es eben die irdischen Hunde, mit den Unarten und Mühen die Hunde so haben. Die Menschen froh machen ist ihre harte Arbeit. Was die alles abkriegen, wofür sie gar nichts können. Aber dann gucken sie so melancholisch, dass ihre Frauchen und Herrchen ein schlechtes Gewissen bekommen und vielleicht doch noch etwas bessere Menschen werden.

Ob die Hunde auch beten? Also andächtig können sie sehr sein, und mit welcher Spannung sie den Duftmarken nachschnüffeln, - vielleicht denken sie nicht oft an Gott, aber sie sind ihm dauernd auf der Spur. Denn die guten Hundegaben sind doch dessen Erfindungen. Bearbeiten sie hingegeben ihr Stück Fleisch (hoffentlich bekommen sie auch noch was Frisches, Rohes), dann ist das ein "Hunde-Lobe-den-Herrn". Und wieviel Menschen haben schon Gott gedankt wegen ihres Hunde-Gefährten! Es sind sicher mehr als sonntags in der Kirche sind.

Es gibt die schöne Geschichte vom ersten Menschenpaar im Garten Eden. Denen mußte Gott ein paar ernste Worte sagen, z. B. dass sie die Erde bebauen und bewahren sollen, und er ging zu ihnen in der Verkleidung eines lebenserfahrenen, weisen Menschen. Die Szene ist oft gemalt worden, und wenn ich sie malen würde, wäre ein Hund bei Gott am Fuß. Zum Zeichen, dass es eigentlich einfach ist, auf Gott zu hören, weil wir ja alle ihm gehören.

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