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Traugott Giesen Kolumne 31.07.1999 aus Hamburger Morgenpost

Sich suchen in Gefahr

Einst dienten Feierabend, Sonntag, die kurzen freien Tage der Wiederherstellung der Arbeitskraft. Jetzt ist viel Freizeit zu füllen. Einige bauen nach der Arbeit sich ein Haus, andere gehen in den Garten oder mit Freunden los oder knabbern sich durch Fernsehland. Die meisten Mitmenschen finden ihren Alltag spannend genug, jedenfalls zur Genüge anstrengend. Sie wollen in der Freizeit es auf ihre Weise gut haben.
Andere aber gieren nach Abenteuern. Sie stürzen sich in Mühen, die andere nicht bezahlt ertrügen. Sie besteigen Berge mit beängstigenden Graten, hängen an verkrallten Fingern über Abgründen. Sie stürzen sich im freien Fall in die Tiefe, bis ein Gummiseil sie wieder hochkatapultiert. Sie tauchen lange tief, springen aus Flugzeugen und öffnen nahezu zu spät erst ihren Fallschirm. Und sie spielen Kajak in Wildwasserschluchten der Alpen � verpackt in vorgeblich sichere Schaumstoffanzüge schwimmen sie, klettern, lassen sich fallen, helmbewehrt, in reißende wasserfallartige Sturzbäche. Warum?
Sie wollen kämpfen, wollen Natur bezwingen, liegen im Wettstreit, oft genug, um sich zu stählen für den Ernst des Lebens: Vielleicht sehen sie ihren Beruf als Dschungel, wo Wachsamkeit das höchste ist, trainieren den Aufstieg in der Firma, der auch ein schmaler Grat ist, nur der Tüchtige übersteht.
Extremsportler haben wohl ziemliche Angst vor dem Normalen, dem Kleinbürgerlichen. Der sonntägliche Familienspaziergang ihrer Kindheit, Plüsch und Langeweile können ihnen so ein Horror sein, daß sie immer noch auf der Flucht sind. Und sie treiben sich an, eilen von Kick zu Kick, um nur ja nicht zu sein wie die da.
Faszinieren mag sie auch, sich selbst neu zu erleben im Team, das aus Lust zueinander gewürfelt ist auf kurze Zeit, und jeder hat die Chance, mit Staunen wahrgenommen zu werden. Und wer im Büro als schüchtern gilt, der kann hier Held werden.
Auch ein Stück Todestrieb mag mitspielen, wie bei Autorasern. Sie sagen manchmal, sie spürten nur dann ihr Lebendigsein, wenn es bedroht ist. Ja, sie würden sich nicht fühlen im Trott des Alltäglichen. Die einen rammen sich Nadeln in die Haut, um Schmerz zu spüren und damit ihr Vorhandensein. Andere lechzen danach, Gefahren zu bestehen.
Und dann im Rückblick, der Gefahr entronnen, werden sie dankbar. Vielleicht schließen sie ja auch eine Wette mit Gott, setzen auf ihre Schutzengel. In ihrer besonderen Art von Frömmigkeit fordern sie die Zuwendung des behütenden Schicksals; wie kleine Kinder sich gern vom Schrank in Vaters Arme fallen lassen � dann haben sie Beweise, daß er sie liebt. Wir sind schon kompliziert. Ein Bündel Verrücktheit hat jeder, meist kann man damit alt werden.
 


 




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