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Traugott Giesen Kolumne 04.04.1998 aus Hamburger Morgenpost

Wiederholung und Neues

Wir brauchen beides: Wiederkehrendes und Erstmaliges, Kopien und Schöpfungen, Erstes und die Reihe. Wir brauchen �Alle Jahre wieder� und die Überraschung.

Wir brauchen die wiederkehrende Zeitung und die neuen Nachrichten; wir brauchen Vertraute und Herausfordernde, Heimat und Neuland. Wir brauchen alte Texte und neue Wörter.

Das Leben hat seinen Bestand wohl vom Kreisenden und Bleibenden: Jeden Morgen geht die Sonne auf, wir steigen aus dem Bett, wir essen das gleiche Frühstück, setzen die Arbeit von gestern fort am selben Schreibtisch, Tresen, Zahnarztstuhl, auf dem gleichen Lastzug, in derselben Küche � der lebenswichtigste Platz ist der Haushalt, und der bringt immer wieder auf den Stand von vorher. Oder wir machen die gewohnte Runde, am Kiosk vorbei und dann beim Spielplatz den Kindern, den Spatzen zuschauen, dann den Kopf schütteln über Jugendliche mit Eisen in Nase und Mund � demnächst wird eine Trense im Mund letzter Schrei sein. �

Seinen Bestand hat das Leben vom Wiederkehrenden, seinen Wert aber vom Neuen. Sind wir nicht Jäger dessen, was verblüfft, was staunen macht. Das macht lebendig, regt an und auf. Die Mode lockt zu neuem Anschauen des schon bekannten Körpers, ein neuer Duft schnipst neue Gefühle herbei, das andere Auto bringt auch auf andere Gedanken, ein anderes Urlaubsland erst recht.

Wir leben in aufregenden Zeiten. Eben die Wiedervereinigung, jetzt die neue Währung. � Eben vielleicht Trennung von Menschen oder Kündigung und Neuanfang auf unsicherem Terrain. Wir brauchen Verläßliches, um nicht weggeschwemmt zu werden. Darum die Anhänglichkeit, darum Gebräuche, darum Rituale � wiederkehrende Abläufe, die uns sagen, was man zu fühlen und zu tun hat. Gewohntes gibt Sicherheit. Sicherheit kann einschläfern, ist aber auch Voraussetzung für Schönes, für Glück und Gelingen. Wer nur auf der Flucht ist, kann nichts zustande bringen.

So brauchen wir Wiederholung und Beginn, wir brauchen Unveränderliches und neue Sicht. Das immerfort Vorkommende sei uns Plattform für Wandel, das Neue werde Anwachs von Beständigem. Werden wir nicht wunschlos aber auch nicht schlingend, fahrig. Wunschlosigkeit wäre Armut. Aber manches braucht man sich nicht mehr anzutun. Bewahren und gewinnen sei beides unser Talent.

Eins bringt das Altern so mit sich, ja ist Altern: Mehr und mehr wiederholt sich, und immer weniger geschieht erstmalig. Alles wird fester: Die Gewohnheiten, der Tagesablauf, die Ticks. � In jungen Jahren sind wir weich, alles passiert zum ersten Mal: Der erste Schnee, der erste Kuß, das erste selbstverdiente Geld, die Hochzeit, das erste Kind, das erste Enkelkind. Es gibt dann nicht mehr viel ganz Neues. Doch warte! Vor dir Kessel bunten Glückes.


 




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