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Kolumne 09. Oktober 2004 - <br>Jungsein und Altsein liegt nah beieinander

Traugott Giesen Kolumne 09.10.2004 aus "Die Welt" Ausgabe Hamburg

Jungsein und Altsein liegt nah beieinander

Himmel und Erde

von Traugott Giesen

Natürlich sind Eltern für ihre Kinder immer alt, alt wie die Welt. Aber auch Geschwister untereinander sind jung oder alt, da heißt es groß und klein. Inzwischen gibt es eine ganze Menge Urgroßeltern, auch sie oft körperlich herrlich fit und immer noch vom Leben begeistert. Wann also ist man richtig alt? Wohl, wenn man sich den Tod herbeiwünscht, weil einem das Leben so beschwerlich geworden ist, daß man "lebenssatt" ist.

Diese Müdigkeit am Leben, die zieht sich durch alle Phasen. Wir sind alle immer schon mal alt - es ist ja richtig zum Begriff geworden: "Da siehst du aber alt aus". Diese Abgeschlagenheit, diese Erschöpfung, dies "Sich-ausgelaugt-fühlen" geht doch still und meist unerkannt immer mit uns. Ein Glück, wenn wir es schnell abstreifen können und ganze Strecken begeistert wirken; also nicht "frühalt" (H. Hesse) sind. Aber täglich muß jeder auch mal zur Ruhe kommen und schlafen; in der guten Nacht, im Schlaf, da sind wir alle ein bißchen alt und ein bißchen tot, am Morgen ist dann Auferstehung zum hinreichenden Jungsein. Doch alles Jungsein erschöpft sich täglich und irgendwann für immer.

Darum wäre eine tiefe Freundschaft zwischen Jung und Alt köstlich. Die Konkurrenz bis zur Feindlichkeit zwischen den erst kurz hier auf Erden Weilenden und den Langzeitpassagieren ist nur garstig. Die Alten waren mal blutjung und die Jungen wollen doch gern alt werden.

Die Jungen brauchen die Älteren für die ersten Jahre, die Alten brauchen die Jüngeren für die letzten Jahre. Altgeworden schwärmen wir immer wieder von der guten alten Zeit, weil wir da noch so frisch waren und alles vor uns hatten: andererseits ist für die Jungen das Sehnsuchts-Liebespaar das altgewordene Paar auf der Parkbank, ausruhend von den Stürmen des Lebens. Die einen müssen mit den anderen zusammenhalten. Entweder wir waren so dran, wie sie oder wir werden mal so dran sein. Wir haben doch alle ähnlich gekerbte Lebensbögen.

Ob jetzt jung oder alt, im letzten Drittel oder Viertel des Lebensbogens, sollten wir nicht mehr zum Gelderwerb gezwungen sein. Irgendwann ist es Arbeit genug, den Alltag zu bestehen und sich ordentlich durchzubringen, bei kürzer werdenden Schritten und weniger belastbaren Händen. Auch das Denken wird ja nicht schneller, das Gedächtnis nicht besser. Die Neugier behalten und die Geduld mit sich und seinen Nächsten, das wäre gut. Auch großzügig werden, wäre meisterlich: mehr loben, weniger meckern, mehr und mehr das Gute gut finden, und was geschieht, sich zum Besten dienen lassen. Nicht zanken, auch nicht mit mir selbst, wenn das Gewünschte nicht sofort präsent ist. Spätestens im Alter ist es Zeit, nachzugeben und sich vom einfachen Verlangen führen zu lassen.

Für die letzte Strecke brauchen wir viel Hilfe. Dafür was zurückzulegen, gebietet die Vernunft. Aber jeder Mensch hat ein Recht auf Beistand in der Not unabhängig vom Alter. Daß "uns auch die Todesstunde neuen Räumen neu entgegensendet" (H. Hesse) bleibt zu hoffen.


 




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