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Predigt 8. Mai 1997

Keitumer Predigten Traugott Giesen 08.05.1997 Himmelfahrt

Jesus Christus sprach zu seinen Jüngern: Ihr werdet die Kraft des heiligen Geistes empfangen und werdet meine Zeugen sein (Apostelgeschichte 1, 8). Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker und taufet sie im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes, des Heiligen Geistes.

Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende (Matthäus 28, 18 - 20).

Dem Evangelisten Lukas haben wir diesen Feiertag zu verdanken. Jahrzehnte nach Jesu Tod und Auferstehen, lange nachdem Paulus und die Jünger den christlichen Glauben verbreiteten, legte sich Lukas gedanklich klar, was geschehen war. Er faltete in drei Schichten das eine Ereignis Auferstehung auseinander, verteilt auf sieben Festwochen mit drei Hochtagen das Wunder der Auferstehung: Ostern ist Besiegen des Todes, Himmelfahrt ist Heimkehr zu Gott und Pfingsten das Bleiben des Christus in Gestalt von Geist und Liebe.

Eigentlich ist die Heimkehr zu Gott kein zusätzliches Ereignis, es ist ein Schritt, eine Sequenz, ein Hauch im Verwandeltwerden des Jesus. Aber wo wir nun den Feiertag im Kalender haben, sollten wir ihn auch nutzen, zumal er einen Namen hat, der - schwerbeladen - doch zu denken gibt.

Himmel - wohl kein Wort hat so viel andere, neue Welt bei sich, ist voll Zukunft, Farben, Fiktionen. Ohne dies Schaufenster der Phantasie und Hoffnung wäre die Erde wohl nicht auszuhalten. Dabei haben wir Heutigen keine Gegend mehr, wo der Himmel zu lokalisieren wäre. Nur vage zeigen wir nach oben ins Unbestimmte.

Das Weltall ist ja ein gigantischen Raum, noch in Ausdehnung, fast leer, trotz und mit den Millionen Milchstraßen - und wir Menschlein winzig, auf einem stecknadelkopf-kleinen Sandkorn namens Erde! Da kann es einem schon den Atem verschlagen vor Nichtigkeit, da kann man schon sich klammern an jedes Fädchen Zusammenhalt. Ja, da braucht man Lebendiges zur Seite, ein Wesen, das meinen Namen kennt, da braucht man Lebendiges zum andocken, daß man nicht verweht.

Die Astronauten, wenn sie aus der Kapsel steigen und mit einer technischen Nabelschnur ans Mutterschiff gebunden bleiben - wir sehen ihnen per Fernsehen zu, wir zittern doch um sie, so ausgesetzt und hilflos scheinen sie - und sie sind auch ein Bild für unser Alleinsein und unser Bitten um Nähe. Wir hoffen für sie und uns, daß wir auf Erden und im Weltraum mit Gott im Konvoi fliegen. Und so ummantelt sind von der Schwerkraft der Liebe, Gott genannt oder Himmel. Was auch um uns ist - wir landen in seinen Händen, möchten wir glauben; - Himmel meint Heimat - heaven, was nach Hafen klingt.

Vielleicht sagt unser Verstand "nein" - aber unsere Vernunft, mit der wir in Liebe vernehmen fordert "Himmel", jedenfalls für die, die uns starben. Wir wissen die doch vorausgegangen in sowas wie Himmel. Sie sind zu schade fürs Vergessen - sie müssen angelandet sein im Guten, geborgen sollen sie sein in Frieden.

Die Freundinnen und Freunde Jesu damals am Grab, leer vor Traurigkeit, spürten ihren geliebten Menschen - spürten, daß das Grab ihn nicht fassen kann. Sie lernten, daß er überall mehr ist als in den kalten Grabesgrüften - sie sehen ihn vor sich - sehen sich bei ihm, sehen ihn bei sich. Sie wußten: Diesen ihren Jesus gibt es weiter und mehr denn je.

Meine Eltern, deine Großeltern - hol dir einen Menschen, den du liebtest vor dein inneres Auge - ja da ist er als stehendes Bild in der Umgebung von früher, am Herd, in Arbeitskleidern, dich als kleines Kind auf dem Arm; manche Fotoeinstellungen tauchen auf - aber auch losgelöst von den Situationen weißt du sie vorhanden, als wäre nur eine Papierwand dazwischen; Schwimmende, ihre Sache betreibend, von uns abgekehrt, aber in einer gemeinsamen Atmosphäre. -

Wie sollen wir den Ort nennen ihrer Existenz - "Himmel" hat doch einen guten Klang. Ich brauche das Bild vom Himmel für die Gewißheit: Wir gehen uns nicht verloren - wir bleiben verbunden, wir finden uns wieder. Ihnen ist schon abgetan ihr Schmähliches, ihr Herrisches, ihr Giftig-Vergiftetes; heilgemacht auch ihr Jammer; ihr Elend erstattet. -

Mir ist Himmel wichtig als Heilstätte, wo wir zu Ende entwickelt werden, wo der Verderbte zurechtgeliebt wird, und die Seele des Zerstörers hellgebadet wird - das sind Bilder, aber sie sind lebensstärkend. - Wir brauchen sie, damit die Hoffnung Spannkraft behält und wir gründlicher, weitreichender wünschen; es gehört zur Menschenwürde, statt am Banalen seelisch zu verdorren.

Himmel meint: Weiten Horizont für die Seele - "Diesseits bin ich gar nicht faßbar" hat sich Paul Klee auf den Grabstein gewünscht; Himmel meint: Nicht preisgegeben ans Vergehen sind wir, sondern bedürftig der Vollendung.

Wir wissen nichts vom Himmel, und doch zieht's uns hin - weil wir hier nicht satt werden an Liebe und Güte und Schönem. Drewermann hat ein Gleichnis gefunden: Im Spätherbst ziehen die Schwalben los. Keine von ihnen, die im Sommer auf die Welt gekommen ist, weiß vom Land ihrer Bestimmung; - eine jede hat Angst vor den hohen Bergen und den weiten Meeren - aber sie werden getragen von Bildern der Rettung, des Ankommens, des Sattwerdens - so zieht's uns auch mal hinüber, dahin wo wir unsere Vorangegangenen schon angekommen sehen.

Auch Jesus sahen seine Jünger angekommen in Gott - das brauchte seine Zeit. - Zeit der Trauer, verlassen und entleert, Haus ohne Hüter, man bleibt scheinbar entkernt zurück - aber dann, dann reift in ihnen ein Keim Wissen, sie sehen ihn bei sich - sie spüren seine Gegenwart, sie spüren seinen Glauben in ihrem Mut, sie sehen ihre Hände benutzt von seiner Heilkraft, sie sehen ihren Mund umgewidmet, vom jammernden Mund zum tröstenden. Sie sehen sich nicht mehr als Verlassene sondern als Nachfolger, nicht als Museumswächter sondern als Nachkommen, als Schüler, die ihm nach selbst Lebensmeister werden.

Und heute sind wir dran. Jesu Atem reicht ja zu uns; uns bläst ein Wille zur Freundlichkeit in die Segel - wir haben doch Lust an der Liebe - caritas et amor, Freude am Gelingen einer besseren Gerechtigkeit; und fühlen uns hingeneigt zu Lebensdankbarkeit. - Wenigstens angebrütet von Jesu Einfluß sind wir doch, angeleitet von Jesu Sicht der Dinge. Wir wollen doch eine innere Großzügigkeit lernen im Laufe der Zeit.

Heute feiern wir Jesus als "Anfänger und Vollender des Glaubens". Im alten Weltbild gesagt, ist heute Christi Thronbesteigung bei Gott - das alte Himmelfahrtslied singt davon. Mir reicht es, Jesus in Gott zu wissen, bestätigt als Sohn und erstes Kind Gottes, dem nach wir an den ewigen Liebeswillen Gottes glauben können. -

Das ist also kein Prunkfest heute - sondern eine Indienstnahme. Wir sind angesteckt als Leuchtfeuer für lebbares Leben. Wir haben Gottvertrauen auch als Antriebsenergie, anderen zu helfen. Vergebung dürfen wir uns erhoffen aber sollen sie auch besorgen denen, die uns schädigen.

Uns trägt ein Wissen, das aus dem Lebenslauf des Jesus Schlüsse zieht: Jesu Gebet für seine Schinder "Gott vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun", unterbricht den Kreislauf von Gewalt und Rache bis in die letzte Instanz. - Waffen rufen als Antwort nur schärfere Waffen nach sich. Aber Liebe muß leiden - sie trumpft nicht auf, sie besiegt nicht, sie gewinnt einen, sie hält sich hin, sie teilt, sie wirft Privilegien von sich. - Dazu müßte man die Angst verlieren. Dazu aber brauchte man Jesus an seiner Seite, müßte sich in Gottes Hand wissen. - Womit sich der Kreis schließt. Der Glaube fädelt ein ins Vertrauen, daß uns der Himmel offensteht - schon jetzt, unter Mühen, mit Freuden. Du siehst dein Leben anschwellen im Strom einer großen Verwandlung, die eben mit dem Sterben nicht aufhören wird. Und wie du nicht fragen kannst, ob du einer Liebe oder einer Musik traust, die dich bereits davonträgt, so traue doch auch deinem Glauben, der dich ja schon trägt und verwandelt.


 




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