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Predigt 24. April 2005

Keitumer Predigten Traugott Giesen 24.04.2005

Alles hat seine Zeit.

Prediger Salomo 3

1 Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: 2 geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ernten hat seine Zeit; 3 töten und heilen ; abbrechen und bauen ; 4 weinen und lachen; klagen und tanzen; 5 Steine sammeln und Steine zerstreuen; herzen und ferne sein von Herzen; 6 suchen und verlieren; behalten und weggeben; 7 zerreißen und zunähen; schweigen und reden; 8 lieben und hassen; Streit und Friede hat seine Zeit. 11 Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, nur - der Mensch kann nicht ergründen das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende. 12 Da merkte ich, dass es nichts Besseres dabei gibt als fröhlich sein und sich gütlich tun in seinem Leben. 13 Denn ein Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes. Doch Wehmut bleibt: (3,11) Gott hat die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; (6,7) Alles Mühen des Menschen ist für seinen Mund, aber sein Verlangen bleibt ungestillt.

Der Mensch, der das schrieb, ein, zwei Jahrhunderte vor Christi Geburt, sieht die Welt von Katastrophen umstellt, sieht keine Entwicklung zu Fortschritt und Besserung. Sieht auch keinen Anlass zu Hoffnung: "Alles ist eitel, alles ist Haschen nach Wind". Das ist nicht schnöselig von einem herumhängenden Intellektuellen gesagt, sondern dem König Salomon in den Mund gelegt, einem Menschen, der alles erlebt und viel sich erarbeitet hat. "Alles Mühen ist Haschen nach Wind" kann missverstanden werden als Einladung zum Nichtstun, aber auch das Nichtstun will verdient sein, man kann es sich nicht einfach so genehmigen, alles hat seine Zeit, alles seine von Gott gesetzten Phasen.

Erst noch mal sei betont, wie erstaunlich die Aufnahme dieser Schrift in die Bibel ist. Zweifler halten die Bibel ja für eine Sammlung von Schauerlichkeiten und Illusionen. Allein schon dieses weise Büchlein "Prediger Salomo" kann in seiner Humanität und Nüchternheit gar nicht ausgeschöpft werden.

Eine Zeit, eine bestimmte Stunde ist allen Dingen unter dem Himmel gesetzt. 14 Gegensatzpaare umfassen unsere Existenz und sagt davon: alles hat seine Zeit hat. Was ist daran tröstlich?

Alles Glück ist nicht ganzes Glück, es bleibt nicht, was es ist, man muß sehen was draus wird. Alles Unglück ist nicht ganzes Unglück, man muß sehen, was draus wird (Ludwig Hohl). Alles ist Werdewelt, alles ist auf dem Weg, wir sind Passagiere, noch fließt die Zeit von deiner richtigen Zeit zur nächsten - dazwischen Flauten, aber alles mündet in Gottes Ewigkeit. die hat Gott uns ins Herz gelegt als Sehnsucht, als Verlangen. Jetzt ist alles auf Zeit, wir im Vergänglichen sind nur Vorübergehende.

Doch hier schon Vorgeschmack auf Ewigkeit, hier schon Funken der Freude aus Elysium. "Dem der große Wurf gelungen eines Freundes Freund zu sein, wer ein holdes Weib errungen, stimme in den Jubel ein." Doch, ja - auch wenn Herzen und ferne sein von Herzen, Lieben und Hassen seine Zeit hat. "Des Lebens ungemischte Freude ward keinem Irdischen zuteil" (alles F. Schiller). Es ist uns Menschen ein Rhythmus eingegeben, von Ebbe und Flut in der Liebe, im Geschäft, in Gesundheit, in Gefühlen. Phasen sind uns vorbestimmt. Die Zeit für Pflanzen und die Zeit für Ernten, die Zeit für Abreißen und die Zeit für Aufbauen; die Zeit für Klagen und die Zeit für Tanzen, für Sammeln und Zerstreuen. Es kommt darauf an, die rechte Zeit zu erkennen für das eine und nicht das andere.

Das Schicksal misst uns zu für all unser Tun die richtige Zeit, die richtigen Umstände - die müssen wir erkennen, zuallererst, indem wir anerkennen: Ja, alles hat seine gesetzte Zeit, hat seine Bedingungen. Die erkennen, dann kann man planen. Unser Planen hat eben nur Verheißung, wenn wir unser Wollen eingerahmt wissen von den himmlischen Vorgaben.

So viel Versagen ist doch aus Voreiligkeit oder Zögern aus Zwingen wollen oder Sich Drücken. Was ist die richtige Zeit? Kein Wunder, seit Menschengedenken suchen wir die richtige Zeit zu erforschen, Horoskope werden gestellt, Wahrsagerinnen befragt. Man will die himmlischen Rahmenbedingungen wissen. Aber du kannst sie selbst merken, Gott hat auch in dein Herz die Sehnsucht nach Erfüllung gelegt. Also soll alles auf Vollendung hinzielen. Dann sieh alles Enden und Anfangen als eingewoben in den Teppich Ewigkeit, und du weißt die rechte Zeit zu treffen und im annähernd richtigen Augenblick zu handeln. Wenn du nicht zwingst und klammerst, weil alles Schöne nur Pfand ist für das Ewigschöne, kannst du die Pfänder lassen, "an keinem wie an einer Heimat hängen" (H. Hesse). Und auch nichts achtlos lassen, alles ist der Mühe deiner Wahrnehmung wert, alles dir zur Begegnung zugeführt, daß du dich geben kannst und du nehmen kannst, wenn es die Zeit, die richtige Zeit ist. Und es ist nicht die richtige Zeit, wenn der andere sich entzieht, weil bei ihm abbrechen dran ist oder klagen oder zerreißen. Du kannst nur in den Dir verfügten Umständen deinen Willen wirken lassen, sonst reibst du dich nur wund und andere auch.

Jesus hat öfter gesagt, meine Stunde ist noch nicht gekommen. Aber er ging nach Jerusalem, als er fühlte, daß seine Stunde gekommen war. Und ließ sich nicht aufhalten von wohlmeinenden Menschen. Spüren, was die Stunde dir schlägt... das ist geschickt sein zum Reich Gottes (Lukas 9,62). Wir sollen mit am eigenen Drehbuch schreiben, schon das Richtige tun, richtig, zur richtigen Zeit; in den Rahmenbedingungen Gottes Mitarbeiter sein, im Weinberg des Herrn. Gerade wird Bruder Papst in sein Amt eingeführt, und wir sind mit gespannt, ob Benedikt der XVI. seine Zeit erkennt, ob er die Rahmenbedingungen, die ihm gesetzt sind, ausfüllt. Eins scheint darauf hinzuweisen: er sieht sich nicht als Nachfolger von Johannes Paul II, sondern als Nachfolger des Petrus. Der war einer von Zwölf. Der neue Papst lässt sich nicht von allen seinen Kardinälen huldigen, sondern von zwölf Christen, auch Kardinäle, dabei aber auch Laien, hoffentlich auch Frauen. Beten wir mit, daß Bruder Ratzinger erkennt, was seine Zeit ist.

Säen wenn es Zeit ist, ernten, klagen, tanzen wenn es Zeit ist. Ein Amt bekleiden, aus dem Amt scheiden... Uns ist die Zeit gesetzt. Es ist gefüllte Zeit. Nicht leere Zeit, diese Stunde, der heutige Tag, als wäre es ein leeres Blatt. Sondern wofür ist es dir rechte Zeit? Was steht dir an, steht dir gut an? Wofür braucht die Zeit dich heute, die nächste Zeit? Wenn wir es nur merkten. Wir machen uns Indices - so heißt das beim Wertpapierkauf - und bilden uns viel ein, den Verlauf vorherzusehen, dabei bilden wir ja nur den Trend mit.

Alles hat seine Zeit! Der Prediger hält das für die erste Setzung: "Geboren werden und sterben". Also nur noch planen: sub condicione Jacobäi: "So Gott will und wir leben" (Jakobus 2,15). Wir sind nicht Herren der Zeit, ein Blick in den Spiegel und unsern Körper hinunter sagt, daß wir vergänglich sind. Darum ja auch die Zeit nutzen für pflanzen und bauen, für tanzen und lieben: ja, es gibt nichts Besseres als fröhlich sein und sich gütlich tun in seinem Leben, und "sich Freunde zu machen mit dem ungerechten Mammon", so Jesus.

Der Prediger sagt, Gott hat alles schön gemacht. Nur der Mensch kann es nicht ergründen, meint der Prediger: Wir können so schwer unsere Grenzen akzeptieren, wir sammeln ohne Ende, wir wollen immer ernten, immer tanzen, immer zunähen, immer Harmonie? Wir wollen nicht Streit? Aber die Wahrheit braucht auch Streit. Wollen nicht loslassen. Ist es das? Warum? Weil wir hier schon Himmel haben wollen? Jeder sein kleines Privatparadies. Und jeder erkürt sich einen Schatz den er sich aufbläst und dranschreibt: "meins, meins": Und geht darin auf, diesem kleinen Besitz zu dienen, hält einen Menschen für das Ganze. Klar, daß dann mit seinem Tod oder Weggang oder seiner Scheidung alles aus ist.

Alles hat seine Zeit. Das kann uns packen wie als kalte Begrenzung durch ein blindes Geschick. Aber alles hat seine Zeit, - das soll doch heilen. Alles ist uns zugeteilt, auf daß wir damit Gutes tun und erfüllte Zeit erarbeiten. Nur wenn wir uns bestohlen fühlen, wenn der Sommer, der Herbst vorbei ist und der Winter kommt, das Alter kommt, letztlich das Sterben kommt, dann war alles eitel, umsonst. Aber warum bestohlen? Wir werden beschenkt auf Zeit und werden immer nur verwandelt.

Er hat alles schön gemacht, und alles ist in Fluß hin zur Ewigkeit. Nach ihr hat er uns süchtig gemacht. Gott hat die Ewigkeit uns ins Herz gelegt; Darum ist alles Mühen des Menschen nur für seinen Mund, für kurzfristiges Sättigen, aber sein Verlangen bleibt ungestillt. Darum muß doch Vollendung kommen. Ich weiß es. Weil er uns das Verlangen danach ins Herz gelegt hat, wird er uns auch stillen. Wissen wir aber, daß wir auf Vollendung zugehen, können wir "das Ewige ist in der Zeit" (Paul Thillich) schon schmecken. Dann ist auch Arbeit nicht eitel sondern Vorspiel, dann ist Liebe und Freundschaft schon jetzt am Tisch im Reiche Gottes sein, auch wenn wir uns hier noch wieder loslassen müssen. Gott gehört die Zeit, und der Zeitenfluß mündet ins Ewige, und da wird Freude, nur Freude sein.

Gott setzt die Zeit, die Fristen, die Lebenszeit? Gott wählt uns für einander aus und vertraut uns an, - kurz oder lang, mit Spielraum für unser eigenes Dazutun, aber doch setzt Gott klar den Rahmen. Luther sagt mal: das größte Schöpfungswunder ist, daß sich die Dinge selber machen, beim Wetter ist mir das klar, da hat nicht jede Gegend einen Petrus in der Wetterküche. Aber als meine Eltern mich zeugten, meine ich schon, daß Gott mich aus dem Nichtsein erlöst hat, mich bei meinem Namen gerufen hat. ("Eh ich noch nicht geboren war, da warst du mir geboren, und hast mich dir zueigen gar, eh ich dich kannt erkoren, eh ich durch deine Hand gemacht, da hast du schon bei dir bedacht, wie du mein wolltest werden...")

Und bei der Trauung frag ich das immer: Willst du ihn annehmen aus Gottes Hand? Die beiden müssen wissen, daß sie für einander bestimmt sind. Ohne dieses Wissen hätte doch kein Paar eine Chance. Sie müssen wissen, daß sie zueinander gehören, darum werden sie passend im Laufe der Zeit. Auch nicht immer, aber ohne diese Gewissheit doch nie.

Alles hat seine bestimmte Zeit, die dir, mir vom liebenden Gott zugemessene Zeit. Gegen viel Begrenzung rebellieren wir, alle Medizin dehnt ja die Zeit. Und damit fremde Menschen nicht mal das mir gesetzte Zeitmaß z.B. durch Magensodenernährung sprengen, sollte man ein Patiententestament machen. Viele Zeiträume waren ja auch hingenommen als immerwährendes Schicksal, dabei hat Gott schon ganz andere Zeiträume neu eingeräumt. Früher ist die Weizenernte vierfach so ergiebig wie noch vor fünfzig Jahren. Wir müssen im Gespräch mit Gott herausfinden, was die Zeit ist für brechen und bauen, klagen und tanzen ist, - und da ergänzen sich die Freiheit Gottes und die Freiheit des Menschen.

Nicht jederzeit sind wir ermächtigt zu lieben. Zur falschen Zeit auf Klärung pochen, da bekommst du keine wahre Antwort. Zur falschen Zeit auf Fang ausgehen, da kommt man mit leeren Händen zurück. Also lausche in die Ordnung in den Dingen, und wenn die Zeit des Abschieds da ist, dann ist das keine Niederlage und auch kein Drama, keine Willkür. Versuche den Umständen abzugewinnen die Kenntnis vom gottgesetzten Zeitpunkt. "Und goldene Äpfel auf silbernen Schalen ist ein richtiges Wort zur richtigen Zeit" (Sprüche 25,11). "Und dann ist die Ewigkeit in einem kleinen Datum." (Botho Strauss)


 




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