Predigt 30. Mai 2004
Keitumer Predigten Traugott Giesen 30.05.2004
Pfingsten
Johannes 14,23
Jesus sprach zu seinen Jüngern: Wer mich liebt, der wird mein Wort halten;
und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung
bei ihm nehmen. Und der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden
wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern,
was ich euch gesagt habe. Wenn aber der Geist kommen wird, wird er euch in
alle Wahrheit leiten (16,13). Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden
gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke
nicht und fürchte sich nicht.
Heute hat die Kirche Geburtstag, aber wir feiern mit der Kirche keine Festung
auf Fels gebaut, sondern einen Weg, keinen Dogmenbestand, sondern eine
vielstimmige Familie bei Tisch. Immer noch werden wir erst eingewiesen, angelernt
und eingeführt in die Wahrheit des Geistes. Also wir sinds noch
nicht, wir werdens aber, wir sind noch nicht fertig, wir sind aber im Schwange,
wir habens noch nicht, wir sind aber gehalten (nach Luther).Wie erleben
wir uns als Christen? Resignation wäre völlig falsch, falsch wie
eine illusionäre, triumphierende Kirche; Die Evangelischen sind ja eher
niedergeschlagen, Rom spielt manchmal die große Oper zum Neidischwerden
- da wird der Segen urbi et orbi übertragen auf allen Sendern wie eine
Hochzeit bei Hofe, oder Menschen werden zu Heiligen erhoben. Ich meine, mehr
als 400 solcher Kronen der Menschheit habe der Papst ernannt, Luther war
sicher nicht dabei. Na ja wir Evangelen, in viele Kirchentümer zerfallen,
manchmal farblos und neuerdings voller Fachleute für Betriebswirtschaft,
brauchen Pfingsten besonders. Brausen vom Himmel speise uns wieder Energien
ein für den geistigen Kreislauf!
Wir kennen doch die Quelle für Lebensmut, wer einen von uns trifft,
der müsste doch aufatmen, dem muß doch sein, als würde ihm
die Schlinge vom Hals genommen.- Bitte, Gott, Schöpfer, Heiliger Geist,
pump uns voll mit Lebensmut. Dass wir Feuer und Flamme sind für deine
Erde, und einstehen für Glückseligkeit, die du mit uns vorhast;
mit uns, in uns entwickle sie. Du willst mit Christus in uns Wohnung machen
- was für ein Bild! In uns nicht Leere, nicht Schwachsinn und Angst,
- sondern wir deine Wohnung, deine Gemächer, in unseren Händen
breitest du deine Arme aus, in unsern Augenblicken schenkst du dich aus,
du lässt dich hören im tröstenden, stärkenden, mahnenden
Wort, du lässt dich fühlen in allen liebenden Handlungen.
Dies Pfingstbild ist grandios: auf den Köpfen der ersten Christen tanzen
Flammen, wie auf Kerzen, und sie hören die großen Taten Gottes
verkündet, jeder hört Gott in seiner Sprache, jeder drückt
Heiliges aus in seiner Sprache - achten wir heute besonders darauf, dass
wir sprechen, was uns zusammenhält, dass wir Gott zusammen gehören
und unser Verwandtsein zu Wort kommt. Dass wir uns einander Feuer geben,
uns anstecken mit Freuden. Dass wir auch sehen, wahrnehmen, achten, die Aureole
um das Haupt des andern, der Heiligenschein, die göttliche Aura, die
einen Menschen umfließt.
Jesus verspricht seinen Jüngern zum Abschied, ich werde mit Gott Wohnung
in euch machen. Da wird aber aufgeräumt in uns - die
Minderwertgefühle, man sei des Teufels, oder einfach nur leer - die
werden alle ausgeräuchert. Gott kehrt ein in unser Selbst ein, halte
dich an Jesus Worte, das macht deine Seele weit. Ist das eine
Verheißung! Glaub keiner Besessenheit, in dir ist nichts Böses,
wohl Ungeduld oder Kratzbürstigkeit, aber bitte, denk gut von dir, du,
Wohnung Gottes. Ja, schon auch schlechtes Gewissen, dass du auch gehässig
sein kannst, aber der heilige Geist wird damit schon fertig - er lässt
dich nicht hängen. Er versöhnt dich mit dir. Du bist Gott so wichtig.
Das machts, dass es mit der Zeit in dir größer von dir denkt.
Denk groß von dir und anderen. Dies Bild: Gott, Christus haben Wohnung
in dir, - klar, dass dann Heiliger Geist sprüht. Aus dir strömt
Zuversicht und Wille zur Gerechtigkeit, aus dir quillt Lebensmut, du bist
friedenstiftend, du bist eine tröstliche Einrichtung. Ja, das ist ein
Hund auch, ein Baum auch, das Meer auch, die Sonne auch.- Aber du einzigartig:
in deinem Geflecht, bist du der Schallverstärker des Trösters.
Neben dir gedeiht man. Es gibt Bäume, die neben einer Sorte anderer
Bäume besonders gedeihen, es gibt Tiere, die mit andern besonders gut
zusammenleben - wie etwa die Madenhackervögel, die dem Nilpferd den
Rachen putzen. Neben dir gedeiht man, du bist ein guter Nachbar- ein
Menschenfreund, du verstehst, was der Fall ist. Bei dir möchte man
unterkriechen in der Not, dir vertraut man sich an; andere spüren bei
dir, du bist in alle Wahrheit geleitet, nicht schon perfekt bist du, aber
bist auf dem Weg, aus der Wahrheit der Liebe zu leben.
Du machst ein besseres geistiges Klima, - hämische, langweilige, gemeine
Geistlosigkeit brichst du auf. Doch, du sollst das wissen, von dir geht Frieden
aus, und wenn noch nicht, dann weißt du jetzt deine Bestimmung. Ab
heute weißt du dich verantwortlich für den geistigen
Kräftehaushalt, wo du auch bist. Gott/Christus will Wohnung in dir nehmen.
Du willst nicht mehr von Furien gehetzt, von Herrschsucht getrieben, Hass
säen, im Gegenteil, Gott bei dir, in dir, da hältst du dich an
seine Weisung, da wirst du weise. Dein Herz erschrecke nicht und fürchte
sich nicht- das ist Jesu Weisung an Dich: Fürchte dich nicht.
All die gespielte Coolness, alle Großmannssucht, ist doch aus Angst,
man könne schwach scheinen; alle geschäftliche Härte ist doch
aus Angst zu verarmen. Gewalttätig auftreten ist doch, um Angst zu
verbreiten aus Angst, für nichts zu gelten. Jesus verheißt seinen
Frieden- rauschhaft ist er, beglückend, dann; erst ist viel Arbeit:
sich hineinversetzen in den Gegner, und ein gemeinsames Auskommen verhandeln;
ja, erst mal die richtigen Worte finden, die Dinge übereinstimmend beim
Namen nennen, auch, aufhören können zu siegen, und Streit klug
beilegen, dass nicht schon der nächste Streit programmiert ist. auch,
dass wir in die Köpfe kriegen: erst muß erwirtschaftet werden,
was dann zu verteilen ist; Der Geist bringe uns in die Gänge, andern
gern zu nützen. Wo wir viel rausschlagen wollen, aber nur wenig einbringen,
da verschleudern wir den Geist nur. Andere im Zutrauen stärken, dass
sie was einbringen, ihre Begabungen einfädeln ins Ganze- das macht Frieden.
Denn die Teilhabe aller Menschen an den Schätzen der Erde ist die Wahrheit,
in die wir geleitet werden. Da ist klar, dass Jesus anders gibt als die Welt
gibt: Die Welt: Das ist: Eine Hand wäscht die andere- wenn ihr einladet,
die euch einladen, wenn ihr liebt, die euch lieben- das ist schon etwas-
aber ihr: liebet eure Feinde, tut wohl, denen, die euch schaden
(Matthäus 5,44) Gott hat doch in euch Hand und Fuß, Mund und Ohr.
Wir sind noch nicht fertig. Wir sind noch im Werden. Der Geist hilft unserm
Werden auf die Sprünge. Er wird die falschen Verknüpfungen
auflösen, los werden wir die reflexhaften Gieren und Schrecken. Wie
aber ihn einladen, dass er uns entflamme? Gänse müssen sich erst
in Flugstimmung bringen, bevor sie vom Boden abheben. Wir müssen das
Gute wieder gut finden. Müssen Menschenwürde achten. Jedes
Zugeständnis, das wir machen, vermindert uns innen. Und die wehrlos
sind vor Respekt, die brauchen denkfreudigen Menschen zum Anstacheln. Wir
müssen Lust haben, Ramsch und Verblödung zu kennzeichnen; wir
müssen von den Erschöpfungen los, die uns die hochgejubelten
Belanglosigkeiten machen. Ansteckend sind die Stumpfsinnigen, die
Uninteressierten, die alles Abwehrenden - wie schwer ist es, neben ihnen
auf Erlebnis und Begeisterung zu beharren(P. Handke)
Komm Gott Schöpfer, Heiliger Geist, dass wir richtig sortieren und
wägen, mach uns großen Mut zu Großmut und Phantasie. Dass
wir deine Gaben entfalten, uns engagiert wissen von Dir, in Gage, in Dienst
genommen uns wissen von Dir, Freund des Lebens.