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Keitumer Predigten   Traugott Giesen   13.10.2002

Elia am Bach Krit und bei der Witwe zu Zarpat (1. Könige 17)

Sicher, wir leben jetzt. Aber dieses Jetzt ist nur die Spitze eines Berges, von dem fast alles unterhalb der Gegenwart liegt. Heute wird morgen schon gestern sein. Und zum Sockel dessen gehören, was vorüber ist. Das Recht auf Jetzt ist uns eingeräumt, jetzt ist Gnade und je später wir geboren sind, umso mehr können wir wissen. Und doch, Blicke zurück tun gut. Gut zu wissen, woher wir kommen, welche Mühen unsere Vorfahren hinter sich brachten, in welchen Anfechtungen ihr Glaube geschmiedet ist. Dies Erinnern der Herkunft ist bedroht; kann sein, dass sie in den Vergessensfluß absinkt. Schon haben wir nicht mehr die Namen aller vier Großeltern parat.

Wir brauchen von Zeit zu Zeit einen Blick in den Brunnen der Vergangenheit. Da ist auch veraltetes Zubehör drin fürs Museum, etwa die alten Autos. Das Wissen, das die alten Autos gangbar machte, ist in jedem Auto von heute aufgehoben. Die alten Autos sind überholt. Anders ist es bei uns Menschen. Wir sind über die Jahrtausende ähnlich geblieben, unsere Triebausrüstung etwa ist seit 5000 Jahren nahezu feststehend. Die Filme heute haben zeitgenössische Ausstattung, aber wie immer geht es um Hass und Liebe, Gut und Böse, Mann und Frau, um das Ausgeliefertsein an das Schicksal und die Machbarkeit von Zukunft, - wer ist Gott und wer ist der Mensch.

Darum, weil die Menschen-Themen ewig sind, kann ein Blick in die Vergangenheit erfrischend sein. Schauen wir mal bei Elia vorbei, der erste Prophet, also Sprecher Gottes, in Israel. Vorher gab es Mose, der war geschichtlicher Führer Israels aus der Knechtschaft Ägyptens, dann gab es Seher - enthusiastische Ekstatiker, die aus einer Verzückung heraus Worte Gottes sprudelten und mit einem Eselskinnbacken etwa die Feinde Israels in die Flucht schlugen wie Gilead. Oder Nathan, der dem König David das Gericht über dessen Schandtat ansagte. Den großen Propheten Jeaja, Jeremia geht Elia voraus, er ist ein fetziger Prophetenfrühing - nur ein paar Geschichten und einige Worte sind von ihm überliefert: Er bietet dem König Ahab die Stirn, etwa 860 v.Chr. Von diesem Ahab heißt es (1. Könige 16, 29ff) :

"Er tat, was dem HERRN missfiel, mehr als alle, die vor ihm gewesen waren.

Er nahm sogar Isebel, die Tochter des Königs der Sidonier, zur Frau und ging hin und diente Baal und betete ihn an und errichtete ihm einen Altar und machte dazu ein Bild der Göttin Aschera, seiner Frau zuliebe."

Damit war der Streit da. Der König Israels fällt vom Glauben an den Gott Israels ab. Der ist ein anspruchsvoller Gott, bildlos, „aller Himmel Himmel können Dich nicht fassen“ (1.Könige,8,6 27) hat der Tempelbauer, König Salomo 120 Jahre zuvor bekannt, - und sechs Könige weiter ist die große Theologische Erkenntnis verloren. Der Glaube ist auf das Niveau von Amuletten und Götzenfiguren hinabgesunken, aus Tarot-Karten und Eingeweiden der Tiere lasen angeblich Kundige das Künftige. Das Göttliche kam vor allem als Fruchtbarkeit auf die Menschen herab. Der Regen und die Zeugungsfähigkeit galten als Gaben des Baal. Doch der Gott Abrahams und Isaaks und Jakob dagegen sprach mit den Menschen über Gut und Böse. Die Gaben der „Schöpfung“ gab er wie nebenbei, doch die ethischen Entscheidungen waren das Feld der Begegnung mit Gott. Israel, das Volk des Gehorsams, war herabgesunken zu dem schlichten Glück: gut ist, was sich gut anfühlt.

Und dann kommt Elia, er tauchte aus dem Nichts auf, und sagt dem König Ahab: "So wahr der HERR, der Gott Israels, lebt, vor dem ich stehe: Es soll diese Jahre weder Tau noch Regen kommen, ich sage es denn." Woran Ahab des Elias Autorität feststellte, ist nicht gesagt. Heute hat ja nur die Gruppe noch Autorität, richtig so, die Wahrheit ist zu komplex, als dass ein Mensch ihr Träger sein kann - außer vielleicht Jesus. Aber es gibt Menschen, die haben eine Aura der Gnade bei sich, sie sind in Gott gut geerdet, sie scheinen ziemlich oft miteinander zu reden.

Aber auch so einer kann darben und es knapp haben. Auch so einer ist mitgetroffen vom allgemeinen Leid. Die Dürre war schlimm, die Bäche waren ausgetrocknet.

Da kam das Wort des HERRN zu ihm: "Mach dich auf und geh nach Zarpat, das bei Sidon liegt, und bleibe dort; denn ich habe dort einer Witwe geboten, dich zu versorgen". Und er machte sich auf und ging nach Zarpat. Und als er an das Tor der Stadt kam, siehe, da war eine Witwe, die las Holz auf. Und er rief ihr zu und sprach: "Hole mir ein wenig Wasser im Gefäß, dass ich trinke!" Und als sie hinging zu holen, rief er ihr nach und sprach: Bringe mir auch einen Bissen Brot mit! Sie sprach: "So wahr der HERR, dein Gott, lebt: Ich habe nichts Gebackenes, nur eine Hand voll Mehl im Topf und ein wenig Öl im Krug. Und siehe, ich hab ein Scheit Holz oder zwei aufgelesen und gehe heim und will mir und meinem Sohn zurichten, dass wir essen - und sterben."

Elia, der die Dürre ansagen musste, ist selbst von ihr betroffen - Hoffnungslosigkeit liegt auf dem Land - bleierne Zeit ist. Elisa wird außer Landes geschickt, ins Land Sidon, woher auch die Baalsanbeterin Isebel kommt. Er soll ins Heidenland - merkwürdig das, zu einer Witwe: die hatte nichts außer einem Sohn, beide nah am Verhungern: und von der soll Elia sich einen Happen erbitten. Was soll er tun? Ihm hatte zwar geträumt, dass Gott die Frau schon präpariert habe. Aber das schien gar nicht so, sie wusste von nichts. Er sprach zu ihr: "Fürchte dich nicht! Geh hin und mach's, wie du gesagt hast. Doch mache zuerst mir etwas Gebackenes davon und bringe mir's heraus; dir aber und deinem Sohn sollst du danach auch etwas backen."

Schon eine Zumutung. Ein hergelaufener Hungerleider gibt Anweisungen, wie die letzten Krümel erst ihm gereicht werden sollen.- Aber er stellt wunderbare Rettung in Aussicht, er verspricht ihr: „So spricht der HERR, der Gott Israels: Das Mehl im Topf soll dir nicht verzehrt werden, und deinem Ölkrug soll es nicht mangeln.“

Die berühmte Witwe zu Zarpat riskierts, sie sättigt den Hungrigen. Gegen allen Verstand: Denn Klügeln und Wägen, Rechnen und auf Nummer sicher gehen sagt doch: Ach, der kann mir viel erzählen. Hat er so eine Vollmacht, was muß er dann darben? So, das Blaue vom Himmel herunter versprechen, das ist doch Geschäftemacherei mit dem Heiligen, könnte sie sagen. Doch sie verbackt die letzte Hand voll Mehl und das wenige Öl, auf die Gefahr hin, dass sie nicht mal ein letztes Abendmahl sich und dem Sohn bereiten kann. Sie legt dem Herrn vor - und zieht sich zurück. Irgendwann wird sie in die leere Küche gehen, aus der auch die Mäuse schon geflohen sind, wird gehen und sehen.

Es sind dies die höchsten Augenblicke unserer Gotteserfahrung: Du weißt, dass Gott dich lieb hat und einen guten Weg mit dir geht, aber dann müsste diese Wendung geschehen, dann müsste der erwartete Mensch kommen, die gute Nachricht vom Arzt, dann müsste das Unglück sich wenden, jetzt, hinter der Nacht, hinter der nächsten Ecke, jetzt beim nächsten Anruf. Du musst hoffen auf Heilung, Besserung, den Richtigen, du musst hoffen auf verbesserliche Lage. Und Deins dazu tun. An dir soll es nicht liegen. Du bringst die Verhältnisse auf den Weg, dass sie sich für dich zurecht sich fügen, was an dir liegt. Und dann sieh zu, was wird. Bete, aber fahre fort, ans andere Ufer zu rudern. Tu Deins - dann sie zu, was Gott draus macht. Die Wette der Witwe war unsicher, aber der Gewinn nicht unmöglich. Und der Frau ging das Mehl nicht mehr aus und das Öl auch nicht. Mehl und Öl - ein Bild für Energie und Freudenöl, etwa.

Aber dann wurde der Sohn der Frau krank und seine Krankheit nahm zu dass kein Odem mehr in ihm blieb. Und sie sprach zu Elia: "Was hab ich mit dir zu schaffen, du Mann Gottes?"

Sofort zieht sie Verbindungslinien zu dem, der das Wunder bestellte. Sie sieht ihren Argwohn bestätigt. Man bekommt nichts geschenkt, jetzt kommt die Rechnung. Ich hätte ihn rauswerfen sollen. Die "Schwatten" sind doch nicht normal, die tun so, als wüssten sie Gottes Willen, denen muß man doch aus dem Weg gehen, hoffentlich entschuldigt der Herr ihnen die schönen Gebete. Was habe ich mit dir zu schaffen, hab ich dich gebeten um meine Rettung? Jetzt wird alles noch schlimmer. "Du bist zu mir gekommen, dass meiner Sünde gedacht und mein Sohn getötet würde." Die Frau sucht die Schuld bei sich. Sterben in jungen Jahren, das muß Stafe sein. Wo Strafe ist, ist Schuld. Die Frau denkt an was Schlimmes in ihrer Vergangenheit, jetzt muß bezahlt werden.

Elia sprach zu ihr: "Gib mir deinen Sohn! Und er nahm ihn von ihrem Schoß und ging hinauf ins Obergemach, und legte ihn auf sein Bett und rief den HERRN an und sagte: HERR, mein Gott, tust du sogar der Witwe, bei der ich ein Gast bin, so Böses an, dass du ihren Sohn tötest?"

Elia denkt nicht daran, Gott zu verteidigen, - vielleicht hat die Frau was Schlimmes getan, sie oder welche von ihr, schuldlos ist keiner. Aber Elia verneint den Zusammenhang von Sünde und Tod.- Dann wäre Gott ein Gerichtsvollzieher und kein Gott der Liebe. Aber der Gott der Liebe ist der Inhaber aller Energie: "Wenn du das Kind sterben lässt, dann tust du der Witwe Böses an, weil du die Macht hast, es leben zu lassen."

Dürfen wir so reden? Elia tut es und drückt das Kind so an sich, als wolle er Gott zeigen: Nur über meine Leiche. Er legte sich auf das Kind drei Mal und rief den HERRN an und sprach: "HERR, mein Gott, lass sein Leben in dies Kind zurückkehren!"

Erst der Lernstoff der Witwe, jetzt von Elia: Er tut und kämpft und redet mit Gott, er klagt ihm und argumentiert, er behaftet ihn bei seinem Metier, Liebe ist doch sein Amt, und dann das. Mehr können wir nicht tun, als dieses Unvereinbare zu erleiden und es als unvereinbar mit Gott zu branntmarken. Und dann müssen wir sehen. Wir haben Gott nicht zur Hand. Mehr können wir nicht tun, als uns zu prüfen, ob wir alles getan haben, das Leid zu verhindern, oder wenigstens es zu lindern. Es bleibt da eine Dunkelheit, eine tiefe Traurigkeit: obwohl wir alles Mögliche taten, zeigte doch der Gott der Liebe sich nicht. Und dann ist Karfreitag, noch sind wir Zeuge auch eines Schweigens, das auf das völlige Ostern noch wartet.

Aber da erhörte Gott die Stimme Elias und das Leben kehrte in das Kind zurück, und es wurde wieder lebendig. Und Elia nahm das Kind und brachte es hinab vom Obergemach ins Haus und gab es seiner Mutter und sprach: Sieh da, dein Sohn lebt! Und die Frau sprach zu Elia: "Nun erkenne ich, dass du ein Mensch Gottes bist, und des HERRN Wort in deinem Munde ist Wahrheit." Elia heilt nicht, aber er redet mit Gott unermüdlich, er trägt vor Gott das Leid. Und wendet Unglückliche ins Licht der Liebe Gottes. Das macht Jesus Christus ja immer noch mit uns, er kommt in tröstlicher, klärender Gestalt, in Menschen, die als Engel gesandt sind wie die Frau von Zarpat und es gar nicht wissen, aber geschickt das Nötige, das Eröffnende tun. Ein Heilungselement des Christus ist auch Kirche. Tun wir das Unsrige, was daraus wird, was unter der Hand Gottes daraus wird, werden wir sehen. Amen.


 




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