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Keitumer Predigten   Traugott Giesen   11.08.2002

Bittet, suchet, klopfet an

DieserAuftrag des Jesus ist mir lange nicht bewusst geworden. Wohl „Liebet eure Feinde; tut Gutes denen, die euch hassen; wenn einer dich bittet um dein Hemd, gib ihm auch den Mantel“(Matthäus 5,44, 40) - Jesus lockt, uns ein großes Herz zu wünschen, ja - das ist uns vertraut. Wir sind von dieser Großherzigkeit überfordert aber auch fasziniert, wir kämen dem Lockruf gerne nach, springen manchmal auch über unseren Schatten, die Kinder können doch nicht klagen, - aber: Liebet eure Feinde - das ist viel. Bestenfalls will man mit dem doch nichts mehr zu tun haben, nimmt keine gewaltige Rache, oder haben wir privat schon so manchen vor Gericht gezogen? Doch eher nicht; da wurde durch die Generationen doch ein Stück Güte gelernt, manchmal lassen sich Eltern fast zuviel gefallen von fordernden Kindern, bloß um sie nicht zu verbiegen, verbiegen sich die Eltern. Doch, wir haben schon was gelernt, in Richtung Abgeben und Teilen. Allein unser akurates Steuernzahlen ist doch institutionelle Nächstenliebe, getreu dem Wort des Herrn: „Wem viel anvertraut ist, von dem wird viel erwartet“ (Lukas 12,48). Als Steuerzahler geben wir ein Stück Sozialhilfe und Arbeitslosenunterstützung, das ist schon etwas Nächstenliebe, auch die Krankenversicherung und die Kirchensteuer ist auch Gutestun, ist wenigstens ein Anfang. Also wer sein Geschick darauf verlegt, wenig Steuern zu zahlen, der muß die Gelegenheiten nutzen, was er nicht per Steuern an Nächstenliebe abgibt, jetzt direkt den in Not Geratenen zu geben.

Das ist ja das Problem auch bei der Kirchensteuer: Ja, es ist unpersönlich, kein Pastor kommt vorbei monatlich und bedankt sich, aber stellvertretend wird viel Gutes getan. Und wer das lieber direkt macht, selbst, persönlich - der hat viel zu tun damit, seine Barmherzigkeit entsprechend seiner Zahlungsfähigkeit zu gestalten. Die Nächstenliebe ist eine Bringschuld, - das Gute, das wir per Steuernzahlen tun, ist schon was, - wer sich das Steuernzahlen spart, muß auf eigene Faust Not lindern, aufmerksam und nicht zu knapp. Denn das hat Jesus ja aufgedeckt: Nächstenliebe gehört zu unserer Seele.

Aber der andere Auftrag des Jesus ist mir lange bedeckt gewesen: Er handelt vom Nehmen, vom Brauchen, vom Bedürfen. Jesus macht uns Mut, kräftig zu begehren: „Wenn ihr nicht werdet, wie die Kinder, könnt ihr nicht ins Himmelreich kommen“ (Matthäus 18,3) - was nicht das Kindische, sondern das Kindliche, das „Kindlich-Unüberwindliche" meint. Das kräftige Begehren, das Kinder so an sich haben, ja auch das Jauchzen, wenn sie mit Beute abziehen, auch das Lustvolle, das Bonbon rausholen: „Opa auch mal lutschen“ - aber vor allem: diese kleine, mächtige Sucht, zu haben; auch dies: dies Beharren auf den eigenen Wünschen, damit zugleich seiner Persönlichkeit Geltung zu verschaffen - auch sein Hunger nach Grenzen, das auch - das Kind als Vorbild, kräftig zu wollen.

Also laßt uns nochmal entdecken Jesu Mutmachen zum kräftigen Wollen und Wünschen:

Jesus sprach (Lukas 11,5) zu ihnen: "Wenn jemand unter euch einen Freund hat und ginge zu ihm um Mitternacht und spräche zu ihm: Lieber Freund, leih mir drei Brote; denn mein Freund ist zu mir gekommen auf der Reise, und ich habe nichts, was ich ihm vorsetzen kann, und der drinnen würde antworten und sprechen: Mach mir keine Unruhe! Die Tür ist schon zugeschlossen und meine Kinder und ich liegen schon zu Bett; ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben. Ich sage euch: Und wenn er schon nicht aufsteht und ihm etwas gibt, weil er sein Freund ist, dann wird er doch wegen seines unverschämten Drängens aufstehen und ihm geben, soviel er bedarf. "

Und Lukas 18,2: "Es war ein Richter in einer Stadt, der fürchtete sich nicht vor Gott und scheute sich vor keinem Menschen. Es war aber eine Witwe in derselben Stadt, die kam zu ihm und sprach: Schaffe mir Recht gegen meinen Widersacher! Und er wollte lange nicht. Danach aber dachte er bei sich selbst: Wenn ich mich schon vor Gott nicht fürchte noch vor keinem Menschen scheue, will ich doch dieser Witwe, weil sie mir so viel Mühe macht, Recht schaffen, damit sie nicht zuletzt komme und mir ins Gesicht schlage. "

" Und Jesus weiter (Lukas 11, 9): Ich sage euch auch: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan. "

Lukas 11,11 "Wo ist unter euch ein Vater, der seinem Sohn, wenn der ihn um einen Fisch bittet, eine Schlange biete? "

" Oder wenn er um Brot bittet, dafür einen Stein biete? Oder wenn er um ein Ei bittet, einen Skorpion dafür biete? Wenn nun ihr, die ihr arg schwierig seid, euren Kindern gute Gaben geben könnt, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten! "

Auf eine ausgleichende Gerechtigkeit setzen wir alle: Wer da gibt, empfängt. Wer tröstet, der wird getröstet. - Aber Jesus setzt dem gütigen Gott die Krone auf. Segen liegt auf dem Bitten, Suchen, Begehren. Sie sollen empfangen, nicht weil sie auch gaben. Sondern sie bekommen, weil sie brauchen. Jesus stellt den Bittenden in Aussicht , dass sie bekommen.-

Wir sollen einander was abbitten mit Hoffnung auf Erfolg aus zwei Gründen, zwei Quellen: a) weil der Gebetene Mitleid haben kann und b), weil der Gebetene seine Ruhe haben will. Also der Freund lässt sich nachts noch aus dem Bett klingeln und hilft dem plötzlich an Gäste Gekommenen mit ein paar Tiefkühlpizzen und Rotwein aus. Wenn nicht aus Mitleid, dann um den Quälgeist loszuwerden. Das war auch beim ungerechten Richter das Motiv: So lange belatscherte die Frau den Richter, keift und charmiert abwechselnd, überhäufte ihn mit Quengeln und Schmeicheleien, mit Blumen und Eingaben, wird immer mehr zur Rasenden, bis er richtig Angst kriegt und ihr Recht verschafft endlich, damit sie endlich von ihm abließe.

Herrlich: Zwei Gründe auf Hilfe zu hoffen setzt Jesus als selbstverständlich voraus: Mitleid und Selbsterhaltungstrieb. Jesus ist herrlich realistisch, er kennt uns Menschen, wir behalten lieber, aber haben auch ein Herz, und wenn das richtig angegangen wird, dann rühren wir uns schon. Mehr als diese durchschnittliche Menschlichkeit braucht es nicht, um als Vorbild in Jesus Geschichten eingerahmt zu werden.

Ich hänge sehr an dem „Bittet, suchet, klopfet an!“, weil so viele Menschen sich ihrer Wünsche nicht bewusst sind. „Wunschloses Unglück“ nannte Peter Handke eine kleine intensive Studie über seine Mutter, die immer bescheiden und dienstbar, sich nicht getraute, Wünsche zu hegen, und dann ausgestorben war innerlich und sich das Leben nahm.

Wunschlosigkeit ist Unglück. Ich weiß dann nicht, was sich will, und wo es mit mir hin soll. Doch Wollen soll ich, ich und du - soll mich in Bewegung bringen lassen von Wünschen, soll auf ein Ziel zu, soll Zukunft wollen, und sie mit herbeibringen, indem ich was erreichen, erlangen , erarbeiten, erbitten will. Menschen ohne Wünsche haben keine Zukunft, sie sind nur einfach jetzt da, und das reicht keinem, wir sind keine Bäume, sind auch keine Kühe - selbst die wollen ja zum Abend hin sehr gemolken sein, wollen also was.

Wünsche kommen uns ein durch Träume, durch Erinnerung, wie sich Glück anfäßt, Wünsche kommen aus erlittenem Mangel - der Mensch ist nicht für den Mangel gemacht, sondern für das Überwinden des Mangels, ist gemacht für die Freude am Gelingen.

Und es soll dir was gelingen, was für dich wichtig ist, was dir Achtung erwirbt, was dich andern nötig macht. Du sollst gern du sein, das ist der wahre Grund, warum du kräftig dir wünschen sollst; und klare Vorstellungen sind dir auch gegönnt, denn dann kannst du Wunschgefährten suchen, kannst Ergänzung und Hilfe und Mittel bekommen. Und wenn du weißt, was du willst, kannst du machen, dass du hinkommst. Aber bitte Realitätskontrolle dabei einschalten: der größte Jammer ist, wunschlos zu sein, der zweitgrößte Jammer ist: Wünsche zu hegen, die verrückt machen. Das eine versteinert, das andere verflüssigt dein Ich, bis es verflüchtigt ist.

Doch „sagt Handke: Der mit einem Garten leben könnte und ohne Garten lebt und vom Leben ohne Garten winselt, begeht ein großes Unrecht“.

Also mach deins, wolle, verwirkliche und bitte, suche, klopfe an. Es ist eine große Höflichkeit klarzukommen aus eigener Tatkraft, es hat eine Würde, auch im Alter selbstständig zu bleiben, solange wie möglich. Es hat eine Ehre durch Fleiß und solides Haushalten bezahlen zu können, was man bestellt hat. Paulus sagt das formvollendet: „Schaffet mit eigenen Händen das nötige Gut, auch, damit ihr dem Bedürftigen abgeben könnt“ (Epheser 4,28).

Doch „Bittet, suchet, klopfet an!“ ermutigt: Hol dir Hilfe, wenn du in Not bist. Nimm die Option wahr, dass du Kind Gottes bist, also Geschwister hast, die wissen: Ihr Vermögen ist Anvertrautes, auch, um Gutes zu tun. Sie sind für dein Gedeihen mitverantwortlich. Jeder hat einen, hat zehn, hat hundert, nach denen er gefragt wird am Jüngsten Tag, die ihm schon jetzt durch den Kopf gehen, - wenn sie versäumt blieben - sie kommen als Nachtmahre wieder, bis wir stellvetretend anderen die Hilfe nachtrugen. Bittende haben eine große Rolle in der Welt. Sie machen die Wohltaten locker, die getan sein müssen. Wir wissen alle, wie gut Gutestun tut. Also laß dir helfen. Gib Gelegenheit, dich aus der Patsche zu holen. Das gilt auch für Eltern: Daß wir in Not unsere Kindern zu Hilfe rufen.

Und murre nicht, Mensch, wenn der andere nicht jauchzend dir beisteht. Es ist genug, dass er dir beisteht. Und wenn Du in Not bist, geh bitten, um Arbeit, Wohnung, Geld, Beistand. Müh' dich; zeig deine Not. Es sollen viele Menschen Sozialhilfe nicht beantragen, weil sie sich ihrer Bedürftigkeit schämen. Schämen müssen wir uns, die wir ihnen die Angst nicht nehmen, - dabei, wachen Geistes, geben wir doch gern, schon aus Dank, dass wir geben können und nicht bitten müssen. Darum lasst uns graziös geben, so, dass unsere "rechte Hand nicht weiß, was die linke tut“ (Matthäus 6,3) - schön gesagt, Jesus Dank dir. Bittet, suchet, klopfet an - das ist auch Arbeit. Hast du schon Hornhaut vom Klopfen, bist du schon tonlos, tränenlos vom Bitten, hast du dich schon bald totgesucht?

„Bittet, suchet, klopfet an“ ist auch ein Drängen, zu beten. Anders: Wenn wir bitten, suchen, anklopfen, beten wir auch, Gott ist doch die letzte Instanz für Not und für Dank. Die wir um Hilfe angehen, sind doch Gottes Mitarbeiter und manchmal eben auch seine miesen Prokuristen, die nur in die eigene Tasche wirtschaften. Und die, wenn sie abweisen, obwohl sie könnten, sich entlarven und feurige Kohlen sich aufs Haupt sammeln, und die wenn sie die Gnade haben, großherzig zu sein, dann wachsen sie über sich hinaus. Beten heißt, meine Not als Not an Gottes Hals zu wissen, Gott ist das Heilende in allem Werden - Beten heißt, mich hineinwickeln ins Zugehören, in den großen Mantel der Liebe, wovon unser Helfen kleine Fasern sind. Bittet - so wird euch gegeben - nicht eins zu eins, wie erwünscht, aber immer Neues eröffnend, Gott lässt dich finden; Wen, was, wo? „Und bliebe ich am äußersten Meer, du würdest mich da halten; bettete ich mir in der Hölle, du würdest mich decken" (Psalm 139). Diese Gewissheit hat Jesus vorgelebt bis in sein Sterben in die Arme Gottes.

Bittet, suchet, klopfet an! aber sind wir denn Bedürftige? Haben wir nicht alles? Sind wir unserer Not gewahr? Darum wohl sind die Armen selig zu preisen, weil sie um ihre Not wissen und kräftig Veränderung betreiben und um Hilfe schreien. Aber wir? Erleben wir Mangel, ich, du? Würdigen wir noch irgendeinen, uns anzuhören?. Suchen wir noch beieinander Hilfe? Bitten wir Gott um Heiligen Geist? Bittet, suchet, klopfet an - das drängt auch: Mensch, wünsch dir hartnäckig Dringliches, dass Du du selber wirst und bleibst. Amen

Für die KollekteBrot für die Welt: (nach Wilhelm Busch): "Die Gelder zu behalten, fällt jedem selber ein, die Börse zu entfalten, das will ermuntert sein."


 




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