Keitumer Predigten Traugott
Giesen 24.02.2002
Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen
sein
1.Mose 12,1-4
Und der HERR sprach zu Abram: Geh aus deinem Vaterland und von deiner
Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen
will. Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen
und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein.
Ich will segnen, die dich segnen, ....; und in dir sollen gesegnet werden
alle Geschlechter auf Erden.
Da zog Abram aus, wie der HERR zu ihm gesagt hatte, mit seiner Frau Sara.
Abram aber war fünfundsiebzig Jahre alt, als er aus Haran zog.
Diese vier Verse der Bibel beschreiben eine ungeheure Wende. Hier endet die
Urzeit, beginnt die Geschichte, hier wird die Zukunft erfunden. Hier wird
ein Segen ausgespannt, ein Dach aus Segen, das sich bis zu uns hin streckt.
Die ersten 11 Kapitel der Bibel beschreiben die Menschheit als Fehlschlag
Gottes: Herrlich war der Anfang, die Schöpfung war ins Sein gerufen
aus Liebe. Aber die Menschen misstrauen Gott und suchen, Schuld abzuwälzen
auf ihn selbst.
Der erste Brudermord geschieht aus Neid, aller Jammer zwischen uns Menschen
lodert in dem einen garstigen Satz: "Was soll ich meines Bruders Hüter
sein?" Ungeheure Naturkatastrophen werden für Strafen Gottes gehalten,
- man kann verstehen, wenn Gott an uns die Lust verlöre. Wir lachen
doch den Menschen aus, der auf flachem Land die Arche baut - wo doch weit
und breit eher Wüste ist.
Warnungen gab es genug, - dann ist das Geschrei groß. Und viele kommen
um, weil sie lieber heute lebten nach dem Motto: "Nach uns die Sintflut"!
Die Bibel schildert in kurzen Szenen den Niedergang
der Gottesgeduld. Das Dichten und Trachten des Menschen ist böse von
Jugend auf. Darum will ich alles, fast alles umkommen lassen. So schildert
die Bibel das Kommen der großen Mandrenke.
Dann aber: "Gott ließ es sich gereuen." Ja, das Dichten und Trachten
der Menschen ist böse von Jugend. "Aber es soll nicht aufhören
Sommer und Winter, Frost und Hitze, Saat und Ernte, Tag und Nacht (1.Mose
8.21) hört Noah, der Hörfähige. Das Leben blüht wieder
auf. Aber Hochmut bereitet den Fall. Am Turm zu Babylon tritt zutage, was
die Sprache verdirbt. Zum Verstehen ist sie gegeben, aber statt sich zu bereden,
wird kommandiert. Sprache wird zur Waffe, verkommt zum Herrschaftsinstrument.
Es ist ein Hauen und Stechen unter den Menschen, jeder will der
Größte sein, sein Turm bis in den Himmel reichen.
Sollte Gott nicht endgültig die Lust
verlieren? Überläßt einfach die Menschheit sich selbst. Zieht
sein Interesse von uns ab und setzt er auf anderen Galaxien andere
Schöpfungen an?
Das ist unser Argwohn. Entkeimt von Heiligem, wären wir zurückgestuft
auf Biologie. Jenseits von Eden ist die Liebesumarmung eine Frage von Chemie,
und die Arbeit ist Maloche, der Mensch Materie. Der Schreck ist immer noch
da, wir seien die "Eingeschlossenen", die verlorene Generation, - die Erde
schlingere gottverlassen in ihrem Untergang.
Doch da gibt es die Trompeten des Lichtes.
Es ist Verheißung. Es ist noch auch ein Anfang zu sehen. Wir sind ja
Abrahams und Saras Kinder. Wir haben noch eine Verheißung. Wir sind
noch im Werden. Tief und wunderbar hängen wir mit Gott zusammen. Wir
sollen Segen erleben, werden ein Segen sein. Nicht nur entrinnen wir, sondern
wir retten. Wir schreien Menschen in Panik zu, wo der Ausgang ist. Wir
verschließen dem Zyniker sanft sein niedermachendes Mundwerk, wir
hören auf zu kreisen in Selbstvorwürfen, wir nehmen Menschen mit
in Richtung gelobtes Land, wir sehen uns auf einem Weg, ganz und richtig
zu werden. Vor uns : Das Land das Gott uns zeigen wird. Vor uns ein Weg,
an dessen Ende das Gelobte Land da ist; Reich Gottes, wo Fried und Freude
lacht.
Und das wurde mit Abraham eingefädelt.
Der Mensch mit grundstürzenden Erkenntnis: als würde sein Leben
vom Kopf auf die Füße gestellt. Er war nämlich aus Haran,
in Syrien. Dort ehrte man den Mondgott: Also das Heilige war ein Kreisen,
eine ewige Wiederkehr des Gleichen, Saat und Ernte, Jungsein und Altwerden,
Kind sein und Greis werden, Leben geht auf Tod, der Tod gebiert wieder Leben,
das auf den Tod zugeht. Wiederholung, wie der Mond mit seinem Zunehmen und
Abnehmen. Ein Garant des Werdens und Vergehens, - der Mensch mit seinem Vieh
in inniger Gemeinschaft ganz zentriert um das Gedeihen der Herden, das vom
Kommen des Frühlings, vom Nahrungfinden abhängt,- und dem nach
Zeiten des Kargen wieder die Fülle beschert wird.
Aus diesem Zyklischen, dem Kreisen, der
Tretmühle, worin es kein "Weiter", kein "Anders" gibt, wird Abraham
herausgerufen auf einen Weg.
"In ein Land , das ich dir zeigen werde" - ruft Gott den Abraham. Und er
weiß: Ich muß los. Gott ruft mich. Ich muß nur los, mich
raushebeln aus Heimat, Verwandtschaft, Hingehören, wo man weiß,
mit wem man es zu tun hat. Ich muß gehen und habe nur einen Schatz,
- das ist mein Gott, der mitgeht.
Und dieser Emigrant Abraham mit seiner Frau Sara werden die Stammeltern des
Volkes Gottes, aus dem dann auch Jesus abstammt, der die Gottes-Kindschaft
der ganzen Menschheit zusagt.
Abraham ist der Vater des Glaubens, Abraham und Sara die Eltern des Glaubens,
weil sie nichts in der Hand haben an Garantien, sie haben nur eine Sehnsucht
ins Herz gepflanzt bekommen, - sie wissen auf einmal: Vorn ist das Heil,
nicht im Bewährten und Gewohnten, nicht im Erfahrenen und Verbrieften,
sondern in dem, was kommt.
Was kommt, ist noch nicht da, aber auf dem Weg, in Wegrichtung auf das Heil
kommt es entgegen. Das verheißene Land wächst ihnen zu. Das ist
die Energie, die Abraham treibt, - diese Gewissheit, Gott sagt zu dir: "Ich
gehe mit dir, in ein Land, eine Zukunft, die ich dir zeigen will. Ich schliess
sie dir auf. Du sollst über dein Dasein froh werden, du sollst in deinen
Fingerspitzen Glück fühlen und: "Du sollst ein Segen sein!" Also
du ein Glück für andere werden.
Damit hat Gott ein neues Kapitel mit seiner
Schöpfung aufgeschlagen; Gott auf dem Weg, die Erde den Menschen zur
Heimat zu machen und sich damit auch. Aber Abraham bleibt einer auf dem Weg.
Jesus ist auf dem Weg, seine Jünger sind auf dem Weg. Ein altes Wort
für die Christen: Die auf dem Weg. Und ein Wort des Jesus: werdet
Vorübergehende (apokryph). Und Hebräer 13,14: "Wir haben hier keine
bleibende Stadt sondern die Zukünftige suchen wir."
Und Hermann Hesse: "an keinem wie an einer Heimat hängen, der der Geist
will heben weiten, uns jungen Räumen jung entgegensenden. Drum Herz
nimm Abschied und gesunde..."
Noch viel ist zu sagen vom "Gott der mitgeht,
durchs finstere Tal, uns einen Tisch zu bereiten und Bleibe zu schaffen im
Hause des Herrn "(Psalm 23). Aber Du, hör hin, öffne die Ohren
deines Herzens: Wo will Gott, daß du hingehst? Was also verlassen?
Vielleicht einwandern in die Wirklichkeit, in die Gegenwart, ins Jetzt. Heute
nicht mit den Bildern der Vergangenheit zustellen. Du, mit leichtem Gepäck;
geh, wohin Du im Innersten gerufen bist. Im Gehen, im Verwandeln sich treu
bleiben.-
"Jene lob ich, die sich ändern,und darin sie selber werden" (Bert Brecht).
Wohin ruft dich Gott? Das erfahre, erwandere dir, ergehe dir heute. Amen.