Keitumer Predigten: Traugott Giesen Hubertusmesse
24. November 2001
Heute ist Erntedankfest der Jäger und all
derer, die von eurer Arbeit Nutzen haben. Wir danken für Natur, Gottes
Schatzkiste, danken für den reichgedeckten Tisch an Früchten -
ja, auch die Tiere lasst uns als Früchte , als Gaben sehen.
Ein großer Dank für die wunderbare
Erfindung von Reh und Fasan, von Wildente und Hase: Allein schon die Tiere
als Lehrer, sie treiben uns doch Ehrfurcht ein vor der guten Schöpfung:
das Auge eines Rehes - wie ruht es auf uns und spiegelt doch ein ganzes
Universum. Und die herrlichen Farben im Gefieder des Fasanen-Hahnes, lassen
einen doch den Atem stocken vor dem Einfallsreichtum Gottes. Und die wilde
Jagd des Hasen, wenn er dem Jäger entkommen will, ist doch ein Abbild
unserer eigenen Hasenherzigkeit, wie wir auch uns in eine Furche, eine Nische
schmiegen und hoffen, wir erleben noch mal Aufschub.
Gott muß ein Freund der Menschen sein
- allein der Geschmack einer krossen Wildente- dafür kann man der Ente
nicht danken, sie hat sich nicht geschaffen. Daß einige Früchte
der Natur so herrlich schmecken, ist doch eine Liebeserklärung Gottes
an uns Menschen: ja, ihr dürft auch genießen, Ein guter Braten
von Hirsch oder Wildschwein, - sind sie nicht ein Trost; wie es vom Wein
heißt, Gott habe dem Noah die die Weinrebe geschenkt hat, zum
Trost.
Überhaupt - in der Natur sein, das kann
uns zur Demut erziehen, es macht uns menschlich, bringt uns auf unser Maß:
Wir Mitgeschöpfe vom selben Material genommen: Erde und Odem, das Lebendige
in allem Fleisch ist nur kurze Zeit in uns, in Mensch und Tier. Ja, wir sind
stärker, klüger, ein Stück weit freigesprochen von Instinkten,
- und doch sind wir den Tieren nah, ihr rotes Blut, ihre Brutpflege, ihr
Atmen, auch der hartgesottene Jäger sieht in einer äsenden Rehgruppe
mehr als weidendes Fleisch.
Vielleicht ist dies das Wunder des Hubertus.
Er sah nur das weidende Fleisch, die seelenlose Nahrung, die
Sättigungsquelle. Doch beim Anlegen der Büchse erscheint ihm zwischen
den Geweihgabeln der gekreuzigte Christus: Auch für die Tiere gestorben,
für uns Sünder gestorben, daß wir uns wieder Würde
zusprechen, Ehre geben, uns nicht verachten, - wie auch die Tiere. Sieh sie
an als Mitgeschöpfe: "Du bist Leben, das leben will". - Dieses Wort
von Albert Schweitzer drückt die Bekehrung des Hubertus aus, die Bekehrung
zu einem Wissen, das unsere alten Ahnen schon hatten. Sie jagten das Wild
und baten letztlich um Vergebung, daß sie es jagten und dankten Gott
für gute Beute.
Ihr Jäger werdet nicht mehr neben dem Hochsitz
niederknien, - aber so was wie Lebensdankbarkeit durchzieht euch schon dann
und wann, wenn der Wind nicht zu sehr trieft. Und die Freude, daß ihr
noch leben dürft, spürt ihr in Anbetracht des Tieres, das sein
Leben aushauchte, nicht jedes Mal, aber mal. Und die philosophische Genugtuung,
daß ihr nicht einem Hund treu sein müsst,- während der Hund
ja keine andere Wahl hat als an euch zu hängen. Auch der Gedanke wird
euch schon gekommen sein.- Wie der Hund an den Menschen glaubt, so glaubt
der Mensch an was Höheres über ihm.- Ich denke es mir so, daß
das Jägersein einem helfen kann, ein besserer Mensch zu werden- jedenfalls
werdet ihr oft mit Brass aus Beruf oder Ehe loszogen sein, - und nach Stunden
unter dem gestirnten Himmel, wenn man den am Mond vorbeiziehenden Wolken
zusieht, und ins die Dämmerung lauscht, und die Bäume einem begegnen,
mit ihrem Charakter, und sie auf dich wie Tänzer wirken, die in einer
schönen Gebärde gebannt sind, und du die Tiere siehst, wie sie
ganz bei sich sind- dann übermannt dich schon mal ein großes
Gefühl- und du tust Abbitte den Menschen, denen du eben noch so brummig
daherkamst. Und du gelobst Besserung, irgendeine Verwandlung, - du spürst
dein Kreatursein, auch ausgeliefert auch bedürftig der Achtung, auch
unterworfen den Gesetzen: Nützen müssen, taugen müssen, klug
sein müssen, und daß alles seinen Preis hat. Und dies tiefe
Dankwissen: Ich darf noch ich sein, ich kann noch arbeiten, ich soll noch
hier auf dieser schönen armen Erde meine Sache tun, - dies Herzenswissen
geschieht dir da draußen, bei allem schlichten Geklöne, das auch
zur Kameradschaft gehört.
Kamt ihr Jäger nicht oft bekehrt von der
Jagd zurück? Wie Frauen aus der Kirche oder von der Schönheitskur,
dankbar und großmütig? Und müsst bald wieder raus: Um wieder
gut von euch gedacht zu bekommen und innerlich aufgeräumt wiederzukehren.
Die Natur ist der beste Seelsorger: Die Natur lässt dich sein, sie hat
keine Meinung über dich: aber unerbittlich sind ihre Gesetze, du musst
geben um nehmen zu können, und du musst für deine Fehler
büßen. - Diese Mühen um ein artgerechtes Waidwerk, - das
ist auch Naturschutz, dies Sorgen, die Vielfalt von Flora und Fauna zu erhalten
statt Bauland einen Wildacker aus dem Kirchenland vor Munkmarsch gemacht,
gut so. Daß kaum noch Kiebitze hochkommen wegen der Rabenvögel,
ist euch doch schmerzlicher, als einem, dem Kiebitze nicht fehlen, weil er
sie gar nicht kennt. Ja, ihr jagt mehr Blei in den Boden, als je auf dem
Kirchendach von St Severin verlegt wurde- aber ihr kennt die Belastbarkeit
von Mutter Natur, beseitigt darum auch viel Müll von euren lieben
Mitmenschen. Die sehen schon mal Jägersleut schräg an, aber den
Rehrücken mit Preiselbeeren finden sie köstlich.
Wir feiern heute das Glück zu leben, nah
mit der Natur Dank für all seine Güte, auch die Güte in Gestalt
einer guten Strecke. Gott der Herr ist Sonne und Schild. Amen.
Schlussgebet