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Keitumer Predigten   Traugott Giesen   30.09.2001

Erntedank

Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich. (1 Chronik 16,34).

Es gibt den Tag des Baumes, den Tag der Arbeit, der Kinder, der Mütter, der Deutschen Einheit, der Buße, der Ehrenamtlichen, aber gibt es auch einen Tag des Dankens? Nicht nur engumrissen: Erntedank an Gott. Sondern ein Tag des Dankens, allgemein und umfassend. An dem wir nachholen und aufholen die Danksagungen, die wir übers Jahr schuldig blieben? An dem wir auch Dank-Beute machen können, selber ein gutes Wort erlangen, das von wem auch immer fällig war?

Ein Dank-Tag täte uns gut, an dem wir anrufen und besuchen, beschenken und versöhnen, Gott loben. Bedenken auch den Postboten, auch die Kinder, die in letzter Zeit wenig Ärger machten, mal anerkennen, auch den Nachbarn, den hilfsbereiten. Und Dank der Lehrerin, die die Kinder, die Enkel phantasievoll begleitet, und der Gemeindeschwester, die treu die alte Mutter besucht. Und Dank dem Lebensmittelhändler an der Ecke, der immer eine Tüte rausgibt. Und den Vermietern, die Blumen und Getränk zum Willkommen bereitstellen. Und dem Bürgermeister, der Bürgermeisterin, wenn sie was gut gemacht haben. Und dem Organisten, dem Chor für das zu Herzen gehende Spiel. Einen solchen Danktag haben wir nicht; oder doch?

Wir haben einen Tag des Dankes gegen Gott. Das ist schon viel wert. Gut, dass die Vorfahren ihn beschlossen haben. Ihnen war Erntedank lebenswichtig, denn die Ernten waren unsicher, es gab keine Ausgleichskasse und keine Vorratshaltung der Länder untereinander. Da wusste man sich angewiesen auf die Gnade des Himmels, da wusste man noch jemand zuhause im Himmel, der zuständig ist für Gelingen und Misslingen von Ernte und über Blitz und Donner gezielt gebietet.

Heute geht uns so viel anderes durch den Kopf - da kämen wir wohl nicht auf Erntedank, wenn wir den Tag nicht hätten. Gott sei Dank haben wir Erntedank. So werden wir angestiftet, Dank zu sagen, Dank zu fühlen. Doch, wir fühlen noch: Gott ist. Auch weil unser Dank da ist, dieser Überschuß über alle vernünftigen Gründe hinaus.

Und Gott hat sicher nichts dagegen, dass wir mit ihm auch der Menschen gedenken, denen wir Dank schulden. Im Gegenteil: Gott teilt gern, das ist doch sein Größtes: uns zum Mitmachen zu gewinnen. Bei Gott und Menschen sich bedanken, geht zusammen, gehört zusammen. Die Menschen mit einem Dank bedenken, die uns gut waren - das trifft ja Gottes Handlanger. Und geben wir dem Bettler, und er sagt: "Vergelts dir Gott" - schließt sich der Kreis von Nehmen und Geben aufs Schönste.

Dank an die Eltern, meint ja die, die uns bestimmt wurden; Dank an die Ärzte, meint ja seine Helfer. Jedenfalls wehrt der Chirurg, den ich kenne, Dank ab, mit den Worten: "Ich tat nur meine Pflicht. Wenn das reichte, verdanken wir das guten Mächten." Man muß es nicht so sehen: - dass Gott dem Operateur die Hand führt. Das ist missverständlich als wären wir Roboter. Eher ist es ist doch ein Zusammenspiel von zwei Willen, die Liebe Gottes und unsere kleinen menschlichen Wünsche und Antriebe treiben sich gegenseitig und manchmal kommen wir der Liebe überquer. Unsere Wunschenergien gehören natürlich Gott, aber er hat uns zu Freien geschaffen, darum können wir auch ihm entgegen was tun. Können seine Energien mißbrauchen für Mord und Terror. Und das ist Gottes Schmerz, uns, seine geliebten Menschen so schuldig werden zu sehen. - Ein kleines Abbild dieses großen Schmerzes ist unsere Verzweiflung, wenn wir unsere Kinder sich befehden sehen um Gaben aus dem Elternhaus.

Gott danken und den Menschen - heißt das auch: für Menschenschuld ist allerletztlich doch Gott zuständig? Es heißt in der Bibel: Glück oder Unglück kommt von Gott (Sirach 11,14).- Ich denke es so: Es ist Gottes Kräftehaushalt - alle Energie ist seine. Es ist kein Gegengott. Nur wir Menschen können uns zu Herren über Leben und Tod aufwerfen. Wie Kinder, Geschwister, die, wenn die Eltern außer Haus sind, die starken Typen spielen und die Kleinen müssen kuschen, so ins Grauenhafte gesteigert maßen Menschen sich die Herrschaft über Leben und Tod an. Wir Menschen müssen uns gegenseitig auf dem Teppich halten, wir müssen aufpassen, dass die Würde des Menschen unantastbar bleibt. Gott braucht uns, bestimmt uns einander zu Hütern und Freunden.

Jesus sagt mal "Wenn ihr alles getan habt, was euch aufgegeben ist, so sprecht: Wir haben nur unsere Pflicht getan" (Lukas 17,10). Dank für die gelungen Operation an das Team und letztlich Gott - das leuchtet ein. Sie verausgaben sich, aber letztlich geben sie nur die Kräfte, das Wissen, die Fähigkeiten weiter, die sie bekommen haben. Und wenn sie nicht genug konnten? Nicht konzentriert genug waren, oder ein Medikament nicht anschlug, der Herzmuskel die fremde Klappe abstieß - hat dann Gott das gemacht? Aber er hat doch nicht gezielt Heilung verhindert? Und doch ist er zuständig, letztlich. Es war in Gottes Kräftehaushalt an diesem Tag an diesem Ort nicht genug Heilkraft, nicht genug Durchblutung und Sauerstoff, es war nicht genug Konzentrationskraft im Team, in Gottes Team, in einem von wohl zweihunderttausend OP-Teams rund um die Erde zu dieser Zeit, und nicht genug Heilkraft in diesem Medikament, und Gott hatte nicht mehr Körpersymphatie mobilisieren können zwischen diesem Herz und dieser Klappe. Dabei hat Gott nicht gezielt, nicht genau diesen Menschen sollte es treffen, er war und ist Gottes geliebter Mensch, der jetzt starb, der noch gebraucht wurde, dringend - aber auch Gottes Energiehaushalt ist noch nicht vollkommen. Die Schöpfung ist sehr gut, aber nicht perfekt. Das ist kein Trost für den Zurückbleibenden. Aber Trost für das OP-Team, nach einem Schlaf wieder an die Arbeit zu gehen, Trost auch irgendwann für den Zurückbleibenden. Denn dass die Kraft Gottes für des Geliebten Leben auf dieser Erde endlich war, streicht ja nicht sein Sein aus. Auch bleibt die Wunderbarkeit seiner Person, es bleibt, dass er liebte, und sich von einigen Menschen lieben ließ. - Irgendwann nur Dank für die gemeinsame Zeit, für das Lieben und dass man sich so viel bedeutet hat. Dank, dass wir die uns starben in Gottes Hand wissen.-

Ich weiß mich in Gottes Hand - auch wenn ein Wahnsinniger das Flugzeug zum Absturz bringt, in dem ich sitze? Aber weiß Gott nicht von dem Mörder? Er weiß, aber bewirkt nicht die geistige Bekehrung, hat Hitler, Stalin, Pol Pot nicht bekehrt, hat Kain nicht bekehrt. Das rührt an das Geheimnis Gottes, mitzuleiden an der Welt, weil er uns liebt. Weil er uns liebt, achtet er unsere Freiheit und schüttet dem Sünder nicht automatisch Feuer aufs Haupt. Der Sintflut, dem Feuer auf Sodom und Gomorra - hat Gott abgeschworen, Gott hat nicht die zehn Legionen Engel geschickt, um Jesus zu retten, sondern ist mit ihm in den Tod gegangen, um dort das ewige Leben hinzutragen. Manchmal wünschten wir uns wieder den Gewaltgott, aber natürlich immer für die andern. Aber wo fängt Lüge an, wo Diebstahl, wo Töten? Wir sollen Gott lieben, dass wir unserm Nächsten an Leib und Seele nicht schaden, sondern ihm beistehen in allen Nöten. Da rückt das Töten uns nah auf den Pelz. Wir töten nicht, aber Töten und Verhungern nicht verhindern ist auch töten. Würde Gott strafen, wäre die Menschheit längst ausgestorben. Daran haben wir genug zu tun und genug zu danken, dass uns noch Zeit gelassen ist, Erntedank ist zuallererst Dank für die Ernte an Zeit, an Chancen, an Neuanfängen, Dank für Entwicklung, für Begabungen und Freuden, für die Lust zu leben, essen und trinken, Arbeit und die Arbeit der andern, Dank für denken und sich bereden können, Dank für das Spielen und Dankenkönnen.

Dank an Gott, dank an Menschen, an Tiere, die uns dienen, Dank ich zu sein. Du zu sein, Dank jetzt  dass wir zusammensein dürfen. Und uns anfeuern: Ja, Danken ist Leben.

Dankend merke ich mehr: Einer hat mir geholfen. Ich danke ihm, ich merke den Energieschub der Güte. Ich bemerke mich: ich der Freundlichkeit wert. Ich gemocht. Mir schenkt einer einen guten Blick oder lässt mir die Parklücke oder erkennt meine Geschicklichkeit an, lobt mein Essen. Ich wurde nicht nur benutzt, ich wurde beachtet, bemerkt, eines Blickes, eines Scheines gewürdigt. Und wieviel Macht wir über andere haben, das merken wir am besten, wenn wir sie beglücken können - das ist doch Teilhaben an Gottsein. Was müssen sie sich noch extra bedanken.

Doch, wir hätten es schon gern: Da hat man den Kindern zum Geburtstag einen feinen Schein geschickt oder mehr, und sie bedanken sich ziemlich lässig, wenn überhaupt. Oder man hat seiner Mutter den Geburtstag ausgerichtet und was blieb, war etwas Maulen. Aber muß man Dank einklagen? Kann man es nicht so sehen: man hat was weitergegeben, wovon man durch Gottes Gnade genug hat.- Das ist ein heißes Menschenthema: Wir möchten gewürdigt haben, was wir andern Gutes tun. Damit sie nicht meinen, wir wären ihr Personal. Aber wir bleiben auch Dank schuldig. Weil wir sonst das unverdiente Beschenktsein anerkennen würden und uns verpflichtet sähen. Ein weites Feld.

Heute Danktag - für Ernte aller Art, Dank dir lieber Gott, dass du uns leben lässt, dank liebe Mitmenschen fürs Zuhören. Amen.


 




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